Portune, Andreas

Portune, Andreas

Stolperstein-Biographien im Nordend

Portune, Andreas

Andreas Portune wurde in Sünzhausen bei Freising in Oberbayern geboren. Mit seiner Frau Emma und der Familie eines seiner erwachsenen Söhne wohnte er bei seiner Verhaftung in der Weberstraße 64. Gewerkschaftlich und politisch dem Deutschen Metallarbeiterverband und dem linken pazifistischen Flügel der SPD zugehörig, übernahm er immer auch ehrenamtliche politische Funktionen. Er muss ein leidenschaftlicher Verfechter seiner Überzeugungen gewesen sein, denn 1917 wechselte er aus Enttäuschung über die Burgfriedenspolitik der SPD zur USPD, war vier Jahre lang deren hauptamtlicher Bezirkssekretär in Hessen-Nassau, ging aber 1922 mit dem Großteil der USPD zurück zur SPD und arbeitete wieder als Metallschleifer.

 

Als Vertreter des SPD-Flügels, der vergeblich versuchte, die Reichstagsfraktion von der Zustimmung zum Bau von Panzerkreuzern abzuhalten, wurde er 1930 selbst in den Reichstag gewählt. Dort kämpfte er weiter gegen die Unterstützung der Regierung Brüning durch die SPD-Parteiführung. Bereits ein Jahr später wurde dieser linke Flügel aus der Partei ausgeschlossen. Portune behielt aber sein Mandat, wurde Mitbegründer der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschland (SAPD) und auch hier wieder Leiter des Bezirks Hessen-Nassau. Zitat aus einer Reichstagsdebatte von 1932, wo er als SAPD-Mitglied sprach: „Ich bin der Auffassung, verehrte Anwesende, dass diese Gesellschaftsordnung ... vor dem Bankrott steht und dass in Deutschland die Wirtschaft längst zusammengebrochen wäre, wenn der staatliche Apparat nicht...auf Kosten der breiten Massen...jährlich Milliarden...als Geschenk für den Monopolkapitalismus zur Sanierung der Banken...aufgewendet“ hätte. Portune forderte stattdessen eine „Plan- und Bedarfswirtschaft“.

 

Es existiert ein Foto, das ein großes Transparent an einer Überlandleitung über dem Main hängend zeigt WÄHLT SAP. Nach Augenzeugenberichten hatten junge Leute aus dem Riederwald wohl mehrfach solche Transparente montiert, die die Gestapo nur mit Mühe entfernen konnte.

 

Die illegale Arbeit der SAP, zumindest in Frankfurt, bestand unter anderem in der Fluchthilfe für vor der Gestapo Geflohene ins Saarland und nach Österreich. Sie wurden versteckt und mit Essen und Zufluchtadressen versorgt.

 

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 forderte Andreas Portune die Auflösung der SAP, wohl auch eine Vorsichtsmaßnahme gegen die Einschleusung von Spitzeln. Mit anderen zusammen trat er aus der Partei aus und fand bei der Firma Messer & Co. erneut Arbeit als Metallschleifer, für einige Jahre offenbar relativ unbehelligt.

 

Die Angst vor Spitzeln blieb dennoch berechtigt. Mindestens 100 sollen für die Gestapo allein in Frankfurt gearbeitet haben, erfolgreich besonders in Betrieben, wo mit dem Fortgang des Krieges die Unzufriedenheit wuchs. Dazu gehörten die Adlerwerke, die Firma Messer sowie VDO in Heddernheim. Nach der Niederlage von Stalingrad provozierten Spitzel Diskussionen unter den Arbeitern über die aussichtslose Kriegslage und sammelten belastendes Material für Verhaftungen. Am 22. März 1943 wurden bei Messer & Co elf Arbeiter verhaftet, darunter Andreas Portune. Am 8. Dezember 1944 verurteilte ihn der Volksgerichtshof wegen Wehrkraftzersetzung zu drei Jahren Zuchthaus. Es war die niedrigste Strafe unter den Festgenommenen, von denen nur drei überlebten.

 

Andreas Portune starb an den Folgen der Haft kurz nach der Befreiung durch die Amerikaner aus dem KZ Roßlau an der Elbe. Am 26. Mai wurde er auf dem Ehrenfriedhof der Stadt Roßlau beigesetzt. An ihn und 96 weitere von den Nationalsozialisten ermordete Reichstagsabgeordnete erinnert eine Gedenktafel in der Nähe des Reichstags in Berlin.

 

Sein Sohn Josef wurde als bekannter Antifaschist sofort nach Kriegsende zum Polizeiangestellten bei der Kripo Frankfurt berufen. Es gelang ihm, Hermann Gulbinat zu verhaften, den Spitzel, der seinen Vater und viele andere ins Gefängnis gebracht hatte. Gulbinat nahm sich in der Nacht vor seiner Vernehmung das Leben. Josef Portune engagierte sich nach dem Krieg besonders beim Wiederaufbau des Sports in Frankfurt. Er war einer der Initiatoren des Sportkreises Frankfurt, saß einige Jahre im Beirat des Sportamtes und dessen Nachfolgeorganisation.

 

Der Stolperstein wurde Initiiert von Regine Wolfart.

 

 

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Andreas Portune © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

 

 

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Transparent "WÄHLT SAP" © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

 

 

Andreas Portune

Geburtsdatum:

Haft:

Todesdatum:

23.11.1875

22.3.1943 Gefängnis Frankfurt, 1944 KZ Roßlau

23.5.1945

 

 

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Stolpesteine Weberstraße 64, Andreas Portune © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

 

 

 

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