Wehrle, Herrmann Joseph

Wehrle, Herrmann Joseph

Stolperstein-Biographien in Höchst

Wehrle, Herrmann Joseph

Herrmann Joseph Wehrle wurde in Nürnberg geboren. Er wuchs in einer gläubigen katholischen Familie auf. Taufe und Kommunion empfing er in der Kirche St. Josef in Frankfurt-Höchst. 1917 bestand er das Notabitur in der 12. Klasse am damaligen humanistischen Gymnasium, der heutigen Leibnizschule. Vom 1. September 1917 bis Mitte Oktober 1917 war er beim „Vaterländischen Hilfsdienst" eingezogen.

 

Im Priesterseminar in Fulda legte er 1921/22 das Examen Philosophicum ab, musste jedoch sein Theologiestudium aufgeben, offiziell wegen angeschlagener Gesundheit. Ab Wintersemester 1922 belegte er an der Frankfurter Universität die Fächer katholische Weltanschauung, Philosophie, Soziologie, Sozialwissenschaften und Geschichte. 1928 erhielt er von der preußischen Staatsregierung ein Stipendium zur Teilnahme am 1. Internationalen Hochschulkurs in Davos (Schweiz). 1928 wurde er zum Doktor der Philosophie promoviert. Anschließend war er als Journalist und freier Referent für verschieden Studienhäuser und Kolpingfamilien tätig. 1931 wurde er Landessekretär des römisch-katholischen Hilfs- und Informationswerks Catholica Uno.

 

Seine Möglichkeit zu publizieren fand 1933 ein jähes Ende, da er sich weigerte, in die Reichsschrifttumskammer einzutreten. In der Folgezeit hielt er Vorträge in der Una-Sancta-Bewegung, war in der Frankfurter Stadtbibliothek für kirchengeschichtliche Arbeiten und als Nachhilfelehrer tätig. 1936 ging er ins Kloster. Seine Stationen waren das Benediktinerkloster Ettal in Oberbayern, das Canisiuskonvikt in Ingolstadt und das Benediktinerkloster Scheuern in Oberbayern. Anschließend war er als Erzieher am Schülerheim der städtischen Oberschule Marktbereit in Unterfranken tätig. Vermutlich wegen seiner Ablehnung der Nationalsozialisten und seiner religiösen Haltung, mit seinen Schülern den Sonntagsgottesdienst zu besuchen, wurde sein Aushilfsvertrag 1940 nicht mehr verlängert. Semester 1940 setzte er seine Studien, die ihn zum Priestertum führen sollten, in St. Ottilien fort. Die theologische Fakultät an der Münchner Josef-Maximilians-Universität war bereits seit 1939 geschlossen. Es fehlte noch eine Prüfung, da das Kloster durch einen Beschluss des Reichssicherheitshauptamtes Berlin enteignet wurde und die Mönche und Studenten das Kloster verlassen mussten. Am 7. April 1941 schreibt er ein Gesuch an den Münchner Erzbischof München Freising, Kardinal Michael von Faulhaber, um Aufnahme in die Diözese. Endlich kann er ins Priesterseminar einziehen, empfängt am 7. September die Diakonenweihe und am 6. April 1942 die Priesterweihe. Die Primiz feiert er am 7. April in der eigens wegen seiner Krankheiten — Herzanfälle und Magengeschwüren - geheizten Gruft des Freisinger Domes und die Nachprimiz am letzten Sonntag im Mai in St. Elisabeth in Frankfurt am Main.

 

Seine erste Stelle trat er 1942 in St. Elisabeth in Planegg bei München an. Zum 01.12.1942 wird er in die Pfarrei Heilig Blut nach München-Bogenhausen versetzt. Hier begegnete ihm auch Alfred Delp, der am 02.02.1945 in Berlin-Plötzensee hingerichtet werden sollte. Daneben hatte er Kontakt mit seinem Cousin Rupert Mayer.

 

Ein Seelsorgegespräch mit Ludwig Freiherr von Lenrod am 13. Dezember 1943 in seiner Wohnung, das unter dem Siegel der Verschwiegenheit geführt wurde, sollte für beide ungeahnte Folgen haben. Lenrod hatte seinen Beichtvater Wehrle gefragt, ob die Kenntnis vom geplanten Putsch gegen eine führende Persönlichkeit eines Staates mit den Grundsätzen der Religion in Einklang zu bringen sei. Stauffenberg hatte Lenrod im Spätherbst des Jahres 1943 darüber informiert, ein Attentat gegen Hitler zu planen. Lenrod sollte nach dem Gelingen als Offizier Teil der geplanten Militärdiktatur werden, die den Krieg beenden wollte und Friedensverhandlungen aufnehmen wollte.

 

Wehrle rät Lenrod von weiterer Beteiligung abzusehen. Dieser wird nach dem Attentat auf Hitler als direkter Mitwisser am 21. Juli verhaftet. Unter Prügel, Schlaf-und Essensentzug, Drogengabe und Psychoterror gab er Einzelheiten preis, unter anderem über das Seelsorgegespräch. Schnell wurde Wehrle als der angegebene Beichtvater identifiziert, am 18. August 1944 verhaftet und nach Berlin überführt, um im Prozeß gegen Lenrod als Zeuge vor dem Volksgerichtshof auszusagen. Lenrod wird am 21. August 1944 verurteilt und mit dem Tod durch Erhängen belegt.

 

Nun wird auch Wehrle vor dem Volksgerichtshof angeklagt. Bei der „Verhandlung" am 14. September 1944 bleibt er bei seiner Aussage gesagt zu haben, dass ein aktives Attentat nach Auffassung der Kirche verboten sei. Wehrle hat keine Chance mehr sich zu verteidigen. Sein Pflichtverteidiger tut das auch nicht, suggeriert sogar ein Fehlverhalten Wehries, der den möglichen Tyrannenmord hätte anzeigen müssen. Das Urteil lautete Tod durch den Strang wegen Hoch-und Landesverrat. Auf Anweisung Himmlers wurde den Verwandten weder eine Todesinformation überstellt noch der Leichnam zur Bestattung freigegeben; der Leichnam Wehries wurde eingeäschert und die Asche in die Felder gestreut. Zwei Wochen danach erhält die Schwester Gertrud Wehries persönliche Dinge und seinen Abschiedsbrief: „Ich bin eben zum Tode verurteilt. Welch schöner Tag — heute Kreuzerhöhung."

 

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Wehrle, Hermann Joseph © www.nordostkultur-muenchen.de, Foto: keine Angaben

Herrmann Joseph Wehrle 

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

26.07.1899

Verhaftet 1944

14.09.1944 Berlin-Plötzensee

Quelle

Literatur:

Franz J. Morschhäuser: Hermann Joseph Wehrle (1899-1944); Zeuge des Glaubens in bedrängter Zeit. St. Ottilien 2002.

Maria Vogel: Dr. Hermann Josef Wehrle. Ein Frankfurter Widerstandskämpfer. Frankfurt 1993.

Benedicta Maria Kempner: Priester vor Hitlers Tribunalen. 1963

 

Stolperstein Wehrle Josef Herrmann
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