Stern, Hetty und Ernst
Ernst und Hetty Stern waren Geschwister, ihre Eltern Hermann Stern und Johanne, geb. Baer, betrieben im Grüneburgweg 25 eine Metzgerei und Wurstfabrik. Ernst Stern war Leutnant im 1. Weltkrieg und verlor dort beide Beine. Nach dem Krieg verkaufte er den elterlichen Betrieb seinem ehemaligen Lehrling Ludwig Holstein (1885-1954). Vom 1.10.1923 bis zur verfolgungsbedingten Kündigung am 30.6.1938 war er Angestellter für die Deutsche Effecten- und Wechselbank. Er musste dann eine Judenvermögensabgabe von 7.000 Reichsmark entrichten, sein Vater, der 1939 starb, 10.400 Reichsmark.
Seine Schwester Hetty Stern war Turnlehrerin. Im April 1928 trat sie der Eintracht Frankfurt bei, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits eine "Ur-Eintrachtlerin" war. Als 15-jährige wurde sie 1914 Mitglied der Trungemeinde, 1924 wurde sie für zehnjährige Mitgliedschaft geehrt. Die ausgebildete Turnlehrerin engagierte sich in der Vorturnerschaft der Eintracht und war Turnwartin.
Die Sterns und die Holsteins waren eng befreundet. Ernst Stern war für Ludwig Holstein der „zweite Vater“, nachdem dieser im Alter von 15 Jahren seinen Vater verloren hatte. Ludwig Holstein flüchtete mit seiner Frau Irma, geb. Hanauer (1901-1956), und der einzigen Tochter Ellen (Jahrgang 1922) am 7.4.1937 in die USA. Am letzten Abend vor der Abreise gab es ein großes Diner bei den Sterns, die am nächsten Tag die Familie Holstein am Hauptbahnhof verabschiedete. Der Zug brachte die Holsteins über Köln nach Hamburg zum Überseeschiff. In New York waren bereits eine Schwester und zwei Brüder von Ludwig Holstein, die 15.000 Dollar für das Affidavid eingezahlt hatten.
Hetty Stern bemühte sich verzweifelt und vergebens um eine Ausreise aus Deutschland, am 7. Februar 1940 bat sie das Finanzamt um "Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung in vierfacher Ausfertigung, da sonst ihre Auswanderung gefährdet sei". Ernst Stern setzt vier Tage nach der 8. Deportation nach Theresienstadt seinem Leben ein Ende.
Ellen Holstein, die die Holzhausenschule und das Philanthropin besucht hatte, heiratete in den USA einen Amerikaner namens Josepher. 1997 war sie im Rahmen des Besuchsprogramms der Stadt Frankfurt erstmals wieder in ihre Geburtsstadt gekommen. Im Oktober 2006 besuchte sie mit ihrer Tochter und Enkelin erneut Frankfurt und besprach die Verlegung von Stolpersteinen für Ernst und Hetty Stern.
Hetty Stern | |
Geburtsdatum: Deportation: Todesdatum: |
23.11.1898 01.05.1942 unbekannt |
Ernst Stern | |
Geburtsdatum: Deportation: Todesdatum: |
27.08.1894 Flucht in den Tod (Suizid) 05.09.1942 |
Quelle
Ellen Holstein-Josepher, Oktober 2006
Foto: Holstein-Josepher
Matthias Thoma: "Wir waren die Juddebube" Eintracht Frankfurt in der NS-Zeit, Frankfurt 2007, S.17Off.