Landsberg, Bertha, Leopold, Hedwig, Paul, Käthe, Jacob, Lieselotte und Bernhard
Leopold Landsberg kam in Leipzig zur Welt. Bertha Landsberg, wurde als Bertha Rothschild in Eisenach geboren. Sie heirateten am 14. März 1901 in Eisenach und lebten in Leipzig in der Grimmaische-straße 27 im 2. Stock. In Leipzig wurden die drei ältesten Kinder geboren: Hedwig (1902), Paul (1904) und Käthe (1907). 1908 zog die Familie nach Frankfurt am Main, wo 1913 und 1919 der Sohn Jacob und die Tochter Lieselotte zur Welt kamen.
Leopold Landsberg war Kürschnermeister und stieg in Frankfurt offenbar in das Geschäft eines Verwandten ein. Im Frankfurter Adressbuch von 1909 findet man ihn zum ersten Mal mit dem Eintrag “Kürschnerei u. Pelzwaren, Vilbeler Str. 7, I. (Tel. 9581), Inh. Moritz Landsberg, Wohn. Sandweg 61 III.“; ab 1910 eröffnete er als alleiniger Firmeninhaber neue Geschäftsräume in der Kaiserstraße 6 I. 1911 zog die Familie in eine Wohnung in der Weserstraße 7, in der Nähe der Geschäftsräume, 1914 in die Neuhofstraße 35 und am 8. September 1917 bezogen sie die Wohnung im ersten Stock des Hauses Oberweg 44. Ab 1918 betrieb Leopold Landsberg seinen Pelzwaren- und Fell-Großhandel „Landsberg & Co.", dem auch eine Fabrikation angeschlossen war, in der Großen Eschenheimer Straße 8.
Laut Meldeunterlagen war die gesamte Familie staatenlos, und Leopold Landsberg stellte am 25. Juli 1933 bei der Regierung zu Wiesbaden einen Antrag auf Einbürgerung, der abgelehnt wurde, vermutlich weil die Familie jüdisch war. Etwa 1936 gingen die Einkünfte des Vaters aufgrund der Verfolgung rapide zurück. Er versuchte dann den Lebensunterhalt mit einer Kohlenvertretung bei der Firma „Derwort“ zu verdienen.
Nachdem die jüngste Tochter Lieselotte geheiratet und am 16. September 1936 ausgezogen war, gaben Leopold und Bertha Landsberg die Wohnung im Oberweg, in der sie mehr als zwanzig Jahre lang gelebt hatten, auf und zogen am 6. November 1936 in den 3. Stock der Hanauer Landstraße 50.
Im Juni 1938 wurde Leopold Landsberg im Rahmen der
Aktion „Arbeitsscheu Reich“ verhaftet und vom 14. Juni bis 21. Oktober 1938
unter der Bezeichnung „Vorbeugungshäftling, Jude“ (Häftlingsnummer 4982)
„Arbeitsscheu-R[eich]“ im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert und
monatelang misshandelt. Bei dieser „Aktion“ wurden zwischen April und Juni 1938
in zwei Verhaftungswellen mehr als 10.000 Männer als sogenannte Asoziale in die
Konzentrationslager Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen deportiert. Leopold
Landsberg war einer von 2300 Juden mit Vorstrafen, die meist auf Verstößen gegen antijüdische Gesetze und
Verordnungen, etwa auf Devisenvergehen oder Bagatelldelikten wie Verstößen
gegen die Straßenverkehrssordnung beruhten.
Nach der zwangsweisen Liquidation seiner Firma 1939
arbeitete Leopold Landsberg noch privat als Kürschner und musste zuletzt
vermutlich Zwangsarbeit leisten.
1938 waren Leopold und Bertha Landsberg als
Untermieter in den Baumweg 60 gezogen. Dort wurden sie auch bei der
Volkszählung im Mai 1939 registriert. Zuletzt wohnten sie in der
Elkenbachstraße 6, einem Haus, in dem jüdische Menschen zwangsweise auf engstem
Wohnraum vor ihrer Deportation leben mussten.
Hedwig Landsberg, die Älteste der Geschwister
Landsberg, war laut Meldeunterlagen ledig und Arbeiterin und zog am 20. April
1932 nach dem Auszug ihrer Geschwister Käthe und Erich Jacob, vom Grüneburgweg
81 in die elterliche Wohnung im Oberweg 44. Am 10. Februar 1933 zog sie dort
wieder aus und wurde Untermieterin der Hauseigentümerin A. Schmidt in deren Parterre-Wohnung.
