Häuslein, Otto

Häuslein, Otto

Stolperstein-Biographien in Sachsenhausen

Häuslein, Otto

Otto Häuslein war verheiratet und hatte zwei Söhne. Er arbeitete als Installateur und schloss sich 1926, schon als 15jähriger Lehrling, der gewerkschaftlichen Jugendbewegung an. Der damalige Jugendgruppenleiter Willi Weber schreibt in Erinnerung an ihn: „Er entwickelte einen sehr großen Bildungs- und Lerneifer. Seine ganze Liebe galt aber der Natur. Er kannte jede Blume, jeden Strauch.“ Er habe in der Gruppe den Spitznamen „das zarte Pflänzchen“ erhalten und habe besonders Bienen geliebt. Seine aus dem Gefängnis erhalten gebliebenen Briefe zeigen, dass seine Sorge neben der um seine Familie besonders seinen Bienenvölkern galt.

 

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Häuslein, Otto © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: keine Angaben

 

 

Laut Anklageschrift des Volksgerichtshofes war Häuslein um 1930 herum Jugendleiter des Kommunistischen Jugendverbands Deutschlands (KJVD) im Frankfurter Nordend; schon vor 1933 wurde er mehrfach festgenommen. Im Oktober 1933, nach Entlassung aus der Schutzhaft, musste er sich verpflichten, sich jeglicher staatsfeindlichen Handlung zu enthalten. Immerhin blieb er mit einigen Gesinnungsgenossen in Verbindung, las kommunistische Literatur, die er in einem besonderen Versteck verwahrte und informierte sich durch das Abhören ausländischer Sender.

 

1937 nahm er Verbindung zu Adam Leis auf, beide kannten sich aus der kommunistischen Arbeit, Leis war bereits mehrfach in Haft gewesen. Ab 1939 hielt Leis in Frankfurter Lokalen als Skatrunden getarnte politische Schulungstreffen ab. Zu den Mitspielern gehörten die später ebenfalls angeklagten Johann Mathes und Karl Rauleder. Leis war überzeugt, dass Deutschland den Krieg verlieren werde, dass Sowjetrussland am Ende eingreifen und die Weltrevolution durchführen werde.

 

Am Pfingstmontag 1941 traf Adam Leis in der Wohnung von Georg Rauleder mit Anton Breitinger zusammen, einem der führenden Köpfe der illegalen Gruppe im Umkreis des Postamtes 9. Zum Verhängnis wurde beiden Gruppen der Kontakt mit einem Mann, der in der Anklage als „der bisher nicht ermittelte ‚Albert’“ auftaucht, „der gleichfalls an den kommunistischen Erörterungen teilnahm.“ Albert musste nicht ermittelt werden, er arbeitete als Spitzel für das NS-Regime und war der Anklage selbstverständlich bekannt. Von einem Überlebenden dieser Verhaftungswelle, Walter Seiter, den die Anklage Häusleins „vertrauten Gesinnungsgenossen“ nennt, wissen wir den Namen dieses Verräters: Alfred Stolze. Er war vielen aus der hessischen KPD als früherer Bezirksleiter der Kommunistischen Jugend bekannt. Insofern hatte er wohl keine Schwierigkeiten Zugang zu illegalen Treffen zu finden. Nicht bekannt war seinen Genossen, dass er inzwischen für die Gegenseite arbeitete. Walter Seiter: „...ich weiß, dass er überall war... Auch in Stuttgart hat es wegen dieses Schurken Todesurteile gegeben“.

 

Vielleicht waren aber auch noch andere Spitzel auf die Gruppe angesetzt. Die Anklage erwähnt mehrfach, dass an den Treffen eine Person teilgenommen habe, die angeblich Verbindungen zum ZK (Zentralkomitee der KPD) hatte. Leis und Breitinger kamen bei ihrem Treffen überein, diese Person zu überprüfen. Kurz danach erfolgten die ersten Verhaftungen.

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Bekanntmachung © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: keine Angaben

 

Häuslein wurde angeklagt, „von 1934 bis 1941...fortgesetzt gemeinschaftlich mit anderen das hochverräterische Unternehmen, mit Gewalt die Verfassung des Reiches zu ändern, vorbereitet zu haben...wobei die Tat auf Beeinflussung der Massen durch die Verbreitung von Schriften...... gerichtet war...“ „Nicht der Schaden, den die Tat des einzelnen Angeklagten angerichtet hat, ist entscheidend, sondern der Erfolg, den ...die Angeklagten zielbewusst erstrebt haben.“ Unter der Anklage „Vorbereitung zum Hochverrat“ wurde Otto Häuslein zum Tode verurteilt.

 

In seinem letzten Brief aus der Haft vom 1. Juli 1942 schreibt er an seine Familie, kurz zuvor hatte er ein Gnadengesuch eingereicht: „Liebe Hedi, ich habe immer noch die Hoffnung und den starken Glauben, dass man mir mein Leben zurückschenkt“. Sein Gnadengesuch wurde abgewiesen, wenige Stunden später starb er unter dem Fallbeil in Preungesheim. Mit ihm starben seine sechs Mitangeklagten. Die Leichen der Hingerichteten wurden der Anatomie in Gießen übergeben.

