Schiel, Erna und Gerald sowie Levi, Arnold und Lena
Erna Schiel wurde in Hildesheim geboren. Sie arbeitete als Büroangestellte und verlor verfolgungsbedingt ihre Stellung. Ab Mai 1939 war sie als Hausgehilfin registriert; später musste sie Zwangsarbeit bei der Firma „Gebr. Röver“ und der Städtischen Straßenbahn leisten. Sie wohnte bis 2.5.1938 im Sandweg 44 a, zog am 28.9.1939 in die Aystettstraße 6, lebte zum Zeitpunkt der Geburt ihre Sohnes in der Palmstraße 11 und zuletzt mit ihrem Lebensgefährten Arnold Levi und dessen Verwandte Lena Levi in die Freiherr-vom-Stein-Straße 53.
Arnold Levi wurde in Frankfurt geboren und war von Beruf Dreher. Nach dem November-Pogrom wurde er in Buchenwald vom 11. oder 12. November 1938 bis 12. April 1939 inhaftiert. Lena Levi stammte aus Mittelsinn.
Erna Schiel und Arnold Levi hatten einen Sohn: Gerson Schiel. Er wurde im Krankenhaus der jüdischen Gemeinde in der Gagernstraße 36 geboren. Nach der Deportation der Eltern kam er in das Jüdische Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge e. V. in der Hans-Thoma-Straße 24. Der Transport von dort nach Theresienstadt umfasste 43 Kleinkinder, Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, eine mutmaßlichen Kinderschwester unter 21 Jahren sowie sechs Erwachsene. Er überlebte als einer der 1.200 Häftlingen aus Theresienstadt, die im Februar 1945 gegen eine Million Dollar freigekauft wurden und am 7. Februar 1945 mit dem „Freiheitstransport“ in St.Gallen in der Schweiz eintrafen.
Der Transport aus Theresienstadt war das Ergebnis der Verhandlungen von Heinrich Himmler mit Jean-Marie Musy, der von 1920 bis 1934 im Schweizer Bundesrat saß und wegen seiner profaschistischen Haltung in der Kritik stand. Er verhandelte mit Himmler im Auftrag einer jüdisch-orthodoxen Familie. Im Rahmen weiterer Bemühungen diverser Kreise, möglichst viele noch lebende KZ-Häftlinge zu retten – zum Teil im Austausch gegen deutsche Kriegsgefangene –, gelangten in den letzten Kriegsmonaten insgesamt etwa 4.300 KZ-Häftlinge aus Theresienstadt, Bergen-Belsen, Ravensbrück und Mauthausen nach St. Gallen.
Gerson Schiel wanderte im März 1948 mit seinen Pflegeeltern Franz und Ronia Mader (Melton) von St. Gallen über Southampton mit der Queen Mary nach New York/USA aus. 1953 wurde er von den Eheleuten Melton adoptiert und hieß dann Gerald Melton. 1958 war er Student in Chicago, 1965 studierte er Soziologe und Philosophie an der Loyola University in Chicago. Gerson Melton (Schiel) starb im März 2008 in Chicago.
Literatur: Jörg Krummenacher: Flüchtiges Glück. Die Flüchtlinge im Grenzkanton St. Gallen zur Zeit des Nationalsozialismus. Limmat- Verlag, Zürich 2005.
Die Stolpersteine wurden initiiert von der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) und von R. Shimoni.
Erna Schiel | |
Geburtsdatum: Deportation: Todesdatum: |
21.1.1990 19.10.1941Lodz/Litzmannstadt unbekannt |
Arnold Levi | |
Geburtsdatum: Deportation: Todesdatum: |
3.7.1899 19.10.1941 Lodz/Litzmannstadt unbekannt |
Lena Levi | |
Geburtsdatum: Deportation: Todesdatum: |
19.2.1900 19.10.1941 unbekannt |
Gerson Schiel | |
Geburtsdatum: Deportation: |
12.12.1940 15.9.1942 Theresienstadt, 7.2.1945 gerettet |