Von dort zog sie am 16. Dezember 1935 in die Corneliusstraße 9 und anschließend
am 12. Oktober 1937 in die Alte Rothofstraße 9a. Bei der Volkszählung im Mai
1939 wurde sie wieder in der Corneliusstraße 9 verzeichnet. Sie flüchtete 1939 oder
1940 nach Shanghai (China), wo sie unter unbekannten Umständen und zu einem
nicht bekannten Zeitpunkt 1941 starb.
Paul Landsberg verließ als erster der Geschwister 1928
die elterliche Wohnung im Oberweg nach einem Zerwürfnis mit seinem Vater. Die
Familie hörte danach nie wieder von ihm. Wo er sich in den ersten Jahren nach
seinem Weggang aufhielt, ist bisher nicht bekannt. Er war Kaufmann und Drogist
und unverheiratet. Vermutlich 1936 zog er nach Düsseldorf, wo er in den
Adressbüchern der Jahre 1937, 1938, 1939 und 1940 mit der Adresse Talstraße 111
U verzeichnet ist. 1939 floh er in die Niederlande, kehrte aber offenbar von
dort nach Berlin zurück, wo er verhaftet wurde und wo sein Name auf einer
Häftlingsliste von 1940 des Strafgefängnis Berlin-Plötzensee verzeichnet ist.
Von dort wurde er in das Konzentrationslager Sachsenhausen und anschließend ins
Vernichtungslager Auschwitz verschleppt, wo er am 17. Dezember 1942 ermordet
wurde.
Käthe Landsberg wurde in den Meldeunterlagen als ledig und als Hausangestellte geführt. Sie zog am 9. April 1932 zusammen mit ihrem jüngeren Bruder Jacob Erich aus der elterlichen Wohnung im Oberweg 44 aus und ging mit ihm nach Trier. Am 24. Juni 1936 zog sie von Gemmingen bei Stuttgart kommend für zwei Wochen wieder zu den Eltern und ab 8. Juli 1936 als Untermieterin in die Humboldstraße 7 sowie im selben Jahr weiter in die Herbartstraße 7. Am 17. März 1937 war sie bei ihrer inzwischen verheirateten Schwester Lieselotte und ihrem Schwager Benno Lambek im Sandweg 39 gemeldet. Während der Volkszählung im Mai 1939 wurde sie zusammen mit dem achtjährigen Bernhard Landsberg in der Neue Mainzer Straße 78 registriert. Bei Bernhard Landsberg, der in Bad Kreuznach geboren wurde und der laut Volkszählungsunterlagen einen nicht-jüdischen Elternteil hatte, handelte es sich vielleicht um Käthes unehelichen Sohn. Nach Angaben des Bundesarchivs wurde Käthe Landsberg am 20. Oktober 1941 ins Ghetto Litzmannstadt/Lodz deportiert. Auf der Deportationsliste fehlt allerdings ihr Name, ebenso wie in der Opferdatenbank des Jüdischen Museums Frankfurt.
Jacob (Erich) Landsberg war Schüler des Reformreal-gymnasiums
Philanthropin und nahm während dieser Zeit Privatunterricht in Klavier und
Cello bei Prof. Dr. Hugo Schaumberger, einem ehemaligen Lehrer am
Philanthropin. Nach dem Abitur 1932 zog er mit seiner älteren Schwester Käthe
zunächst nach Trier und am 1. Februar 1934 ins bayerische Ermers-hausen. Von
1934 bis 1936 studierte er am Israelitischen Lehrerseminar in Köln bei dessen
damaligem Leiter Rabbiner Dr. David Carlebach. Dieser emigrierte 1937 zusammen
mit seiner Ehefrau Sara, geb. von Cleef nach Palästina. Im Juni 1939 verließ
auch der 26-jährige Jacob Landsberg Deutschland mit Ziel Palästina. An Bord der
„SS Liesel“ versuchte er zusammen mit 919 Flüchtlingen illegal in Haifa
einzureisen. Dabei wurde er festgenommen und am 19. Juni 1939 in ein Lager
eingewiesen. Es ist nicht bekannt, wie lange er inhaftiert war. Er blieb in
Palästina/Israel und änderte dort seinen Namen in Yaakov Haarzi. Er heiratete und wurde Lehrer und Kantor.
