Mannheimer, Meta und David

Mannheimer, Meta und David

Stolperstein-Biographien in Höchst

Mannheimer, Meta und David

David Mannheimer, geb. in Okriftel, zog am 5.8.1914 von Flörsheim nach Höchst in die Albanusstr. 36. Er nahm am 1. Weltkrieg teil und wurde ausgezeichnet. Verheiratet war er mit Minna geb. Dahlberg, die jedoch bereits 1929 nach „langem, schwerem Leiden“, wie es in „Der Israelit“ hieß, verstarb. Sie wurde auf dem jüdischen Friedhof in Bad Soden beerdigt; eine Grabstelle für David Mannheimer war ebenfalls reserviert.

 

Am 15.1.1931 heiratete David Mannheimer zum zweiten Mal: Rosalie, geb. am 3.12.1888 in Weiersheim. Am 28.12.1931 zog sie allein nach Aachen.

 

David Mannheimer war Kaufmann und führte, nach dem Adressbuch von 1927, die Firma Mannheimer und Co., Inh. J. Zechermann, Manufaktur-, Kurz-, Weiß- und Wollwaren, Sportwesten, Braut und Babyausstattung, in der heutigen Albanusstraße 16, außerdem einen Stoff- bzw. Modegeschäft in der Dalbergstraße.

 

In der Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum der freiwilligen Feuerwehr erscheint eine Anzeige von Mannheimer und Co. Bereits in der Wirtschaftskrise scheinen die Geschäfte zurückzugehen. In einer Anzeige des Höchster Kreisblattes von 1929 werden Räumungsverkäufe und Aufgabe verschiedener Abteilungen annonciert.

1934 scheint David Mannheimer nur noch ein Etagengeschäft in der Albanusstraße 36 zu führen, das im Boykotthandbuch der SA1934 aufgeführt ist.

 

Die Mannheimers hatten fünf Kinder: Leo, Erich, Arthur, Emil und Hanna. Hanna starb bereits als junge Frau. Von Erich ist bekannt, dass er 1919 mit sehr gutem Erfolg die Realschule abgeschlossen hat; „toller Schüler mit vielen Einsen in Hauptfächern“ und anschließend die Oberrealschule besuchte. Erich zog am 10.9.36 in die Unterlindau 57, konnte Ende 1938 nach Shanghai auswandern und kam von dort nach Ende des Krieges nach Israel. Auch Arthur gelang die Flucht nach Italien und später in die USA. Emil konnte ebenfalls emigrieren und lebte als Lehrer in Israel.

 

Leo Mannheimer kam 1931 nach Höchst und wohnte ebenfalls in der Albanusstraße 36. Er hatte am 12.8.1926 Meta, geb. Dahlberg, aus Kleestadt bei Dieburg geheiratet. Leo Mannheimer war aktives Mitglied der SPD und flüchtete am 25.7.1938 nach Paris; seine Frau wohnte bis 13.5.39 in der Albanusstr. 36. Aus Paris versuchte er, seine Frau ebenfalls nach Frankreich zu holen. Seine Verwandte, Ilse Dahlberg, berichtete, dass er nach Frankreich einreisen konnte, weil er früher mal in der Fremdenlegion war. Er soll sich dem Widerstand angeschlossen haben und schwer verwundet worden sein. Aus den Entschädigungsakten geht hervor, dass er in Frankreich verhaftet wurde und von März 1942 bis Mai 1943 im Internierungslager in Gurs inhaftiert wurde. Weitere Lageraufenthalte folgten. Zuletzt musste er in Muret Zwangsarbeit leisten, überlebte aber dort die Nazizeit; 1948 ging er in die USA.

