Falkenstein, Karl und Lea

Falkenstein, Karl und Lea

Stolperstein-Biographien im Westend

Falkenstein, Karl und Lea

Karl Falkenstein wurde in Frankfurt am Main, Lea Falkenstein, geb. Herrmann in Flehingen/Baden geboren. Karl Falkensteins Eltern waren Abraham und Betty Falkenstein. Der Vater war bei einer Frankfurter Bank und bei der israelitischen Frauenkrankenkasse als „Cassendiener“ beschäftigt. Gleichzeitig war er „Leichenkommissär“ der jüdischen Gemeinde, also Beauftragter für das Bestattungswesen.

Karl Falkenstein war Uhrmacher und betrieb mit Sigmund Stern und Michael Bamberger die Firma „Sigmund Stern & Co. Taschenuhren“ auf der Zeil 69. 1892 machte er sich selbständig und eröffnete die Firma „Karl Falkenstein Taschenuhren, Taschenuhren en gros“. Er entwarf ein eigenes Markenzeichen unter dem Namen „Zukunft Karl Falkenstein“. Sein Geschäft befand sich zuerst in der Kaiserstraße, von 1914 bis 1916 in der Fürstenbergerstraße 141. Die Geschäftsadressen waren zugleich die Wohnadresse von Karl und Lea Falkenstein. Karl Falkenstein lebte ab 1916 als Privatier.

Im Mai 1886 hatte Karl Falkenstein Lea Herrmann aus Flehingen/Baden geheiratet. Das Ehepaar bekam die Töchter Alice (1887) und Betty (1888). Alice Falkenstein heiratete Hugo Wertheimer, zog nach Stuttgart und bekam drei Töchter. Betty Falkenstein heiratete 1912 den Kaufmann Sigmund Hirsch. Betty und Sigmund Hirsch erwarben später das Haus Bockenheimer Landstraße 107 und zogen dort auch selbst ein. Das Paar bekam eine Tochter Elli und einen Sohn Gerhard. Später mussten sowohl Kinder wie Enkel der beiden Schwestern Alice und Betty nach Schweden und USA flüchten.

Ab 1929 bezogen Karl und Lea verschiedenen Wohnungen und Einrichtungen für ältere Menschen zuletzt im Henry und Emma Budge-Heim in der Hansaallee. In dieser Zeit bekamen sie als jüdische Bürger immer stärker die finanziellen Einschränkungen und Ausplünderungen durch die Nationalsozialisten zu spüren. Die Tochter Betty hatte sich bereits 1933, unter der Verfolgung und Ausgrenzung leidend, das Leben genommen.
Lea Falkenstein starb im Heim im Juni 1938. Karl schrieb an seine Enkelin nach Schweden: „ich bin ein Unglücksmensch geworden, da ich die ganze Zeit weinen muss…Ich habe nie das Leben verdammt, aber jetzt tue ich es jeden Tag“.  Karl Falkenstein und alle jüdischen Mitbewohner wurden gezwungen, das Budge-Heim zu verlassen, weil dort ab April 1939 nur „Arier“ leben durften. Übergangsweise fand er im Schwesternheim des Vereins der jüdischen Krankenpflegerinnen eine Bleibe, bis er in der Beethovenstraße 11 eine eigene Wohnung beziehen konnte. Zwei Jahre später wurde er krank in das jüdische Krankenhaus in der Gagernstraße 36 eingewiesen. Dort herrschten katastrophale Verhältnisse für die alten Menschen, die krank an Leib und Seele waren. Es war völlig überfüllt, es mangelte am Lebensnotwendigen, auch für die medizinische Versorgung. So berichtete die Krankenschwester Thea Höchster in einem Brief. In mehreren Briefen an die Verwandten in Schweden schilderte Karl Falkenstein seine miserable Lage; er bat um Zusendung von Lebensmitteln wie Konserven und gezuckerter Milch, die so besser haltbar war.

Vor seiner Deportation nach Theresienstadt musste Karl Falkenstein einen „Heimkaufvertrag“ unterzeichnen, mit dem ihm dort ein sicherer Lebensabend vorgegaukelt wurde. Am 18. August 1942 wurde der 85-Jährige von der Gestapo abgeholt. Kurz zuvor, aber zu spät, hatten die Verwandten in Schweden eine Einreiserlaubnis erwirkt. In seinem letzten Brief hatte er nur um einen Rucksack für die Reise gebeten, etwas anderes könne er nicht tragen. Vier Wochen später starb er in Theresienstadt.

Seine Enkel und deren Kinder erreichten 1960 nach langen Wiedermachungsverfahren eine finanzielle Entschädigung für das Leiden der Familie.
An Karl Falkenstein wird an der Gedenkstätte der Henry und Emma-Budge-Stiftung Wilhelmshöher Straße 279 in Frankfurt-Seckbach, an der Synagoge in Stockholm und mit einem Gedenkblatt in Yad Vashem erinnert.

Obwohl Lea Falkenstein nicht mehr zusammen mit ihrem Ehemann in dessen letzter Wohnung wohnte, gedenken wir an dieser Stelle an beide Eheleute gemeinsam.


Die Stolpersteine wurden von Mona Wikhäll und Bertil Oppenheimer initiiert und von Jan Bauer finanziert.

Literatur: Oppenheimer, Bertil, Till Sverige – Historien som aldrig blev berättad, Stockholm, 2. Auflage 2016 (Nach Schweden - Die Geschichte, die nie erzählt wurde).
Bönisch, Edgar: Jüdische Pflegegeschichte - Karl Falkenstein; Internet:  
www.juedische-pflegegeschichte.de/karl-falkenstein

 

Beethovenstraße 11, Falkenstein, Lea und Karl mit Tochter Betty, 1929
Lea und Karl Falkenstein mit Tochter Betty, 1929 © privat, Bertil Oppenheimer

 

Beethovenstraße 11, Brief vom 3-8-1942 (1)
Brief vom 3. August 1942 (Seite 1) © privat, Bertil Oppenheimer

Beethovenstraße_ 11, Brief  vom 3-8-1942 (2)
Brief vom 3. August 1942 (Seite 2) © privat, Bertil Oppenheimer

 

Beethovenstraße 11, Karl Falkenstein, Todesanzeige
Todesfallanzeige für Karl Falkenstein © privat, Bertil Oppenheimer

 

 
Karl Falkenstein 
Geburtsdatum:   2.2.1857 
Deportation:  18.8.1942 Theresienstadt
Todesdatum:   24.9.1942 


Lea Falkenstein, geb. Herrmann 
Geburtsdatum:   15.4.1862 
Todesdatum:   .6.1938 

Stolperstein Beethovenstraße 11, Falkenstein, Lea
Stolperstein Beethovenstraße 11, Falkenstein, Lea © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

 

Stolperstein Beethovenstraße 11, Falkenstein, Karl
Stolperstein Beethovenstraße 11, Falkenstein, Karl © Initiative Stolperstein Frankfurt am Main


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