Neumann, Walter und Charlotte

Neumann, Walter und Charlotte

Stolperstein-Biographien in Sachsenhausen

Neumann, Walter und Charlotte

Walter Neumann, genannt der „Schlappe-Stinnes“, war seit Oktober 1925 Mitglied der Eintracht Frankfurt: Er wurde sowohl vom Verein als auch vom Süddeutschen Verband in den folgenden Jahren mehrfach für sein Engagement ausgezeichnet. In der Festschrift „50 Jahre Eintracht“ von 1949 wird rückblickend berichtet: „Der Mann, der die Eintracht führte, ohne auf dem Stuhl des Präsidenten zu sitzen, hieß Walter Neumann. Er besaß eine unbändige Lebenslust, aber sobald es um den Verein ging, wurde es bei ihm ernst.“ Walter Neumann war Mitinhaber der Firma J.C & A. Schneider und sorgte dafür, dass talentierte Fußballer einen Job bei der Firma bekamen und dafür bei der Eintracht kickten.

 

kennedyallee_89_neumann_walter
Neumann, Walter © Eintracht Frankfurt Museum, Foto: keine Angaben

 

Walter Neumann war verheiratet mit Charlotte Neumann, sie hatten zwei Kinder: Hans und Manon. Charlotte, genannt „Lotte“, widmete dem Verein sogar Gedichte, eines davon wurde in den Vereins-Nachrichten im Dezember 1932 veröffentlicht:

 

Hurra gewonnen gratuliere von Herzen

Hab vom Daumendrücken direkte Schmerzen

Jetzt weiter auf den Ersten voran

Es lebe die Eintracht – Lotte Neumann

 

Die Neumanns waren stets mit den Kindern bei der Eintracht. Die kleine Manon durfte am 9. Mai 1928 im Stadion sogar die Gäste von West Ham United vor dem Anpfiff mit einem Blumenstrauß begrüßen.

 

Bereits 1933 setzten die Nationalsozialisten Walter Neumann, der auch in der jüdischen Gemeinde aktiv war, unter Druck. Ende 1933 verkaufte er seine Anteile an der Firma Adler & Neumann, die von J. & C.A. Schneider übernommen wurden. Am 20. Februar 1934 wurde er von der Staatsanwaltschaft Frankfurt wegen eines „Devisenvergehens“ belangt, dann verhaftet und in das Gerichtsgefängnis verbracht. Zwar wurde er schon einen Tag später wieder entlassen, das dort Erlebte dürfte aber ein Grund dafür gewesen sein, dass er im Oktober 1935 mit seiner Familie nach Amsterdam flüchtete.

 

kennedyallee_89_neumann_adolf_julius
Adolf und Julius Neumann © Eintracht Frankfurt Museum , Foto: keine Angaben

 

Für sein festgestelltes Vermögen in Höhe von 136.011 RM musste Walter Neumann eine „Reichsfluchtsteuer“ in Höhe von 34.003 RM bezahlen. Da die Reichsfluchtsteuerstelle des Finanzamts Frankfurt bei einer Prüfung jedoch feststellte, dass die Teilhaber der Firma Schneider „höhere Gewinne als seither bekannt“ erwirtschafteten, wurde gegen Walter Neumann am 15. Mai 1937 ein „Sicherheitsbescheid“ verhängt. Eine Nachforderung in Höhe von 9.595 RM wurde am 20. September 1937 beglichen. Zu dieser Zeit ist die Familie bereits in Sicherheit.

 

Im Juni 1936 zogen die Neumanns von Amsterdam nach London, dort wohnten sie in der Regent-Street. Später zog die Familie nach Blackburn. Mit Wirkung vom 22. März 1938 entzog das Ministerium des Innern der Familie die deutsche Staatsbürgerschaft auf Grund des § 2 des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit. Im Antrag auf die Aberkennung der Reichsangehörigkeit der Familie Neumann schrieb die Gestapo am 19. Oktober 1937 an die Kollegen in Berlin: „Neumann hat durch sein volksschädliches Verhalten bewiesen, dass er nicht wert ist, die deutsche Reichsangehörigkeit zu besitzen.“

 

kennedyallee_89_neumann_julius
Neumann, Julius © Eintracht Frankfurt Museum , Foto: keine Angaben

 

In England nannten sich die Neumanns fortan „Newman“, aus Hans wurde „Jack“. Walter Newman gründete in Blackburn erneut eine Schuhfabrik, die bald eine der größten Schuhfabriken Großbritanniens wurde. Er war ein prominentes Mitglied der jüdischen Gemeinde und fand bei den Blackburn Rovers eine neue sportliche Heimat. Walter Neumann starb am 3. September 1948.

 

Nach dem Tod ihres Mannes besuchte Lotte im September 1949 ihre alte Heimat Frankfurt und sah auch ein Spiel der Eintracht, vermutlich das 2:2 gegen den 1. FC Nürnberg am 10. September 1949. Zum 50. Geburtstag der Eintracht schickten die Verantwortlichen der SGE 1949 eine Festschrift an Charlotte, wofür sie sich sehr ergriffen bedankte. Lotte Neumann starb 1959 in Blackburn.

 

Die von Walter Neumann in Blackburn gegründete Firma gibt es bis heute, sein Enkel leitet das Unternehmen, der wie sein Großvater ein großer Anhänger der Blackburn Rovers ist.

 

Die Stolpersteine wurden initiiert von Matthias Thoma, Leiter des Eintracht Frankfurt Museums.

Walter Neumann

Geburtsdatum:

Deportation:

13.12.1892

Flucht: 1936 England

Charlotte Neumann, geb. Auerbach

Geburtsdatum:

Deportation:

17.09.1897

Flucht: 1936 England

 

stolperst_kennedyallee_89_neumann_walter
Stolperstein Kennedyalle 89 Walter Neumann © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

stolperst_kennedyallee_89_neumann_charlotte
Stolperstein Kennedyallee 89 Charlotte Neumann © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

inhalte teilen