von Wedekind, Arnd
Arnd Freiherr von Wedekind, in Derschlag bei Köln geboren, lebte mit seiner Familie in Bad Homburg und besuchte dort das Kaiserin-Friedrich-Gymnasium. Nach dem Abitur 1938 ging er zum Arbeitsdienst, vom Militär wurde er wegen einer TBC freigestellt. Er lernte gerne russisch und spielte Balalaika. Sein Vater war ein Major a.D. und arbeitete im evangelischen Missions-Reisedienst.
An der Universität belegte er Medizin, übte jedoch weiter seine russischen Kenntnisse. Deswegen wurde er zum Dolmetschen eingesetzt. Russische Ärztinnen, die hier zur Ausbildung eingesetzt waren, um Gefangene und Zwangsarbeiter zu betreuen, waren seine Gesprächspartner. Eines Abends wurde im kleinen Hörsaal der Chirurgie mit ihnen gefeiert. Arnd äußerte sich positiv zu Russland und seiner schönen Sprache, sprach sich dann gegen die deutsche Propaganda aus und sah die Erfolge der deutschen Wehrmacht und die neue Offensive als „Papiererfolge“ an. Er wolle den Krieg gerne verlieren. Außerdem seien die Ostarbeiter wegen ihres Abzeichens ungerecht und wie Vieh behandelt worden. Die anwesenden Russinnen waren entsetzt und wollten ihn in diesem Reden stoppen, ein Zeuge verrät ihn. Kurz darauf sagt er in dem Papiergeschäft im Zimmerweg 3: „Die werden den Krieg auch bald ohne mich verlieren“.
Am 01.07.1943 wird von Wedekind mit seiner Verlobten Gerda im Zimmerweg 4 festgenommen und ins Gestapo-Quartier in der Lindenstraße gebracht. In quälenden Verhören gestand er, gesundheitlich wurde er nicht versorgt. Im August 1943 wurde er nach Berlin in das Gefängnis Alt-Moabit verlegt, die Eltern und die Verlobte durften ihn besuchen, ihm aber nichts mitbringen.
Am 01.09.1943 urteilte der Volksgerichtshof unter seinem Präsidenten Freisler: „Arnd v.W., ein deutscher Student, hat Russinnen gegenüber das Volk maßlos beschimpft, das russische dagegen gelobt, Maßnahmen unserer Führung gegen Ostarbeiter als ungerecht bezeichnet und zum Ausdruck gebracht, wir würden den Krieg verlieren und er freue sich darüber. Dadurch hat er volksverräterisch unserem Kriegsfeind geholfen und wird mit dem Tode bestraft.“ Am 03.09.1943 wurde von Wedekind im Gefängnis Plötzensee durch Fallbeil hingerichtet. Beim letzten Besuch hörte die Mutter, als er durch den Türspalt winkte und sagte: „Auf Wiedersehen droben“. Arnd lehnte es ab, ein Gnadengesuch zu stellen.
Ein 24-jähriger stiller und gläubiger Mann wurde zum Opfer des Faschismus, weil er zu seinen wahrhaften Aussagen stand und sich gegen Gewaltherrschaft und Krieg auflehnte. Die unmenschliche Behandlung der Zwangsarbeiter aus dem Osten fand er unerträglich. Er hat versucht, inmitten der Barbarei ein mitfühlender Mensch zu bleiben.
Ken Ward (Karl Robert Würzburger), für dessen Eltern und Bruder in der Bockenheimer Landstraße ebenfalls im Oktober 2006 Steine gelegt wurden, hat den Stein für Arnd von Wedekind finanziert. Ken Ward will künftig jedes Jahr einen Stolperstein für einen Widerstandskämpfer spenden.
Arnd von Wedekind | |
Geburtsdatum: Deportation: Todesdatum: |
27.08.1867 verhaftet am 01.07.1943, vom Volksgerichtshof am 01.09.1943 zu Tode verurteilt 03.09.1943 in Berlin-Plötzensee |
Quelle
HHStA Abt. 518 Bundesarchiv; Karl-Heinz Jahnke: Entscheidungen - Jugend im Widerstand 1933-45, Frankfurt am Main 1970, S.92 ff.; Barbara Bromberger, Nieder mit Hitler! Frankfurter Arbeiterbewegung im Widerstand gegen den Faschismus 1933-1945. Hrsg. v. Barbara Bromberger und dem Verein für Frankfurter Arbeitergeschichte, Frankfurt 2004, S. 132, 174, 287