Böttigheimer, Else und Leo
Else Böttigheimer aus Köln und Leo Böttigheimer aus Miltenberg lebten nur kurze Zeit im Mittelweg 5/Parterre. Else Böttigheimer war bis 1937 als Stenotypistin bei den Kölner Firmen „Rheinische Druckwarengesellschaft Renè Friedmann“ und dann bis November 1938 bei „Gebrüder Heidenheim. Handschuhgroßhandel“. Sie hatte vier Geschwister: Annelie Gossels, Jg. 1907, war wahrscheinlich die Flucht von Köln nach Frankreich gelungen, von Drancy wurde sie am 14.08.1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Die anderen Geschwister überlebten den Holocaust. Hedwig Hänichen, Buchhalterin, blieb wohl in Köln, lebte nach dem Krieg in Köln-Lindenthal und starb 1962. Julius Levy, Kaufmann, Jg. 1895, lebte in Bilthoven bei Utrecht/Niederlande, Carola Levy, Kontoristin, Jg. 1894, in Utrecht.
Leo Böttigheimer war bis 1935 Mitinhaber der Füllhalterfabrik „Luxor“ in Heidelberg. Aus „rassischen Gründen“ habe er seine Beteiligung an der Firma aufgeben müssen, so sein Schwager Julius Levy später. Er sei zunächst nach Österreich emigriert und dann nach der Besetzung durch die Nationalsozialisten wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Die Eheschließung am 23.12.1938 in Köln-Sülz sei aus Gründen einer gemeinsamen Auswanderung erfolgt und wegen der Unmöglichkeit, einen Arbeitsplaz zu bekommen. Als Einzugsdatum in den Mittelweg 5 ist für Else Böttigheimer der November 1938 aus Köln, für Leo Böttigheimer der 23.12.1938 aus Wien angegeben. Am 12.12.1939 stellten sie einen Auswanderungsantrag mit Ziel USA.
Anfang 1940 flohen beide nach Köln und von dort in das niederländische Exil, zunächst nach Bilthoven, dann nach Amsterdam, Kramerstraat 22. Von da aus wurden sie in das Internierungslager Westerbork verschleppt.
Nach Darstellung der überlebenden Geschwister von Else Böttigheimer hatten die beiden nach Kriegsausbruch keine Möglichkeit mehr zur Emigration und beschlossen, illegal auszuwandern. Zuerst hielten sie sich mehrere Wochen bei Hedwig Hänichen in Köln versteckt. Anfang 1940 holte Julius Levy beide heimlich nach Holland, wo er sie versorgte, bis sie von der Gestapo verhaftet wurden. Am 22.01.1943 wurden sie in das KZ Vught-Herzogenbusch eingewiesen, von dort ins Lager Westerbork.
Als die beiden in den Mittelweg einzogen, lebten in der dortigen Wohnung bereits seit 1924 die Familie von Leos älterem Bruder und auch seine Mutter. Moritz Böttigheimer, geb. am 31.07.1883 in Miltenberg, Kaufmann, und seine Frau Rosa, geborene Wolf, geb. am 15.10.1895 in Pfungstadt, hatten am 10.07.1924 in Darmstadt geheiratet und waren am 01.08.1924 im Mittelweg eingezogen. Ihr Kind Gretel wurde hier am 17.08.1925 geboren. Während Moritz Böttigheimer am 14.12.1939 auszog und nach New York emigrierte, wird für Frau und Kind als Auszugstermin der 02.06.1939 in die Palmstraße 22 angegeben. Über ihr weiteres Schicksal liegen keine Informationen vor, doch dürften sie überlebt haben.
Die Mutter, Maria Böttigheimer, geb. Reichmann, geb. am 07.10.1856 in Fürth, war am 6.5.36 von Mainz in den Mittelweg ein- und am 06.06.39 nach Wuppertal-Ronsdorf ausgezogen. Weiter lebte in der Wohnung der Kaufmann Leopold Levy (geb. am 21.06.1903), sicherlich ein Verwandter von Else Böttigheimer. Er kam am 06.01.1939 von Köln, Auszugsdatum ist der 24.06.1940 mit unbekanntem Ziel. Auch über deren weiteres Schicksal liegen keine Informationen vor, sie dürften überlebt haben.
Else Böttigheimer, geb.Levy | |
Geburtsdatum: Deportation: Todesdatum: |
03.02.1901 29.01.1943 nach Westerbork und am 02.03.1943 nach Auschwitz unbekannt |
Leo Böttigheimer |
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Geburtsdatum: Deportation: Todesdatum: |
09.06.1886 29.01.1943 nach Westerbork und am 02.03.1943 nach Auschwitz unbekannt |
Quelle
Ulrich Debler: Die jüdische Gemeinde von Miltenberg, 1995; HHSTA 518/9859