Morgenstern, Jankel, Riwka und David

Morgenstern, Jankel, Riwka und David

Stolperstein-Biographien in der Innenstadt

Morgenstern, Jankel, Riwka und David

Jankel Jakob Morgenstern wurde in Lodz geboren. Anfang des 20. Jh. kam seine Familie aus Polen nach Deutschland und ließ sich in Frankfurt a.M. nieder. Er gehörte der Israelitischen Religionsgesellschaft in der Friedberger Anlage an und war Kaufmann. Riwka Regina, geb. Friedmann, wurde in Pryluki/Ukraine geboren und kam mit ihrer Familie 1905 aus der Ukraine nach Wiesbaden. Bis 1922 wohnte sie bei ihren Eltern in der Faulbrunnenstr. 7, danach 1923/24 in der Schwalbacher Str. 61. Nach dem Schulbesuch wurde sie Buchhalterin und war als Büroangestellte tätig.

 

1925 heirateten Jankel Jakob und Riwka Regina. Sie hatten zwei Söhne: Felix wurde am 1. März 1926 und David am 7. Juni 1930 geboren. Riwka Morgenstern betrieb von 1928 bis 1930 in Frankfurt einen Wäschehandel. Jankel Morgenstern wurde am 28.10. 1938 mit seiner Familie an die polnische Grenze bei Benthen in Schlesien abgeschoben. Alle Familienmitglieder galten als staatenlos. Als Polen die Abgeschobenen nicht einreisen ließ, kehrten sie nach Frankfurt zurück. Die letzte freiwillige Frankfurter Adresse der Familie war in der Kämmereistraße 10 (heute Fischerfeldstraße 16).

 

Riwkas Schicksal ist bis heute ungeklärt. Jankel wurde am 9. September 1939 in „Schutzhaft“ genommen und kam am 16. September 1939 nach Buchenwald, wo er mit der Häftlingsnummer 3545 interniert war. Dies erwähnt Riwka Morgenstern in mehreren Briefen aus dem Jahr 1940 an ihren Sohn Felix in England. Jankel Morgenstern kam am 13. März 1942 von Buchenwald in die Heil- und Pflegeanstalt Bernburg und wurde dort noch am selben Tag in der Gaskammer ermordet. Seit Juli 1941 wurden aus Buchenwald im Rahmen der „Sonderbehandlung 14 f 13“ der T4-Aktion, so die Bezeichnung der Euthanasie-Mordaktion, ältere, nicht mehr arbeitsfähige und kranke Häftlinge in Gasmordanstalten der T4, die ursprünglich Heil- und Pflegeanstalten waren, deportiert und dort ermordet.

 

Als Todesdatum hat das für Buchenwald zuständige Standesamt Weimar den 23. März 1942 registriert, was allerdings nach Auskunft des Archivs in Buchenwald nicht zutreffend ist. Der tatsächliche Todestag ist der 13. März 1942. Als fingierte Todesursache ist in den Unterlagen der Gedenkstätte Buchenwald „Kreislaufschwäche“ angegeben. Die Urne wurde nach Frankfurt überführt, ob auf Anforderung der Jüdischen Gemeinde Frankfurt bzw. der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland Bezirksstelle Hessen-Nassau, was üblich war, oder der Ehefrau ließ sich nicht mehr klären. Die Urne ist am 12. Mai 1942 auf dem Neuen Jüdischen Friedhof an der Rat-Beil-Straße beigesetzt worden.

 

Der ältere Sohn Felix kam Anfang Juli 1939 mit einem Kindertransport nach England. Er nennt sich George Melvin, seit er 1944 in ein schottisches Regiment eingetreten ist. Gegen Kriegsende nahm er mit seinem Regiment am Zweiten Weltkrieg teil und wurde beim Einmarsch in Deutschland verwundet. 1947 emigrierte er in die USA und wurde später Börsenmakler. George Melvin lebt heute in New York. Er verfügt über zahlreiche Briefe, die ihm seine Verwandten aus Frankfurt und Wiesbaden nach England geschrieben haben. Das Schicksal des jüngeren Sohnes David hat sich bis heute nicht eindeutig klären lassen. Es ist ähnlich rätselhaft wie das der Mutter. Nach Frankfurter Dokumenten soll er im Alter von zwölf Jahren den Freitod gesucht haben, was jedoch wenig wahrscheinlich ist. Als gesichert kann angenommen werden, dass er in Frankfurt gestorben ist, denn er wurde am 27. Mai 1942 wie sein Vater auf dem Neuen Jüdischen Friedhof an der Rat-Beil-Straße beerdigt. Anzunehmen ist, dass die Mutter zu diesem Zeitpunkt noch in Frankfurt war. Wenn sie deportiert wurde, dann wohl erst danach, am ehesten vermutlich am 11. Juni 1942 nach Lublin/Sobibor.

 

Alle Stolpersteine wurden vor dem Haus Fischerfeldstr. 16 gelegt, das am nächsten des ursprünglichen Hauses Kämmereistr. 10 liegt. Das Haus selbst und die Straße existieren nicht mehr.

 

Bei der Stolpersteine-Verlegung waren David Melvin aus Chester/New Jersey, Sohn von George Melvin/Felix Morgenstern, also der Enkel von Jankel Jakob und Riwka Regina Morgenstern und der Neffe von David Morgenstern sowie Arjeh Friedmann aus Holon/Israel, Sohn des jüngsten Bruders von Riwka Regina Morgenstern anwesend.

Jankel Jakob Morgenstern

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

22.04.1897

16.09.1939 nach Buchenwald und nach Bernburg

13.03.1942

Riwka Regina Morgenstern, geb. Friedmann

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

10.06.1899

11.06.1942 nach Lublin

unbekannt

David Morgenstern

Geburtsdatum:

Todesdatum:

07.06.1930

27.05.1942

 

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Stolperstein Fischerfeldstraße 16 Jankel Morgenstern © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main
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Stolperstein Fischerfeldstraße 16 Riwka Morgenstern © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

 

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Stolperstein Fischerfeldstraße 16 David Morgenstern © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

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