Begemann, August

Begemann, August

Stolperstein-Biographien im Gallus

Begemann, August

Konrad August Adolph Karl Begemann wurde in Waddenhausen, heute Lage in Lippe, geboren und am 10. Februar 1895 evangelisch-reformiert getauft. Seine Eltern waren der Schmied Friedrich August Begemann (20.3.1873-3.8.1941 und Emilie Friedrike Amalia Kespohl (8.12.1863-21.12.1899). Er hatte zehn oder elf Geschwister aus drei Ehen seines Vaters: Auguste, Adolf, Hermann, Karl, Frida, aus der 3. Ehe mit Karoline Wilhelmine „Minna“ Amalie Hünefeld (9.5.1889-30.9.1960) die Geschwister Helmuth und Ernst.

 

August Begemann heiratete 1918 in Holzhausen-Schötmar im Landkreis Lemgo Lina Justine Dorothea Kleemann (geb. am 10.10.1893 in Holzhausen). Die Ehe blieb kinderlos und wurde am 1928 in Frankfurt geschieden. Am 3. Februar 1932 heiratete August Begemann in Frankfurt Christine Gertrud Emilie Hoffmann aus Meiderich bei Duisburg. Sie hatten fünf Kinder: Hermann August (Jg.1926), Albert „Appiz“ Heinrich (Jg.1928), August „Bubi“ Heinrich (Jg. 1930), Anna Liesabeth „Anneliese“ Margareth (Jg.1932) und Bernhard Wilhelm (Jg. 1934), hinzu kam der am 30. August 1928 in Frankfurt geborene uneheliche Sohn Günter August Helmut Ruppel.

 

August Begemann war Ziegler, Bauarbeiter und Postaushelfer am Postamt 9 im Hauptbahnhof. Im ersten Weltkrieg war er an der Front in Frankreich eingesetzt und soll sich dort mit Syphilis infiziert haben. Er wohnte nach der zweiten Heirat in der Hafenstrasse 42, später in der Mainzer Landstraße 121.

 

Konrad August Adolph Karl Begemann war zuletzt Rentner. 1938 wirkte er am Bau des „Westwalls“ südwestlich von Pirmasens mit. Nach eigenen Angaben war er seit 1936 Mitglied der NSDAP und ehrenamtlich für die NS-Volkswohlfahrt tätig, außerdem soll er ein sozialpolitisch engagierter Gewerkschafter gewesen sein. Am 20. Dezember 1938 wurde Begemann durch die Polizei Frankfurt festgenommen, weil er sich gegenüber einem Postbeamten als Beamter der Gestapo ausgegeben haben sollte. Er wurde in das Polizeigefängnis Frankfurt verbracht. Vom Amtsgericht wurde seine Entlassung verfügt. Am 14.Januar 1939 wurde er vom Amtsgericht Dahn bei Pirmasens wegen Diebstahls von drei Zeltbahnen, zwei Bettbezügen, einer wollenen Decke und zwei Sack Kartoffeln verurteilt. Im März 1939 hatte Begemann sich an die NS-Beratungsstelle der NSDAP, Ortsgruppe Bahnhof Frankfurt am Main, gewandt und den ihm vom Amtsgericht Dahn zur Last gelegten Diebstahl zu erklären versucht.

 

Am 24. Dezember 1938 wurde er von der Polizei in die Nervenklinik der Universität Frankfurt wegen Verdacht auf progressive Paralyse eingewiesen. Am 6. Januar 1939 folgte eine zusätzliche Untersuchung in der Medizinischen Universitätspoliklinik Sachsenhausen. Am 9. Januar 1939 wurde die Universitätsklinik von der Staatsanwaltschaft um ein Gutachten über den Geisteszustand von August Begemann gebeten. Der Befund lautete: „Die jetzige Untersuchung ergibt einwandfrei, dass B. an einer fortgeschrittenen luetischen Erkrankung [Syphilis] des ZNS leidet, die zu schweren geistigen Veränderungen geführt hat und die serologisch einwandfrei nachzuweisen ist. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Tabo-Paralyse. […] Was die strafrechtliche Verantwortlichkeit angeht, so ist B. der Schutz des § 51/1 [Schuldunfähigkeit] in vollem Umfang anzuerkennen.“ Über die Notwendigkeit einer Heimunterbringung könne erst nach Abschluss der Behandlung befunden werden.

