Girgulski, Maria, Max und Salomon, Eichberg, Berta sowie Hagel, Josef

Girgulski, Maria, Max und Salomon, Eichberg, Berta sowie Hagel, Josef

Stolperstein-Biographien in der Innenstadt

Girgulski, Salomon, Maria und Max, Eichberg, Berta sowie Hagel, Joseph

Salomon Girgulski wurde in Wilna (Litauen) als Sohn des Wulf Girgulsky und von Sara Lea Girgulsky, geb. Wilk, geboren. Am 2. Dezember 1911 heiratete er in Bern die nichtjüdische Maria, geb. Hagel, aus Balg in Baden. Er war zu dieser Zeit als Zigarettenarbeiter beschäftigt. Sie hatten insgesamt fünf Kinder, davon zwei voreheliche, Olga und Joseph, die den Nachnamen Hagel trugen. Nach der Heirat wurden Berta, Max und Elias Girgulski geboren. Elias starb bereits im Alter von 13 Jahren; er ist auf dem neuen jüdischen Friedhof in Frankfurt beerdigt.

 

Die Familie lebte in Frankfurt bis 1937 in der Albusstraße 24/III, danach in der Albusstraße 19. Joseph Hagel wohnte 1938 in der Burgstr. 56.

 

Von 1924 bis 1927 ist eine Gewerbeanmeldung auf den Namen Salomon Girgulsky in Frankfurt, Fahrgasse 21, nachweisbar: Dieser „Handel mit Zigarren, Zigaretten und Tabak“ wurde am 12. Februar 1927 eingestellt. Später betrieb Salomon Girgulsky nach Angaben der Angehörigen einen Lebensmittelhandel für Eier und Milchprodukte in der Mörfelder Landstraße 82, dann in der Elbestraße und zuletzt ein Obstgeschäft auf der Zeil 12. Verfolgungsbedingt gab er 1933 sein Geschäft auf.

 

Salomon Girgulsky wurde im Rahmen der „Polen-Aktion“ von Frankfurt nach Polen verschleppt. Das letzte Lebenszeichen von Salomon Girgulsky erhielt seine Ehefrau 1941 aus Wilna. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Die Ehefrau sollte zunächst ebenfalls nach Polen abgeschoben werden, durfte jedoch wieder nach Frankfurt zurückkehren. Ihre geplante Flucht nach Argentinien scheiterte 1941; sie war während des Krieges in einer Fabrik für Verdunkelungsrolläden zwangsweise dienstverpflichtet. Sie lebte 1948 in der Saalburgallee 21 und emigrierte 1950 nach Argentinien.

 

Max Girgulski besuchte die Städtische Fortbildungs- und Berufsschule und absolvierte eine Ausbildung als Elektrotechniker bei der Fa. Fischer & Müller. Bei dieser Firma und zuletzt bei der Firma Schick war er auch bis 1937 beschäftig, bis diese „arisiert“ wurde. Er war Fußballer bei Eintracht Frankfurt, 1928 wurde er mit deren ersten Schülermannschaft Gaumeister. Im August 1928 erscheint Max Girgulski mit seiner Mannschaft auf der Titelseite der „Vereins-Nachrichten“. Im Heft wird berichtet: „Abteilungs- und Gaumeister 1926/27/28 wurde unsere spielstarke Schülermannschaft durch ihren am 30. Juni errungenen 3:0-Sieg im Entscheidungsspiel gegen den Meister der Abteilung 2, Frankfurter-Ges. 02 Seckbach, ausgetragen auf dem Platze der Spielvereinigung 03 Fechenheim. Den Sieg errangen wir in überzeugender Weise …“

 

Als nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten die jüdischen Mitglieder bei Eintracht ausgeschlossen wurden, schloss sich Max Girgulski 1934 dem jüdischen Verein Bar Kochba an. Im Endspiel um den Pokal des Deutschen Makkabi-Kreises im Frankfurter Stadion spielte Max für die Süddeutsche Mannschaft. „Süddeutschland“ siegte vor vollen Rängen gegen „Berlin“ mit 3:1 nach Verlängerung, 1936 wurde er mit Bar Kochba Frankfurt Meister der Makkabi-Reichsmeisterschaften. Jüdische Zeitungen berichteten über den „Verteidiger Girgulski, der bekanntlich auch im paritätischen Sport bei der Frankfurter Eintracht eine gute Rolle gespielt hat“. Im August 1937 wurde er für die Makkabi-Auswahl nominiert, die den deutschen Kreis auf der 3. Makkabiade in Tel Aviv vertreten soll. Das Sportfest wurde aber wegen Unruhen im damaligen Palästina abgesagt.

