Köninger, Anna und Pater, Berta
Die beiden Schwestern Berta und Anna Schäfer, wurden in Gaggenau geboren. Dort wuchsen sie mit ihren Geschwistern Karoline, Wilhelm und wahrscheinlich Regina auf. Ihr Vater war der Bierbrauer und Landwirt Wilhelm Schäfer.
Anna Köninger heiratete am 12. Mai 1900 den Werkschreiber Oskar Köninger, der am 3. März 1869 geboren wurde und aus Kappelrodek stammte. Beide waren katholisch, die Ehe blieb kinderlos. Anna Köninger unterzog sich im Jahre 1913 oder 1914 der symbolischen Wassertaufe und schloss sich damit der „Internationalen Bibelforscher Vereinigung“ (IBV), den Zeugen Jehovas, an. Bis zum Verbot dieser Religionsgemeinschaft 1933 versammelte sie sich mit Mitgläubigen, missionierte und stellte ihre Wohnung für Bibelgespräche zur Verfügung. 1931 starb Oskar Köninger. Verschuldet musste Anna Köninger ihr Haus in Gaggenau verkaufen. Sie war dadurch gezwungen, ab dem 1. Oktober 1936 bei ihrer Schwester Berta Pater im Oederweg 126 in Frankfurt zu wohnen.
Berta hatte am 27. Juni 1903 den Kaufmann Paul Pater aus Leipzig geheiratet. Er war evangelisch, sie katholisch. Beide zogen nach Frankfurt, wohnten zunächst in der Schwarzburgstraße 26 und hatten eine Tochter Vera. Auch Berta Pater war seit 1918 eine Zeugin Jehovas. 1919 trat sie aus der katholischen Kirche aus. Paul Pater leitete Anfang der 1920er Jahre die Gemeinde der Bibelforscher in Frankfurt. Später wohnte die Familie in ihrem Haus im Oederweg 126. Paul Pater starb am 12. Oktober 1923.
Berta Pater wurde am 29. Oktober 1936 verhaftet, „weil sie sich illegal für die Internationale Bibelforscher Vereinigung betätigte und vom 4. bis 7. September 1936 an einer Tagung der Bibelforscher in Luzern/Schweiz teilgenommen hatte“. Sie wurde in das Gefängnis Frankfurt-Preungesheim überstellt. Im Prozess vor dem Sondergericht vom 3. bis 5. Mai 1937, bei dem zehn Zeugen Jehovas aus Frankfurt angeklagt waren, wurde Berta Pater als einzige freigesprochen. Statt Freilassung wurde sie der Gestapo übergeben und am 23. Juni 1937 ins KZ Moringen gebracht. Mit weiteren 149 Zeuginnen Jehovas wurde sie am 21. Februar 1938 ins KZ Lichtenburg transportiert. Dort erhielt sie die Häftlingsnummer 346. Im Mai 1939 kam Berta Pater im Zuge der Auflösung des KZ Lichtenburg ins neu errichtete KZ Ravensbrück.
Am 9. September 1937 wurde auch Anna Köninger im Oederweg 126 von der Gestapo vernommen, fünf Tage später festgenommen, in das Gefängnis Frankfurt-Preungesheim eingeliefert und am 30. September 1937 nach Mannheim verlegt. Die Anklageschrift vom 27. Oktober 1937 lautete auf: „a) verbotene Druckschriften bezogen, b) 1934 in ihrer Wohnung in Gaggenau 2x Versammlungen abgehalten, c) später an Versammlungen teilgenommen [zu haben]. […] Über ihren Leumund ist nichts Nachteiliges bekannt, sie ist nicht vorbestraft. Auch in politischer Hinsicht ist sie bisher noch nicht staatsfeindlich in Erscheinung gewesen.“ „Selbst die Tatsache, dass ihre eigene Schwester […] seit über einem Jahr wegen verbotener Betätigung für die […] Bibelforscher sich im Frauenlager Moringen in Schutzhaft befindet, schreckt sie nicht davon ab sich […] zu betätigen.“ Am 29. November 1937 fand die Verhandlung vor dem Sondergericht Mannheim im Schloss statt. Das Urteil lautete auf fünf Monate Haft, wobei die zehn Wochen Untersuchungshaft angerechnet wurden.
