Villa Meister
Ein Herrschaftssitz am Ufer des Mains
Die Villa Meister, errichtet als Villa Lindenhaus, ist ein denkmalgeschütztes Anwesen auf einer Anhöhe am Main in Frankfurt-Sindlingen.
1740 errichteten die aus Italien eingewanderten Brüder Andreas und Franz Vacano (auch Vacani oder Vaccani) aus Augsburg eine Gold- und Silberbortenfabrik in Sindlingen, die nur bis 1744 bestand. Der aus Oberitalien eingewanderte Seidenhändler Karl Franz Allesina (um 1704–1765) erwarb 1760 für 11.200 Gulden dieses Sindlinger Hofgut. Allesina ließ auf einer „aufgemauerten Terrasse am Mainufer ein Herrenhaus an einer Lindenallee, heute Allesinastraße 1, sowie zwei Hofreiten, 16 Morgen Weinberge, ferner Äcker und Wiesen, insgesamt etwa 156 Morgen“ bauen.
Anlässlich der goldenen Hochzeit von Johannes Maria Allesina (* 1692) und seiner Frau Franziska Clara (1705–1778), geborene Brentano, übernachtete der junge Johann Wolfgang von Goethe am 30. Mai 1774 nach dem Fest im Herrenhaus. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wechselte der Besitz, der mittlerweile nach Verheiratung mit dem Namen Allesina-Schweitzer verbunden war, häufig seine Eigentümer, die die Namen von Bessabrassoff, Mende, von Harder, Schäfer und Jeschek hießen.
Architekt Franz von Hoven
1902 erwarb Herbert von Meister (1866–1919), der Sohn des Gründers der Hoechst AG, das Gelände auf dem das Herrenhaus der Familie Allesina-Schweitzer stand.
Von 1903 bis 1904 ließ er nach den Plänen von Franz von Hoven (1842–1924) eine schlossähnliche Anlage im Stil des Neobarock errichten.
Das Anwesen bestand nun aus einer Villa "Lindenbaum“ mit mauerumfriedeter Park, Orangerie, Stallungen, Kutscher- und Gärtnerhaus sowie Reitbahn.
Die Umgestaltung des Parks war 1913 von den Gebrüdern Ferdinand und Philipp Siesmayer geplant und durchgeführt worden. Die durch ein Tor vom Park getrennten Stallungen boten Platz für sechs Fahr- und zwei Reitpferde. Daneben wurden auch zwei Garagen für das aufkommende Fortbewegungsmittel Auto gebaut.
Neuzeit
Nach dem Tod von Herbert von Meister im Jahr 1919 lebten dessen Witwe Else († 1967) mit ihren drei Töchtern und bis zum Zweiten Weltkrieg zuletzt mit ihrer Jüngsten Tochter Elisabeth (†1986) allein in der Villa. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Anwesen von der amerikanischen Militärverwaltung beschlagnahmt. 1945 mussten Else von Meister und ihre Tochter Elisabeth in das Kutscherhaus umziehen, in dem sie auch nach Rückgabe des Anwesens im Jahr 1953 bis zu ihrem Tode wohnen blieben.
Elisabeth von Meister betrieb schon während des Zweiten Weltkrieges zur Versorgung der Sindlinger Bevölkerung auf einem Teil des Parks eine gewerbliche Gärtnerei. Zusammen mit ihren Angestellten setze sie den Betrieb auch nach dem Krieg fort und handelte mit Blumen und Topfpflanzen, Obst und Gemüse aus eigener Produktion für die Sindlinger Bevölkerung und Nachbargemeinden.
Nach dem Tod von Elisabeth von Meister 1986 wurde das Anwesen von der Erbengemeinschaft verwaltet. In der Villa befand sich bis 1980 der Sitz des 1950 gegründeten Instituts für Angewandte Geodäsie. Ab 1982 fungierte sie als Rehabilitationsklinik, zuletzt bis 2021 als „Villa unter den Linden“, eine Einrichtung der Suchthilfe unter der Regie der Ordenswerke des Deutschen Ordens. Kutscherhaus und Stallungen wurden bis 2020 vom Reiterverein Sindlingen genutzt, der inzwischen auf den Reitstall Sonnenhof im benachbarten Okriftel umgezogen ist.
Seit 2020 ist das Anwesen im Eigentum der CAIROS-Gruppe in Frankfurt-Westend verkauft. Diese will Villa und Park sanieren und auf dem Gelände der ehemaligen gewerblichen Gärtnerei von Elisabeth von Meister mit Wohnungen bebauen.
Stadtteil
Sindlingen