Hamerslag, Daniel

Hamerslag, Daniel

Stolperstein-Biographien im Westend

Hamerslag, Daniel

 

Daniël Hamerslag wurde 1913 in Schiedam (Niederlande) in eine große Seefahrerfamilie hineingeboren. Er lernte Koch, wurde Chefkoch und ging anschließend zum Militär. Dort kochte er für bis zu 3.500 Personen. Später fuhr er als Schiffskoch zur See.

Obwohl Zeugen Jehovas nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten am 29. Mai 1940 verboten wurden, studierte er mit ihnen die Bibel und konvertierte Anfang 1941.

Am 7. April 1941 bekam er einen Pass, da er zum Arbeitseinsatz nach Deutschland gezwungen wurde. Zunächst arbeitete er im Mai 1941 bei der Firma Heinrich Flach in Frankfurt, danach bis 1942 für das Baugeschäft Friedrich Brecht.

Seine erste Unterkunft in Frankfurt ist nicht bekannt. Bis zum 19. September 1941 war er Tiefbauarbeiter am Frankfurter Autobahnkreuz im Lager Steingrund. Von hier aus kam er ins Lager Saar-Allee in der Kuhpfadschneise im Frankfurter Stadtwald. Am 28. März 1942 musste er ins Reichsautobahnlager Weilbach.

Am 31. März 1943 kam seine Mutter bei einem Bombenangriff in Rotterdam ums Leben. Er musste mehrmals zur Identifizierung nach Hause fahren. Das nutzte er, Bibeln und von den Nationalsozialisten verbotene Bibelforscher-Literatur nach Frankfurt zu schmuggeln.

Am 24. August 1943 wurde er von der Schlossstraße 125 in die Rotlintstraße 11 „bei Schlegel“ umgemeldet, wo auch seine Ehefrau Clara bis 4. November wohnte. Von dort kam er allein in die Wöhlerstraße 6, ein ehemaliges jüdisches Altersheim, das jetzt als Deportations-Sammellager genutzt wurde.

Daniël Hamerslag traf sich gemeinsam mit seinem Schwager Cornelis van der Raaf weiter heimlich mit anderen Zeugen Jehovas zu Gottesdiensten, schmuggelte religiöse Literatur und weigerte sich, in Munitionsfabriken zu arbeiten. Am 23. November 1943 wurde er wegen „illegaler Bibelforschertätigkeit“ verhaftet und ins Polizeigefängnis in Frankfurt gebracht. Per Sammeltransport kam er am 16. Dezember 1943 nach München: zunächst zur Gestapoleitstelle, am 29. Dezember 1943 nach Stadelheim; und schließlich am 23. Februar 1944 ins Gefängnis Aichach (bis 3. Juli in Justiz-, ab da in Schutzhaft).

Wegen einer Vorladung vor den Volksgerichtshof verbrachte man ihn am 22. August 1944 ins Gefängnis Berlin-Moabit. Wegen „Wehrkraftzersetzung“ erhielt er am 29. August 1944 zwei Jahre Gefängnis. Mitangeklagt waren fünf andere Zeugen Jehovas, darunter sein Schwager Cornelis van der Raaf und Eva Duchmann aus Mainz, die zum Tod verurteilt wurde.

Daniël kam danach über Aichach nach Rastatt und von dort am 23. Februar 1945 ins Gefängnis Rottenburg, wo er unter unmenschlichen Bedingungen im Steinbruch arbeitete. In dieser Zeit soll er für sechs Wochen im KZ Dachau gewesen sein. Kurz vor Kriegsende wurde Daniël Hamerslag am 13. April 1945 noch von Rottenburg wegverlegt. Am 1. oder am 10. Mai 1945 erlebte er in Ulm die Befreiung.

Erst am 2. Juni 1945 hatte er sich von den Misshandlungen so weit erholt, dass er die Heimreise antreten konnte. Am 5. Juni traf er zu Hause ein und erfuhr, dass ihn seine Frau verlassen hatte. Er war so krank, dass er sich 34 Operationen unterziehen musste; außerdem litt er unter Tuberkulose. Sein Glaube war trotz allem ungebrochen. In mehreren Städten in den Niederlanden war er missionarisch tätig. Nach einer Missionarschulung in den USA ließ er sich in Maastricht nieder und gründete dort die erste Gemeinde von Jehovas Zeugen. Hier heiratete er am 1. August 1953 seine zweite Frau Wilhelmina Middegaal. Das Ehepaar hatte fünf Kinder.

Über seine Erlebnisse unter dem NS-Regime konnte er kaum sprechen. Nachts hatte er oft fürchterliche Alpträume, und er schrie dabei so laut, dass seine Familie aufwachte. Die Erinnerungen an das Todesurteil seiner Glaubensschwester, nächtliches Stehen im Schnee und der Tod eines Mithäftlings bei einer Explosion während einer Minenbeseitigung raubten ihm immer wieder den Schlaf. Er selbst hatte durch die Detonation sein Augenlicht fast völlig verloren.

Im Alter zogen Daniël und Wilhelmina Hamerslag zu ihrer jüngsten Tochter Lea. Nach einem schweren Sturz verstarb er am 1. Dezember 1993 mit fast 80 Jahren.

Die Stolpersteine wurden von den Zeugen Jehovas Günter und Erika Krämer/Frankfurt initiiert und von Herman Galindez/USA finanziert.

 

Daniel Hamerslag, 1953
Daniel Hamerslag, 1953 © Jehovas Zeugen, Archiv

 

 

Daniël Hamerslag
Geburtsdatum:
27.12.1913 
Zwangsarbeit:
14.-17.5.1941 Firma Flach, Frankfurt, Mainzer Landstraße 631; 19.5.1941-1942 Firma Brecht, Frankfurt, Hanauer Landstraße 8
Lager:
bis 19.9.1941 Lager „Steingrund“, 19.9.1941-28.3.1942 Lager „Saar-Allee“, ab 28.3.1942 Lager „Weilbach“, bis 24.8.1943 Lager „Schlossstraße“, 24.8.1943-4.11.1943 Rotlintstraße 11, 4.11.1943-23.11.1943 Wöhlerstraße 6 
Haft:
23.11.1943 Frankfurt, spät. 25.11.1943 Polizeigefängnis Frankfurt, 16.12.1943 Gestapoleitstelle München, 29.12.1943 Gefängnis München-Stadelheim, 23.2.1944 Gefängnis Aichach, 22.8.1944 Gefängnis Berlin-Moabit, 29.8.1944 Volksgerichtshof, bis 23.2.1945 Gefängnisse Aichach und Rastatt, 23.2.1945-13.4.1945 Gefängnis Rottenburg
Befreiung 1. oder 10. 5.1945 Ulm 

 

 

 

Stolperstein Wöhlerstraße 6, Daniel Hamerslag
Stolperstein Wöhlerstraße 6, Daniel Hamerslag © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

 

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