Blüthenthal, Paul, Dr.
Paul Blüthenthal wurde in Frankfurt am Main als Sohn von David und Bertha Blüthenthal geboren. Er hatte einen drei Jahre jüngeren Bruder Ernst. Die Familie Blüthenthal lebte in der Leerbachstraße 10. David Blüthenthal betrieb in der Kaiserstraße 44 eine Textilwarengroßhandlung. Paul besuchte ab 1909 das Kaiser-Friedrich-Gymnasium in Frankfurt, danach studierte er Jura und promovierte 1924. 1927 machte er sich gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Josef Keil selbständig. Beide waren zeitweise Abteilungsleiter der Leichtathletikabteilung, Josef Keil war verantwortlicher Schriftleiter der „Vereins-Nachrichten“, Paul Blüthenthal unterstützte den Verein in juristischen Angelegenheiten, außerdem förderte er vor allem die Leichtathleten und die Fußballer.
Paul Blüthenthal trat im April 1933 aus dem Verein aus. Eine Abmeldung ist nicht überliefert, doch in einem Brief vom 11. April 1933 drückten die Verantwortlichen ihm gegenüber ihr größtes Bedauern aus, dass er „infolge der derzeitigen politischen Verhältnisse in unserem geliebten Vaterlande“ seinen Vereinsaustritt erklärte. „Erscheint uns auch Ihr nun einmal getroffener Entschluss für die derzeitige Lage als das einzig Richtige, so werden wir uns trotz alledem gestatten, Sie über die Vorgänge innerhalb der Leichtathletikabteilung stets auf dem Laufenden zu halten.“ Im gleichen Monat wurde Paul Blüthenthal von der Anwaltskammer die Zulassung entzogen. Die mit Josef Keil gemeinsam betriebene Anwaltsgemeinschaft in der Alten Rothofstraße wurde aufgelöst, Paul Blüthenthal arbeitete fortan als kaufmännischer Angestellter in der Frankfurter Schuhfabrik Pathos in der Mainzer Landstraße.
Am 11. Juni 1934 verstarb Paul Blüthenthals Ehefrau Else. Paul zog nun gemeinsam mit seiner Tochter Ines in die Westendstraße 106. Er heiratete Gertrud Weyrauch, geborene Geiss, die mit Michael einen Sohn mit in die Ehe brachte. 1938 wurde die gemeinsame Tochter Irene geboren. 1936 wurde Paul Blüthenthal mehrfach wegen „Beihilfe zum Devisenvergehen“ vernommen, in der Pogromnacht am 9. November 1938 entging Blüthenthal seiner Verhaftung nur dadurch, dass er seine Auswanderungspapiere vorlegen konnte. Unmittelbar danach floh er nach Zürich. Seine Frau Gerti und die Kinder reisten im Dezember nach Hamburg und gingen an Bord des Schiffs Patria, das die Familie nach Santiago de Chile brachte. Paul reiste von Zürich nach Cherbourg in Frankreich und wurde von dort mit einem kleinen Motorboot zur Patria gefahren. Auf offener See ging er an Bord und traf seine Familie wieder.
In Santiago de Chile fanden die Blüthenthals zunächst Unterkunft im Haus des Schwagers von Gerti, später richteten sie sich eine eigene kleine Wohnung ein. Paul Blüthenthal konnte in der neuen Heimat nicht in seinem erlernten Beruf als Anwalt arbeiten. Noch 1939 eröffnete er eine kleine Bandfabrik mit vier Webstühlen. Das Geld für die Investitionen lieh ihm sein Schwager. Doch die Geschäfte der Firma „Industria de Cintas y Tejidos Elasticos“, an der zwei weitere Geschäftsleute beteiligt waren, erlaubten der Familie nur ein äußerst bescheidenes Leben.
In der neuen Heimat interessierte sich Paul Blüthenthal weiterhin für Fußball. Er wurde Fan vom Club Deportivo Magallanes, der 1942 in Chile Vizemeister wurde. Am 23. Januar 1947 verunglückte Dr. Paul Blüthenthal bei einem Geschäftstermin tödlich, er stürzte eine Treppe herunter und erlag kurze Zeit später seinen schweren Verletzungen. Als die Eintracht zwei Jahre später ihren 50. Geburtstag feierte, erinnerten die Verantwortlichen in der Festschrift „50 Jahre Eintracht“ noch einmal an den einstigen Förderer: „In einem ganz anderen Stil ist Dr. Paul Blüthenthal unvergesslich geworden. Mit seinem klaren Verstand und seinem besänftigenden Wesen hat er dem Verein so manche Dienste geleistet, er war ein unermüdlicher Berater in der Stille.
Auch dem Bruder Ernst Blüthenthal gelang die Flucht in die USA, wo er sich fortan „Ernesto“ Paul Blüthenthal nannte. Vergebens bemühte er sich um die Auswanderung seiner Mutter Bertha, die mittlerweile nach Wiesbaden gezogen war. Der Vater war am 12. Februar 1934 gestorben. Als Bertha Blüthenthal die Deportationsverfügung für den 10. Juni 1942 zur „Evakuierung“ nach Majdanek oder Sobibor erhielt, nahm sie sich am 8. Juni 1942 das Leben.
Der Stolperstein wurde initiiert von Eintracht Frankfurt.
Dr. Paul Blüthenthal |
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Geburtsdatum: Flucht: |
23.8.1897 9.11.1938 Schweiz, Dezember 1938 Chile |