Marx, Hermann

Marx, Hermann

Stolperstein-Biographien in Höchst

Marx, Hermann

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Hermann und Martha Marx mit ihren Kindern Ruth und Hans © Projekt "Juden in Höchst", Foto: keine Angaben

 

Hermann Marx wurde in Battenberg im Kreis Biedenkopf geboren. 1922 heiratete er Martha Würzburger, geb. am 2.6.1897 in Frankfurt am Main. Er war Kaufmann und betrieb mit seiner Frau Herrenbekleidungsgeschäfte; zuletzt in der Bolongarostraße 167. Von der Königsteiner Straße 28 zogen sie 1935 in die Zuckschwerdtstraße 16. Das Paar hatte zwei in Höchst geborene Kinder: Ruth, geboren 1924 und Hans, dessen Geburt 1929 im Höchster Kreisblatt angezeigt wird: „Die glückliche Geburt eines kräftigen Jungen zeigen an Hermann Marx und Frau Martha geb. Würzburger". Um die Kinder kümmerte sich ein christliches Kindermädchen, Anna Scherer, die die Tochter Ruth als sehr warmherzig schilderte.

 

Die Familie Marx engagierte sich in Höchster Vereinen. Die Tochter Ruth erinnerte sich noch, dass ihr Vater 1933 aus dem Kegelverein ausgeschlossen wurde. Die Kinder besuchten den katholischen Kindergarten und anschließend die Oberfeldschule, die heutige Robert-Blum-Schule. Ruth war im Chor der jüdischen Gemeinde und bei den jüdischen Pfadfindern, die Ilse Gerson leitete.

 

Der Boykott von Geschäften mit jüdischen Inhabern 1933, bei dem SA-Leute vor den Geschäften standen und der Eintrag im Boykottbuch 1934, führte in den kommenden Jahren zu einem starken Umsatzrückgang. Ruth erinnerte sich an Schmierereien auf den Scheiben und dem Bürgersteig, die die Eltern fast jeden Morgen entfernen mussten. Einige wenige treue Kunden seien durch den Hintereingang gekommen, oder wurden zu Hause bedient. Später musste das Geschäft aufgegeben werden; 1938 war als Inhaber Chr. Wiehler eingetra¬gen. Martha Marx arbeitete nach der Geschäftsaufgabe in Frankfurt beim Sozialdienst einer jüdischen Orga¬nisation. Tochter Ruth wechselte 1937/38 zur jüdischen Schule, dem Philanthropin in Frankfurt.Eigentlich wollte sie Laborantin werden, konnte aber nur eine Lehrstelle als Näherin in einer jüdischen Firma in Frankfurt finden, die später zwangsweise schließen musste. Danach arbeitete sie im jüdischen Altersheim in der Wöhlerstraße.

 

Seit 1936 befasste sich die Familie mit Auswanderungs¬plänen. Sie wollten in die USA, aber die Einwande-rungsquote war zu niedrig und für die Emigration in andere Länder fehlte ihnen das Geld. Am Morgen des 10.11.1938 brannte die Höchster Synagoge. Der damals neunjährige Hans, der mit seinem Vater zu Hause war, erinnerte sich, dass es an diesem Tag klingelte und ein Polizist zu seinem Vater sagte: „Sie sind verhaftet". Nach der Erinnerung des kleinen Jungen, habe sich der Polizist „sehr anständig" verhalten und dem Vater geraten, „etwas Warmes" einzupacken. Die Tochter Ruth war am 10. November in Frankfurt, als sie einen Anruf bekam, ins Höchster Polizeipräsidium zu kommen, um dem Vater Lebensmittel zu bringen. Hermann Marx war verhaftet, später in die Festhalle und von dort nach Buchenwald verschleppt worden. Er litt unter Herzbe-schwerden, durfte aber keine Medikamente mitnehmen.

 

Seine Nichte Irmgard, die auch ihrem Vater noch Wäsche und Verpflegung aufs Polizeirevier brachte, wusste, dass man ihm sagte: „Wo Du hingehst, brauchst Du keine Pillen mehr". Sie schilderte, dass der Onkel misshandelt wurde und in Buchenwald einen Herzinfarkt bekam. Schwerkrank und kahlgeschoren kam er nach etwa vier Wochen zurück. Er sei wegen seiner Kriegsauszeichnung im 1. Weltkrieg entlassen worden. Hermann Marx war nicht mehr arbeitsfähig und ließ sich anschließend von Dr. Kahn behandeln. Er starb an einem weiteren Infarkt infolge der KZ-Haft und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Frankfurt beerdigt.

 

Die Familie war im März 1939 in die Kantstraße 5 in Frankfurt-Bornheim gezogen. In Frankfurt lebten inzwischen auch die Großeltern aus Marxheim; Sie wollten ebenfalls emigrieren, scheiterten aber an der Quote. Später wurden die beiden alten Menschen nach Theresienstadt deportiert und kamen dort ums Leben. Beide Kinder erinnerten sich, dass das ehemalige Kindermädchen, Anna Scherer, und eine befreundete Familie Jäger die Familie noch in Frankfurt mit Lebensmitteln versorgt hat.Martha Marx suchte weiterhin verzweifelt nach einem Aufnahmeland. Um wenigstens Hans und Ruth in Sicherheit zu bringen, schickte sie sie im März 1940 mit einem Transport der Quäker über Italien in die USA. Glücklicherweise bekam Martha Marx im Juni 1941 noch ein Visum. „Sie musste ihre Eltern zurücklassen, die kein Visum bekamen. Ein Flugkapitän hatte sie mitgenommen, weil meine Mutter blond und blauäugig war und nicht jüdisch aussah", berichtet Hans Marx. Über Madrid, Sevilla und Portugal kam sie dann mit einem Frachtdampfer in die USA. Eine Tante in Cleveland hatte die 800,-$ Passage nach New York bezahlt, Martha Marx bezahlte das Geld in 5$ Raten zurück.

 

Aus den Akten geht hervor, dass Martha Marx für den Tod ihres Mannes keine Entschädigung erhielt. Im medizinischen Gutachten steht die Begründung, dass es nach gutachterlichem Erfahrungswissen nicht wahrscheinlich sei, „dass ein derartiger Körperscha¬den durch einen knapp vierwöchigen Lageraufenthalt ausgelöst sein könnte." Für „Berufsschaden" erhielt sie daher nur lediglich 535,60 DM.

Hermann Marx

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

20.06.1890

10.11.1939 nach Buchenwald

11.01.1940

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Stolperstein Zuckschwerdtstraße 16 Hermann Marx © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main


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