 

Am 10. Dezember 1937 stand Max Girgulski wieder im Endspiel um die Deutsche Makkabi-Meisterschaft. Das Spiel zwischen Bar Kochba Hakoah Berlin und Bar Kochba Frankfurt wurde eine hitzige Angelegenheit. Beim Spielstand von 4:4 wurde die Partie abgebrochen, Max Girgulski wurde vom Platz gestellt. Ob der Spielabbruch „nach Undiszipliniertheit eines Frankfurter Spielers“ in direktem Zusammenhang mit der Roten Karte für Girgulski stand, ist nicht bekannt. Das Endspiel wurde am 27. Februar 1938 in Berlin wiederholt. Bar Kochba Frankfurt gewann gegen Berlin mit 2:1; Girgulski galt als der beste Spieler der Frankfurter Mannschaft. Bei den nächsten Reichsmeisterschaften war Max Girgulski nicht mehr dabei. Diesmal gewann Berlin mit 2:0 gegen Frankfurt, in der „Jüdischen Rundschau“ vom 22. Juli 1938 wurde die Niederlage unter anderem mit dem Fehlen von Max Girgulski erklärt: „Die Frankfurter Mannschaft war merklich durch den Verlust ihres wohl besten Spielers Girgulski, der inzwischen ausgewandert ist, geschwächt.“

 

Nach seiner Flucht heiratete Max Girgulski 1940 in Buenos Aires Carmen Girgulski, geb. Echtermeier, die 1917 in Kopenhagen geboren wurde und in Berlin aufgewachsen war. Diese war eine Urenkelin des Bildhauers von Carl Friedrich Echtermeier (1845-1910) und Nichte des Malers Curt Echtermeier (1896-1971). 1944 wurde die Tochter Susana Girgulski geboren. Max Grigulski schloss sich Boca Juniors an, später spielte er auch für River Plate. Den Sprung in die erste Mannschaft schaffte er nicht. Außerdem wurde er von unwissenden Vereinskameraden immer wieder als der „deutsche Nazi“ beschimpft. Max verliert die Freude am Fußball und beendet seine Karriere.

 

Seinen Lebensunterhalt bestritt Max nach diversen Hilfstätigkeiten mit der Herstellung von Matrizen aus Stahl zur Fertigung von Plastikgegenständen wie Haushaltsartikel und Spielzeug.

 

Maria Girgulski starb am 20. November 1973, Max Girgulski am 3. Februar 1983 in Buenos Aires. Hier starben auch Berta Eichberg am 12. Februar 2008 und Joseph Hagel, der 1946 nach Frankfurt zurückgekehrt war. Carmen Girgulski starb am 1. Oktober 1996 in Chile.Susana Baron, geb. Girgulski, heiratete 1964 Arie Baron, der 1939 als Dreijähriger mit seinen Eltern aus Deutschland nach Chile geflohen war. Die beiden wohnen in Santiago de Chile. Sie werden Eltern von zwei Söhnen, Gabriel und Daniel. Die Söhne besuchen die jüdische Schule; Gabriel wird Orthopäde, Daniel wird Rechtsanwalt. Von 2005 bis 2011 war Susana Baron Präsidentin der chilenischen WIZO-Sektion.

 

Die Stolpersteine wurden initiiert von Eintracht Frankfurt und von Susana Baron, Chile (Tochter vom Max Grigulski).

 

Literatur: Till Lieberz-Groß, „Befragt Eure Eltern und Großeltern zur Familiengeschichte“, Susana Baron-Girgulski, Chile. In: http://www.juedisches-leben-frankurt.de/home/biographien-und-begegnungen.htmlExternal Link

 

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Max Girgulski in Buenos Aires © privat/Familienbesitz Susana Baron, Foto: Keine Angabe

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Max Girulski mit Susanna und Carmen, 1946 in Buenos Aires © privat/Familienbesitz Susana Baron, Foto: Keine Angabe

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Max Girgulskis Pass © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

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Eintracht Frankfurt Schul-Gaumeister 1928 (Max 3. v. l. stehend) © Archiv Eintracht Frankfurt e. V., Foto: Keine Angabe

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Max Girgulski im Eintracht-Trikot © Archiv Eintracht Frankfurt e. V., Foto: Keine Angabe

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Makkabi-Meistermannschaft 1937 (Max v. l.) © Archiv Eintracht Frankfurt e. V., Foto: Keine Angabe

Solomon Girgulski

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

2.4.1886

28.10.1938 "Polenaktion"

unbekannt

 

Maria Girgulski, geb. Hagel

Geburtsdatum:

Zwangsarbeit

Überlebte

6.9.1885

 

 

 

Max Girgulski

Geburtsdatum:

Flucht:

12.11.1913

1938 Argentinien

 

Berta Eichberg, geb. Girgulski

Geburtsdatum:

Flucht:

24.6.1912

1937 Argentinien

 

Joseph Hagel

Geburtsdatum:

Flucht:

17.2.1909

1938 England

 

 

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Stolpersteine Albusstraße 24, Salomon Girgulski © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

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Stolpersteine Albusstraße 24, Maria Girgulski © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

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Stolpersteine Albusstraße 24, Max Girgulski © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

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Stolpersteine Albusstraße 24, Berta Eichberg © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

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Stolpersteine Albusstraße 24, Josef Hagel © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: Keine Angabe

 

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