Hugo, Wilhelm Adam
Wilhelm Hugo wurde in Frankfurt am Main geboren. Er erhielt keine Berufsausbildung und arbeitete später als Hilfsarbeiter in verschiedenen Betrieben. In den Jahren zwischen 1928 bis 1938 war er fast durchgehend arbeitslos und lebte mit seiner Frau und drei Kindern in sehr armen Verhältnissen. Die Familie wohnte bis 1933 im selben Haus wie der Lackierer Anton Breitinger, mit dem sie freundschaftlichen Kontakt hatte. Von Anton Breitinger, der Mitglied der KPD war, wurde Hugo als Sympathisant gewonnen. Auch nach 1933 hielten sie den Kontakt aufrecht.
1934 bauten Hugo und Breitinger eine kleine Gruppe Gleichgesinnter auf, die politische Texte lasen und diskutierten. Hier diente Hugo als Kassierer und als „illegaler Organisationsleiter“. In den Jahren danach, mit einem Höhepunkt im Jahre 1936, gelang es der Gestapo, viele Spitzel in den Widerstandsgruppen zu etablieren und sie durch Verhaftungen und Enttarnung zu zerschlagen. Die Gruppe um Hugo und Breitinger stellte ihre Aktivitäten zunächst ein, aber die Mitglieder blieben in Verbindung.
1938 wurde Wilhelm Hugo als Postfacharbeiter am Postamt 9 am Hauptbahnhof eingestellt. Als er dort anfing, war, wie es sogar im Urteil heißt, „die Stimmung unter den Arbeitern schlecht, da die Arbeit ungünstig und die Löhne gering waren. Der Angeklagte selbst verdiente damals wöchentlich bis 28 RM, so dass er seine Familie nur recht notdürftig durchbringen konnte. Infolgedessen bestand bei einem Teil der Belegschaft Neigung zum Nörgeln und zur Kritik an den wirtschaftlichen Verhältnissen in Deutschland“.
Wilhelm Hugo gelang es wieder, einen Kreis von Kollegen zu bilden, wo man eben diese Verhältnisse diskutierte. Man traf sich, wo man konnte, in der Kantine, in Kneipen, bei Sportveranstaltungen, Wanderungen usw. Die Gesprächsthemen betrafen das politische Tagesgeschehen, den Verlauf des Krieges, Wehrmachtsberichte, später die Situation und Behandlung von Kriegsgefangenen, die oft wie einheimische Kollegen betrachtet und behandelt wurden. Wichtige Fragen waren die Bedingungen der illegalen Arbeit, vor allem, wie schützt man sich vor Spitzeln und wie verhält man sich bei Festnahmen und Verhören. Zu Hugos Aufgaben gehörte das Abhören der deutschsprachigen Sendungen des Londoner Rundfunks, um diese Informationen zu verbreiten.
Ab Kriegsbeginn 1939 entstand das Bedürfnis, ein Leitungsgremium zu schaffen, um die illegale Arbeit in verschiedenen Betrieben zu koordinieren und eine politische Organisation aufzubauen, deren Ziel es war, den Krieg zu beenden und eine sozialistische Gesellschaft zu errichten. So entstand der sogenannte „Kopf“, dem drei Arbeiter aus dem Postamt 9 angehörten: Wilhelm Hugo, Edmund Germann und Heinrich Ochs. Die Lackierer Anton Breitinger und Julius Nees waren die beiden anderen.
Wilhelm Hugo bildete und schulte die fünf Mitglieder im Verfassen von Flugblättern – jeder sollte selbst versuchen, eines zu schreiben. Hugo kommentierte und korrigierte diese Entwürfe. Ein Exemplar wurde auf einer Schreibmaschine getippt und nur dieses wanderte dann von Hand zu Hand, um die Gefahr, entdeckt zu werden, zu mindern. Ein einziges Exemplar konnte später von der Anklage vorgezeigt werden.
Von Juni 1940 bis Mitte 1941 wurde Wilhelm Hugo zweimal zur Wehrmacht eingezogen. In dieser Zeit konnte er den Kontakt mit den fünf Mitgliedern des „Kopfs“ aufrechterhalten. Kurz nach seiner Entlassung wurde er am 25. Juni 1941 festgenommen und inhaftiert. Am 24. Juni 1942 verhandelte der Volksgerichtshof unter Vorsitz des Vizepräsidenten Engert über die Anklagen gegen Edmund Germann, Anton Breitinger, Wilhelm Hugo und Julius Nees. In einem weiteren Verfahren am 25./26. Juni 1942 wurde gegen drei weitere Angeklagte, Otto Häuslein, Adam Leis und Wilhelm Klöppinger verhandelt. Der ebenfalls angeklagte Heinrich Ochs hatte sich in der Haft das Leben genommen.
Alle sieben Angeklagten wurden wegen Vorbereitung des Hochverrates zum Tode verurteilt und nach Ablehnung von Gnadengesuchen und ohne sich von Angehörigen verabschieden zu können am Morgen des 17. September 1942 durch das Fallbeil hingerichtet.
Die Vollstreckung der Urteile wurde an Litfaßsäulen plakatiert. Keinem wurde eine Grabstätte gewährt.
An Anton Breitinger erinnert ein Stolperstein in der Neebstraße 3, an Wilhelm Klöppinger ein Stolperstein in der Schwarzenbergstraße 7 in Wiesbaden. Am ehemaligen Wohnhaus von Adam Leis in der Esslinger Straße 8 in Frankfurt wurde 1995 eine Gedenktafel angebracht. Zu dieser Widerstandsgruppe zählten auch die Brüder Karl und Georg Rauleder, Wilhelm Lotz, Friedrich Matthes, Walter Seiter, Philipp Reitz und Karl Kandler. Alle wurden angeklagt und verurteilt. Sie stammten aber entweder aus anderen Städten oder haben überlebt. Dazu gehörten viele, besonders aus Wiesbaden, deren Namen nicht bekannt sind.
Quellen:
Bromberger, Barbara, Nieder mit Hitler, Frankfurt am Main, 2004
Keval, Susanna, Widerstand und Selbstbehauptung in Frankfurt am Main 1933 – 1945, Frankfurt am Main, 1988
Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof, Anklageschrift vom 31. März 1942, AZ 9J 34/42g, handschriftlich 2 91/42 H Volksgerichtshof, Urteil vom 24. Juni 1942, AZ 9J 34/42g und 2H 91/42.
Katakombe, Hauszeitung des Postamts 4 Frankfurt am Main, Ausgabe vom August 1985, „1944 Ein gräßlicher Friedhof“
Wilhelm Adam Hugo | |
Geburtsdatum: Verhaftung: Todesdatum: |
18.07.1906 25.6.1941 wegen "Hochverrat" 17.09.1942 (hingerichtet) |