 

Die Höchsterin Anni Burggraf (Jg. 1929), geborene Heß, wohnte im Nachbarhaus und erinnerte sich an Meta Mannheimer; sie habe sie öfters als Kind zum Laubhüttenfest eingeladen, dass im Hof stattfand. Sie erinnert sich auch an Mazze, die sie bekommen hat. Zur Kommunion 1933 schenkten ihr die Mannheimers das beliebte Kinderbuch „Nesthäkchen“. David Mannheimer sprach mit ihrem Vater nach 1933 über die politische Lage. Mannheimer sagte, dass er als Deutscher, der im 1. Weltkrieg ausgezeichnet wurde, doch nichts zu befürchten habe. Burggrafs Familie gehörte dem katholischen „Zentrum“ an und hatte ebenfalls unter den Nazis zu leiden. Für sie war es selbstverständlich, die Familie Mannheimer auch nach 1933 weiterhin zu grüßen. Anni Burggraf erzählte, dass für jüdische Geschäftsinhaber die Lage immer schwieriger wurde. Mannheimer kam in die Wohnung, und die Familie Heß kauft Nähgarn, Hosen und Seife. „So viel Seife, dass sie bis nach 1945 gereicht hat“. Da Anni Heß sich weigerte zum BDM zu gehen, durfte sie nicht das Gymnasium besuchen. Ihr Berufswunsch, Lehrerin zu werden, scheiterte deswegen. Nach ihrer Erinnerung gehörte das Haus Nr. 36 den Familien Zechermann und Mannheimer.

 

Eine möglicherweise beabsichtigte Emigration von David und Meta Mannheimer nach Palästina gelang nicht. Im Mai 1939 zog Meta Mannheimer aus Höchst weg. Im August 1940 wohnt sie in der Schwanenstraße 13/II. Dort lebte sie von der Unterstützung durch die Jüdische Wohlfahrtspflege und arbeitete in der Hansa-Großwäscherei für einen Stundenlohn von 40 Pfennig.

 

Am 5. November 1938 zog David Mannheimer in die Arndtstr. 3. 1939 muss er sein Haus an Rudolf Reith und seine Frau Antonie für knapp 21.000 RM „verkaufen“. Der Erlös kam auf ein „Sicherungskonto“, über das er nicht verfügen darf. Er erhielt von diesem Konto 1939 monatlich 300.- RM. Ein weiterer Umzug erfolgte in die Rechneigrabenstr. 18-20; hier befand sich das Jüdische Altersheim. Im Juli 1940 hat er kein Vermögen mehr; er lebte, wie er an die Oberfinanzdirektion schrieb: „…auf Kosten der Jüdischen Kultusvereinigung“.

 

Während Davis Mannheimer nach Theresienstadt deportiert wurde, wurde Meta Mannheimer in die Region Lublin verschleppt und dort ermordet. In der Devisenakte gibt es eine Aktennotiz vom 11.6.1942 „In Repiswater auf Karteikarte vermerken: ‚evakuiert`“

 

Ilse Dahlberg lebt in einem Altersheim in Chile. Ein Bekannter von ihr schrieb an Waltraud Beck nach Höchst: „Frau Dahlberg ist Ihnen und der großzügigen Spenderin der Stolpersteine sehr dankbar. Wir unterhielten uns länger über ihre so nahen Verwandten, die dem Nazismus zum Opfer fielen, und sie sagte mir, dass es doch sehr anzuerkennen sei, dass es immer wieder Menschen gäbe, die sich bemühten, die großen Verbrechen, die an unseren Lieben verübt wurden, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Frau Dahlberg wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Frau Anni Burggraf, geb. Heß, ihren Dank übermitteln.“ Am 12. Oktober schrieb er: „Ich habe die angehefteten Lebensbeschreibung von Herrn und Frau Mannheimer ausgedruckt und Frau Dalberg (jetzt 102 Jahre alt) gegeben. Sie war sehr beeindruckt über die Vielfältigkeit der Beschreibung und ist dankbar, dass ihren Verwandten so würdig gedacht wird. In Frau Dalbergs Namen, und auch im Eigenen, danke ich Ihnen für die wertvolle Arbeit, die Sie seit Jahren leisten und wünsche Ihnen, und allen anderen, die an der Stolpersteinverlegung teil nehmen, für den 19. Oktober alles erdenklich Gute.“

David Mannheimer

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

31.07.1870

18.08.1942 nach Theresienstadt

10.09.1942

Meta Mannheimer, geb. Dahlberg

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

21.10.1900

Mai/Juni 1942 in die Region Lublin

unbekannt

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Stolperstein Albanusstraße 36 Meta Mannheimer © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main
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Stolperstein Albanusstraße 36 David Mannheimer © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

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