Klein, Selma

Klein, Selma

Stolperstein-Biographien im Nordend

Klein, Selma

Selma Klein wurde in Frankfurt als Tochter des Kaufmannes Isaak Klein und von Bertha (Babette) Klein, geb. Reinheimer, geboren. Sie hatte zwei Schwestern: die 1910 geborene Frieda, später verheiratete Weingärtner, und die 1913 geborene Mathilde, später verheiratete Breitenband. Der Vater betrieb einen Eiergroßhandel in der Windeckstraße 23/I in Frankfurt. Die Eier bezog er aus Memmingen und belieferte Geschäfte in Frankfurt.

 

Selma Klein besuchte die Volksschule (1915 - 1924) mit mäßigem Erfolg, sie wiederholte einmal eine Klasse. Als älteste Tochter der Familie hatte sie sich um die seit etwa 1924 schwer erkrankte Mutter zu kümmern, wodurch sie ihre nach der Schulentlassung angetretene Lehrstelle in einer Frankfurter Metzgerei nach einem halben Jahr wieder aufgeben musste. Selmas Mutter starb am 26. August 1927.

 

Im Mai 1926 wurde Selma Klein das erste Mal in das Haus des Jüdischen Frauenbundes in Neu-Isenburg aufgenommen. Sie wurde im Städtischen Fürsorgeamt Frankfurt registriert.

 

Selma Klein erkrankte an einer Geschlechtskrankheit und musste sich einer Behandlung mit regelmäßigen Kontrollen unterziehen. Da sie sich diesen Kontrollen entzog, wurde sie zweimal eingesperrt. 1930 hatte sie eine Frühgeburt im siebten Monat. Das Kind starb. 1932 kam sie ein weiteres Mal für zwei Monate in das Haus in Neu-Isenburg, aus dem sie weglief.

 

Danach kam sie ins Monika-Heim in Frankfurt, das sich in kirchlicher Trägerschaft befand. Am 4. Juli 1932 wurde Selma in die Landes-Heil und Erziehungsanstalt Hadamar eingewiesen. Die einweisende Behörde war das Städtische Fürsorgeamt Frankfurt. Dort wurde ihr bescheinigt, dass sie an Geistesschwäche leide und zudem ihre Umwelt gefährde, da sie eine „Infektions-Quelle für Geschlechtskrankheiten“ sei. Bereits im September 1932 fragte das Städtische Fürsorgeamt Frankfurt in Hadamar an, ob eine Entmündigung Selmas möglich sei, da der Vater die „Herausgabe“ seiner Tochter fordere.

 

In den nächsten Jahren arbeitete Selma in unterschiedlichen Familien. Im Februar 1936 fragte das Fürsorgeamt in Hadamar nach, ob eine Sterilisationsanzeige beantragt werden könne. In der Zwischenzeit wurde Selma in der Nervenklinik in Frankfurt aufgenommen. Von Frankfurt wurde sie im Juli 1936 als „Eilfall“ erneut in die Anstalt Hadamar aufgenommen. Inzwischen lautete ihre Diagnose: „angeborener Schwachsinn und sexuell haltlose Psychopathie."

 

Am 15. September 1936 wurde der Antrag auf Sterilisation nach dem Gesetzt zur Verhütung erbkranken Nachwuchses von 1933 gestellt. Eine Woche später war dieser Beschluss endgültig und Selma Klein kam am 3. November 1936 nach Herborn zur Sterilisation.

 

Zwei Wochen später wurde sie nach Hadamar entlassen, wo sie bis März 1937 blieb. Danach kam sie in die weibliche Stadtmission in Frankfurt und wurde von dort in eine Stellung vermittelt. Doch bereits Mitte Oktober wurde sie erneut per „Eilantrag“ nach Hadamar eingewiesen. Ihr letzter Aufenthalt in Hadamar dauerte vom 23. Oktober 1937 bis zum 10. Mai 1939.

 

Im Mai 1939 fragte die Kriminalpolizei Frankfurt in Hadamar an, ob Selma Klein in Vorbeugehaft zwecks Weiterführung in ein Konzentrationslager genommen werden könne. Die Unterbringung in einem Konzentrationslager war nicht möglich für „Geisteskranke“, an Schwachsinn oder Epilepsie leidende Personen. Selma wurde bescheinigt, dass sie voll lagerhaft- und arbeitsfähig sei. Am 10. Mai 1939 kam sie in Vorbeugehaft nach Frankfurt. Der aus „rassischen“ Gründen im Jahr 1939 erfolgte Ausschluss von Fürsorgeleistungen folgte die auch aus Kostengründen veranlasste Einweisung in das Arbeitshaus Breitenau nahe Kassel. Dort war Selma Klein, die fortwährend von der Frankfurter Gesundheitsbehörde überwacht wurde, da sie im Verdacht stand, der Prostitution nachzugehen, ein Jahr untergebracht. Nach ihrer Entlassung lebte sie ein Jahr bis zur ihrer Inhaftierung in der Seumestraße 2 in Frankfurt.

 

Am 16. Juni 1942 fand die Urnenbestattung auf dem Jüdischen Friedhof in Frankfurt/Main statt. Die Urnen wurden in diesen Fällen ebenfalls von Ravensbrück verschickt, nicht von Bernburg, wo Selma ermordet worden war.

 

Der Vater Isaak Klein hatte einen erheblichen Umsatzrückgang seit den Boykotten 1933, musste vom Großhandel auf den Kleinhandel umstellen und am 20. Dezember 1935 das Geschäft komplett aufgeben. Zuletzt war Isaak Klein auf die Wohlfahrtsunterstützung der Jüdischen Gemeinde angewiesen. Er wurde am 15. September 1942 nach Theresienstadt verschleppt, wo er am 21. Juni.1944 zu Tode kam. Die Schwester Frieda Weingaertner wurde am 5. Juli 1944 in Auschwitz ermordet. Die Schwester Mathilde Breitenband überlebte die NS-Zeit durch die Unterstützung der Familie ihres nicht-jüdischen Ehemannes in Nordhessen. Sie starb 1996 in Offenbach.

 

Der Stolperstein wurde initiiert von Martina Hartmann-Menz

 

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Selma Klein, 1932 © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

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Selma Klein, 1936 © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

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Selma Klein, 1939 © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

 

Selma Klein

Geburtsdatum:

Inhaftierung:

Todesdatum:

8.6.1909

10.5.1939-26.4.1942 Ravensbrück, 26.4.1942, Bernburg a. d. Saale

26.4.1942

 

 

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Stolpersteine Seumestraße 2, Selma Klein © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

 

 

 

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