Hellmann, Hanna und Julius
Hanna Hellmann wurde in Nürnberg als Tochter eines Holzwarenfabrikanten geboren. Sie hatte zwei Geschwister, den Bruder Julius, Kaufmann, und die Schwester Lilly verh. Gebhardt. Hanna studierte Philosophie, Psychologie und deutsche Literaturgeschichte in Heidelberg und Berlin sowie in Bern und Zürich und wurde dort 1910 mit einer Dissertation über Henrich von Kleist promoviert. In den Studienjahren war sie in der Frauenbewegung engagiert.
Im selben Jahr zog sie nach Frankfurt und wohnte ab 1915 in der Luxemburger Allee 36, II., nach Kriegsende für zwei Jahrzehnte mit ihrem Bruder Julius zusammen. Dort verfasste sie literaturwissenschaftliche Studien und Aufsätze, u.a. für die Frankfurter Zeitung. Außerdem wirkte sie als Dozentin am Frauenseminar für soziale Berufsarbeit. Hanna Hellmann blieb zeitlebens ledig, ihr Freund war im Ersten Weltkrieg gefallen.
Hanna Hellmann lebte in enger Verbindung mit ihren beiden Geschwistern. Ihr Schwager Carl Gebhardt war Gründer der Internationalen Spinoza-Gesellschaft und lange Zeit Leiter des Schopenhauer-Archivs. In seinem Haus lernte sie Persönlichkeiten wie Else Lasker-Schüler, Albert Schweitzer und Martin Buber kennen.
In religiösen Fragen war Hanna Hellmann freigeistig wie ihre Geschwister auch. Mitte der 1920er Jahre erkrankte sie psychisch, 1926 zog sie sich gesellschaftlich zurück und durchlebte ekstatische und religiöse Schübe. Sie malte und zeichnete viel und sprach stundenlang in Reimen. Julius Hellmann wurde 1937 wegen „Rassenschande“ verhaftet und vom Gefängnis in Frankfurt Anfang 1938 ins KL Dachau überstellt, von dort aus im September nach Buchenwald. Dort starb er am 2. Januar 1939, laut Karteikarte an „Bronchopneumonie“. Hanna Hellmann wurde vermutlich aufgrund einer Denunziation seitens eines Nachbarn am 25. Mai 1938 gefesselt aus der Wohnung gezerrt und in die Städtischen Nervenkliniken eingeliefert. Ihre Schwester konnte sie am 21. September 1938 in dem anthroposophisch orientierten Sanatorium Wiesneck im Schwarzwald unterbringen, von wo sie am 31. Juli 1939 zwangsverlegt wurde in die Heil- und Pflegeanstalt Bendorf-Sayn. Aus dieser wurde Hanna Hellmann, „Nummer 115“, am 15. Juni 1942 zusammen mit über 300 Mitpatienten und Pflegekräften nach Izbica bei Lublin deportiert, vier Tage später fuhr der Zug ins Vernichtungslager Sobibor. Dort wurde sie ermordet. Ihre Schwester Lilly durchlitt das KL Theresienstadt und überlebte.
Die Stolpersteine wurden von Hanna und Dieter Eckhardt initiiert und von ihnen sowie von Ulli Nissen finanziert.
Hanna Hellmann | |
Geburtsdatum: | 31.10.1877 |
Deportation: | 31.7.1939 Bendorf-Sayn, 15.6.1942 Izbica |
Todesdatum: | nach 19.6.1942 Sobibor |
Julius Hellmann | |
Geburtsdatum: | 9.8.1876 |
Haft: | 1937 „Rassenschande“; 22.1.1938 Dachau, 22.9.1938 Buchenwald |
Todesdatum: | 2.1.1939 |