Reinhardt, Karl Rudolf

Reinhardt, Karl Rudolf

Stolperstein-Biographien in der Innenstadt

Reinhardt, Karl Rudolf

 

Karl Rudolf Reinhardt wurde in Hilders im Kreis Gersfeld in der Rhön geboren, in der heutigen Marktstraße 14 (Gasthof „Zur Sonne“). Er hatte noch mindestens einen Halbbruder. Von 1892 bis 1900 besuchte er die Volksschulen in Hilders, Fulda und Frankfurt am Main. Anschließend erlernte er einen kaufmännischen Beruf und war in verschiedenen Frankfurter Firmen als kaufmännischer Angestellter tätig.

 

1911 heiratete er Franziska Antonie Braß, die am 19. Mai 1889 in Koblenz geboren worden war und vor der Heirat in Mainz wohnte. Beide waren katholisch. Sie hatten eine Tochter namens Käthe. Während des Ersten Weltkrieges kämpfte Karl Rudolf Reinhardt an der Front. Im Jahr 1920 kam er erstmals mit den Bibelforschern – wie Jehovas Zeugen damals noch genannt wurden – in Kontakt. Er schaute sich im Frankfurter Volksbildungsheim das „Schöpfungsdrama“ – ein kinematisches Monumentalwerk über die biblische Geschichte, bestehend aus Tonfilm mit Lichtbildern und Filmsequenzen, von Jehovas Zeugen selbst produziert – an. 1926 trat er aus der katholischen Kirche aus und ließ sich als Bibelforscher taufen.

 

1937 wurde er verhaftet und in das Polizeigefängnis eingeliefert. Am 20. März erfolgte seine Vernehmung, die abgebrochen wurde, da er nicht bereit war, seine Glaubensbrüder und -schwestern zu verraten. Noch am gleichen Tag wurde Haftbefehl gegen ihn erlassen, er wurde in das Gefängnis Frankfurt-Preungesheim verlegt.

 

Bei der Gerichtsverhandlung beim Sondergericht Frankfurt am 30. Juni 1937 wurde er zu zwei Monaten Gefängnis wegen Gottesdienstteilnahme und Literaturbesitz verurteilt; statt Freilassung kam er nach Lichtenburg in „Schutzhaft“. Im August 1937 wurde er in das seit erst einen Monat im Aufbau begriffene Lager Buchenwald überstellt. Er erhielt die Häftlingsnummer 1.605 und wurde wie alle Bibelforscher im Block 8 untergebracht und der „Strafkompanie“ zugewiesen, bei der die Gefangenen zehn bis zwölf Stunden schwerste und schmutzigste Arbeiten wie Steine- und Kastentragen, Ausschachten und Jaucheentsorgung leisten mussten. Im Oktober zog er sich eine Lungenentzündung zu, die im Krankenrevier nur unvollständig behandelt wurde. Er wurde chronisch lungenkrank.

 

Er arbeitete in verschiedenen Arbeitskommandos im Steinbruch, in der Mattenflechterei, in den SS-Unterkünften. Am 16. Juni 1941 erlitt er einen schwereren Unfall, bei dem er sich das Schultergelenk brach. Bereits nach einer Woche musste er wieder arbeiten, in der Kleintierzuchtstation des Lagers. Im Januar 1945 wurde er dem „Bergungstrupp“ zugeteilt, der nach Bombardements Aufräumarbeiten durchführen musste. Bei der Befreiung von Buchenwald erwirkten die inhaftierten Bibelforscher bzw. Zeugen Jehovas die Verlegung in die frei gewordene „Russenbaracke“.

 

Rudolf Reinhardt erhielt am 7. Mai 1945 den „Entlassungsbefehl“ und konnte am 12. Mai 1945 die Heimreise antreten. Die „Frankfurter Presse“ vom 10. Mai 1945 kündigte unter der Überschrift „Heimkehr aus der Hölle“ an, dass einige Insassen von Buchenwald nach Frankfurt zurückkehren werden. Darunter war Rudolf Reinhardt. Am 14. Mai erreichte er Frankfurt. Zunächst kam er im DP-Camp in Frankfurt-Zeilsheim unter, dann in der Bornheimer Mittelschule.

 

Durch die Haft körperlich schwer gezeichnet, war Rudolf Reinhardt bis 1948 bei der Frankfurter „Volksküchen GmbH“ tätig. Der Amtsarzt stellte fest: „Heilverfahren notwendig, jedoch nicht mehr erfolgversprechend“.

 

Rudolf Reinhardt wohnte mit seiner Frau zunächst zur Untermiete in einem feuchten Zimmer im Parterre, da er nicht mehr in der Lage war, Treppen zu steigen. Nach langem Warten und vielen Anträgen erhielt er am 12. Mai 1955 den Bescheid, zum 1. Juli eine Parterre-Wohnung in Frankfurt-Bockenheim beziehen zu können. Er starb am 26. Juli 1955. In einer obergutachtlichen Stellungnahme wurde festgestellt „Ein Kausalzusammenhang zwischen verfolgungsbedingten Körperschäden und Tod ist anzunehmen“.

 

Der Stolperstein wurde initiiert durch Erika und Gunter Krämer und finanziert durch Dieter und Gerda Kaßner.

 

Häftlingskarte von Karl Rudolf Reinhardt aus dem KZ Buchenwald
Häftlingskarte von Karl Rudolf Reinhardt aus dem KZ Buchenwald © Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Foto: Keine Angabe

 

 

Haftbefehl von Karl Rudolf Reinhardt
Haftbefehl von Karl Rudolf Reinhardt © Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Foto: Keine Angabe

 

 


 

Karl Rudolf Reinhardt   
Geburtsdatum:  20.5.1886   
Haft:     18.3.1937 Frankfurt, 30.6.1937 Lichtenburg, 14.8.1937 Buchenwald   
Befreiung:   11.4.1945   

 

 

 

Stolperstein Schützenstraße 7, Reinhardt, Rudolf
Stolperstein Schützenstraße 7, Reinhardt, Rudolf © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

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