 

Am 31.März 1939 heißt es: „In der Strafsache gegen den Postaushelfer August Konrad Begemann wegen groben Unfugs pp.“ teilt die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Frankfurt mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt worden sei und einer Entlassung aus der Klinik nichts im Wege stehe. Am 15. April 1939 wurde Begemann auf Drängen seiner Ehefrau gegen ärztliche Bedenken nach Hause entlassen. In der Akte wird als Zustand vermerkt: „gebessert“. 

 

Am 12. Mai 1939 trat Begemann eine einmonatige Gefängnisstrafe des Amtsgerichts Dahn in der Justizvollzugsanstalt Frankfurt-Höchst an. Das Urteil war offenkundig rechtskräftig geworden, obgleich die Universitätsklinik auf die Schuldunfähigkeit hingewiesen hatte. Am 10. Juni 1939 wurde er aus der Haft entlassen. Am 21. Juni 1939 erlitt er einen Betriebsunfall (Oberarmkopfbruch). Am 29. März 1940 schrieb die Gestapo Frankfurt an das Gesundheitsamt Frankfurt, Abteilung Erb- und Rassenpflege: „August Begemann hat bei mir eine Anzeige erstattet. Von der gegnerischen Seite wurde nunmehr eingewendet, dass B. mehrfach in einer Nervenheilanstalt gewesen sei und nicht glaubwürdig erscheine. Ich bitte um Mitteilung, welche Tatschen dieser Angabe zugrunde liegen.“ 

 

Am 25. April 1940 folgte eine Wiederaufnahme in die Universitätsklinik „Kam von selbst mit ärztlicher Einweisung“. Am 6. Mai 1940 wurde an der Gestapo berichtet, dass er „wegen Nervenleiden“ in der Klinik behandelt werde. Am 29. Mai 1940 wurde eingetragen: „Tagsüber außer Bett, ist sehr verwirrt, wurde nach der Landesheilanstalt Herborn verlegt.“ Am 30. Mai 1940 gibt es den ersten Eintrag der Landesheilanstalt Herborn zum Krankheitsverlauf. Am 2. September 1940 wurde der Frankfurter Rechtsanwalt Walter Weigand vom Amtsgericht als Pfleger bestellt. Am 1. Mai 1941 wurde an die Zentrale Berlin Tiergartenstr. 4 ein ausgefüllter Meldebogen 1 Lfd. Nr. 1244 gesandt, der die Grundlage der Entscheidung über den konkreten Zeitpunkt der Ermordung ist. Am 16. Juli 1941 folgte die letzte Eintragung in der Krankenakte: „Patient ist in der letzten Zeit geistig sehr zurückgezogen, bleibt still in seinem Bett, antwortet mit verwaschener [?] Sprache, und döst im Übrigen in völligem Stumpfsinn vor sich hin.“ Am 21. Januar 1941 wurde er nach Hadamar „verlegt“ und am selben Tag in der Gaskammer ermordet.

 

Der Stolperstein wurde von der Enkelin Christine Begemann/Berlin initiiert und von Tobias
und Irmgard von Stosch finanziert.

 

 

August Begemann
August Begemann © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

 

 

August Begemann
Geburtsdatum:   2.2.1895  
Eingewiesen: 30.5.1940 „Heilanstalt“ Herborn, 21.7.1941 Hadamar  
Todesdatum: 21.7.1941

 

 

 

 

Stolperstein Mainzer Landstraße 121. August Begemann
Stolperstein Mainzer Landstraße 121. August Begemann © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

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