Gleich am nächsten Tag wurde Anna Köninger nach Bruchsal verlegt. Dort wurde sie nach einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft Mannheim vom 31. März 1938 nicht, wie sie erwartete, freigelassen, sondern ins Konzentrationslager Lichtenburg bei Torgau gebracht. Dort könnte sie ihre Schwester Berta Pater getroffen haben. Anna Köninger wurde am 24. Dezember 1938 entlassen. Sie wohnte dann zunächst bei ihrem Bruder Wilhelm Schäfer in Frankfurt. Drei Monate später zog sie nach Kappelrodek, in die Heimat ihres verstorbenen Mannes und später zu ihrer Schwester Karoline Fritz in Gaggenau.
Berta Pater wurde am 1. Juli 1942 von Ravensbrück nach Auschwitz überführt. Sie wurde als internationale Bibelforscherin unter der Nr. 8334 registriert. Wieder schickte ihre Tochter Geld und ihre Schwester Anna Köninger packte Pakete, da in Gaggenau „für die Pakete bessere Lebensmittelverhältnisse bestanden als in Frankfurt-M.“ Im KZ Auschwitz erkrankte Berta Pater sehr schwer. Sie überlebte Flecktyphus. Am 18. Januar 1945 wurde das Lager geräumt. Berta Pater kam mit einem Todesmarsch über das KZ Gross-Rosen nach Bergen-Belsen. Dort wurde sie am 15. April 1945 befreit und am 18. Juni 1945, nach der Befreiung durch englische Truppen, entlassen.
In Frankfurt kam sie am 24. Juni 1945 an und fand ihr Haus, von dessen Mieteinnahmen sie vor der Verfolgung gelebt hatte, in schlechtem Zustand vor, da es schwere Brandschäden erlitten hatte. Viele Räume waren unbewohnbar. Dadurch war auch ihre finanzielle Lage sehr prekär. Die Aufforderung des Wohnungsamtes der Stadt, noch einen Teil ihrer Räume abzugeben, „habe ich verweigert mit Bezug auf die Tatsache, dass ich fast neun Jahre unter unwürdigsten Verhältnissen gelebt habe und nun endlich einmal meine Ruhe haben möchte.“
Auch die Anerkennung der haftbedingten gesundheitlichen Schäden war schwierig. In einem ärztlichen Gutachten wurde bescheinigt: „Wenn man auch geneigt ist, bei der betagten Antragstellerin nach 8 1/2 Jahren Verfolgungshaft, die sie vom 54. bis 63. Lebensjahr durchgemacht hat, wohlwollend zu urteilen, so kann der tatsächliche Schaden durch diese Haftzeit keinesfalls höher als mit 40% bemessen werden.“Das Urteil des Sondergerichts Mannheim vom 29. November 1937 gegen Anna Köninger wurde am 17. Februar 1950 aufgehoben. Am 24. Oktober 1964 zog sie nach Gausbach, einen Ortsteil von Forbach, wo sie im gleichen Jahr starb.
Berta Pater starb am 3. Dezember 1970, bis zuletzt nahm sie aktiv am Gemeindeleben der Zeugen Jehovas teil.
Die Stolpersteine wurden initiiert von den Zeugen Jehovas, Frankfurt
Anna Köninger, geb. Schäfer | |
Geburtsdatum: Haft: |
27.3.1880 14.9.1937 Frankfurt-Preungesheim, 30.9.1937 Mannheim, 30.11.1937 Bruchsal, 21.2. - 24.12.1938 Lichtenburg |
Berta Pater, geb. Schäfer | |
Geburtsdatum: Haft: Befreiung: |
17.11.1882 29.10.1936 Frankfurt-Preungesheim, 23.6.1937 Moringen, 21.2.1938 Lichtenburg, Mai 1939 Ravensbrück, 1.7.1942 Auschwitz, 18.1.1945 Todesmarsch nach Bergen-Belsen 15.4.1945
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