 

Anita Leis, die Witwe von Adam Leis, stellte im Februar 1958 Strafanzeige gegen den NS - Oberreichsanwalt Dr. Bruchhaus, der 1941 die Todesurteile gefordert hatte. Im Juli 1958 teilte ihr Oberstaatsanwalt Dr. Reuter mit, das Verfahren gegen Bruchhaus sei eingestellt worden.

 

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Häuslein, Otto 2 © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: keine Angaben

 

Otto Häuslein, letzter Brief aus dem Gefängnis in Ffm-Preungesheim Ffm., 1. Juli 1942

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Otto Häuslein letzter Brief © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: keine Angaben

 

Liebste Hedi, lieber Otto und Alwin !

 

Recht viele und innigste Grüße von eurem tief unglücklichen Vater. Habe gestern deinen lieben Brief erhalten.

Liebe Hedi, ich kann es noch weniger fassen als du, daß es aus sein soll und wir uns nie wieder sehen sollen. Nein liebe Mutti lasse den Kopf nicht hängen, schaue auf zu den Sternen und bitte die höchste Allmacht des Leben(s), daß der dünne Faden an dem mein Leben hängt nicht durchschnitten wird. Bitte innigst, daß mir die letzte Gnade zuteil kommt.

Habe gestern mein Gnadengesuch geschrieben und an den Hohen Volksgerichtshof eingereicht.

Liebe Hedi ich habe immer noch die Hoffnung und den starken Glauben, dass man mir mein Leben zurückschenkt. Trage deswegen geduldig dein und mein Leid noch die nächsten Wochen, bis der glückliche Tag für uns kommt wo man mir oder bzw. ich dir die Mitteilung des Gnadenerlasses geben kann.

Liebe Hedi warst du schon bei meiner Mutter? Wenn nicht gehe hin seih ihr eine starke Stütze in den schweren Tagen des tiefen Kummers um ihren Sohn, tröste sie, helfe ihr damit sie es mit ihrem schwachen Herze gut übersteht.

 

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Otto Häuslein letzter Brief 2 © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, Foto: keine Angaben

 

Wenn du die Bienen weiter halten willst, so musst du darauf sehen, das Ende Juli August die Völker nocheinmal tüchtig in Brut gehen damit du recht starke Völker für den Winter u. recht viele Jungbienen für das nächste Frühjahr hast. Also d.h. in kleinen Gaben öfters Reizfüttern. Vor allem aber vor der Einwinterung darauf achten das die Völker Weiselrichtig sind, also jedes Volk eine gute Mutter (Königin) hat. Nämlich den Erfolg für das nächste Jahr legst du bei der Bienenzucht jetzt im Spätsommer, indem du für gute, starke Völker sorgst u. in einer guten Ein- und Überwinterung. Also wenn du dieses Jahr kein großen Erfolg hast so liegt der Fehler nur daran; also lerne daraus und du wirst nächstes Jahr mehr Glück haben. Dann schütze das Wachs vor den Wachsmotten. Also viel Glück, Segen und Freude bei meinen lieben Bienen.

Wie war der Erfolg in Eschersheim auf dem Bienenstand in diesem Jahr, wie geht es dem Alwin und seiner Frau recht viele Grüße von mir richt ihnen aus.

Ja liebe Hedi was habe ich mir alles für schöne Pläne ausgedacht und durchdacht in dem Jahre meiner Untersuchungshaft. Über meine Bienenzucht über einen großen Garten mit einem großen Edelobstanbau. Wie möchte ich gerne Arbeiten, Schuften von früh bis spät nur für dich und die Kinder um all das Leid was ihr durch mich ertragen mußtet wieder gut zu machen u. euch wieder glücklich zu machen.

Liebe Hedi für mich gibt es in Zukunft nur noch ein Ziel und ein Gedanke alle meine Arbeit meine Kraft und mein Streben soll dem Wohle meiner Familie und unseres Nationalsozialistischen Volksstaate dienen.

Es grüßt und küsst dich

und meine 2 goldigen Jungens

innigst dein Otto euer Vater.

 

Quellen:

Die junge Garde. Arbeiterjugendbewegung in Frankfurt am Main 1904-1945, Frankfurt 1980

Interview von Susanna Keval mit Walter Seiter, Tonbandabschrift.

Archiv Studienkreis Deutscher Widerstand, Frankfurt

Briefe aus der Haft von Otto Häuslein, 1941/1942, Archiv Studienkreis

Deutscher Widerstand, Frankfurt

Anklage und Urteil des Volksgerichtshofs, 1941/1942, Hessisches

Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, 9J 14/42g und 214 35/42

Otto Oskar Hermann Häuslein

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

03.01.1911

Verhaftung: 1941 "Hochverrat"

17.09.1942 (Hinrichtung)

 

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Stolperstein Bindingstraße 9 Oskar Reinhold Häuslein © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main


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