Später arbeitete er als staatlich geprüfter Musiklehrer am Konservatorium
Jerusalem. Ende Juni 1957 wurde er im Auftrag der Jewish Agency Jerusalem als
Lehrer an die Ecole Israelite in Brüssel berufen.
Lieselotte Landsberg, die jüngste der Landsberg-Geschwister,
war bis zum 14. Lebensjahr ebenfalls Schülerin des Philanthropin. Nachdem sie
für ein Jahr eine Handelsschule besucht hatte, machte sie eine kaufmännische
Ausbildung bei der Firma „Frako“ in der Kaiserstraße. Dort war sie nach
Abschluss der Lehre 1936 als Angestellte tätig. In dieser Zeit lernte sie
Baruch, genannt Benno Lambek, kennen, den sie am 3. September 1936 in Frankfurt
heiratete. Das Paar wohnte im Sandweg 39. Nachdem Lieselotte entlassen wurde,
weil sie Jüdin war, übernahm sie kurzzeitig Aushilfstätigkeiten für die Firma
„Adolf Werner & Co.“ am Ostgüterbahnhof. Hier arbeitete ihr Mann Benno
Lambek als Geschäftsführer in der Firma seines Schwagers. Am 31. Juli 1937
schifften sich Lieselotte und Benno Lambek in Antwerpen mit dem Passagierdampfer
„SS Gerolstein“ der Bernstein-Linie nach New York ein, wo sie am 11. August
1937 ankamen. Sie fuhren weiter nach Newark, New Jersey zu Bennos Bruder Carl
Lambek. Lieselotte änderte in den USA ihren Vornamen in Lee. Sie lebte mit
ihrem Ehemann Benno Lambek in Newark, wo am 30. Juli 1941 ihr Sohn Ronald
Harvey und am 27. Juni 1946 ihre Tochter Heidi Ellen geboren wurden. Lieselotte
Lambek, geb. Landsberg starb am 7. Juli 1991 in Newark im Alter von 73 Jahren.
Ihr Mann war dort bereits 1974 gestorben.
Jacob (Yaakov) und Lieselotte (Lee), die einzigen Überlebenden ihrer Familie, fanden sich erst nach Jahren wieder.
Trotz der verschiedenen Wohnungswechsel, die in der
Zeit der Verfolgung stattfanden, gedenken wir allen Mitgliedern der Familie
Landsberg gemeinsam am jahrelang bestandenen Familienwohnsitz im Oberweg 44.
Die
Stolpersteine wurden von Renate Hebauf initiiert und von Constanze Buyken, Anja
Geier, Christian Hanke, Peter und Waltraud Hofmann, der
Familie Gerald Laezer, Hanna Michalak und Heidi
Stögbauer finanziert.
Leopold Landsberg | |
Geburtsdatum: | 13.2.1875 |
Haft: | 14.6.-21.10.1938, KZ Buchenwald |
Deportation: | 1.9.1942, Theresienstadt |
Todesdatum: | 21.3.1943 |
Bertha Landsberg, geb. Rothschild | |
Geburtsdatum: | 28.12.1874 |
Deportation: | 1.9.1942, Theresienstadt |
Todesdatum: | 30.3.1943 |
Hedwig Landsberg | |
Geburtsdatum: | 15.2.1902 |
Flucht: |
1939/1940 Shanghai, China |
Todesdatum: | 1941 |
Käthe Landsberg | |
Geburtsdatum: | 29.1.1907 |
Deportation: | 19.10.1941 Litzmannstadt/Lodz |
Todesdatum: | unbekannt |
Paul Landsberg | |
Geburtsdatum: | 24.4.1904 |
Flucht: | 1939 Niederlande |
Inhaftierung: |
1940 KZ Sachsenhausen |
Deportation: |
Auschwitz |
Todesdatum: | 17.12.1942 |
Jacob Landsberg | |
Geburtsdatum: | 27.6.1913 |
Flucht: | Juni 1939 Palästina |
Lieselotte Landsberg, verh. Lambek | |
Geburtsdatum: | 16.8.1917 |
Flucht: | Juli 1937 USA |
Bernhard Landsberg | |
Geburtsdatum: | 26.4.1933 |
Schicksal unbekannt |