Kanne, Anna und Oechler, Anna
Anna Kanne wurde in Detmold geboren und wohnte seit 1906 in Frankfurt am Main. Als Kontoristin war sie von 1907 bis 1919 in kaufmännischen Stellungen tätig. 1913 kam sie erstmals mit den Bibelforschern, so der damalige Name der Zeugen Jehovas, in Kontakt, und ließ sich am 15. Januar 1919 als solche taufen. Ab Mai 1924 war sie eine Vollzeit-Predigerin. Seit dem Frühjahr 1925 wohnte sie im Marbachweg 328. Im Herbst 1925 zog dort Anna Oechler ein, eine Schneiderin aus Aschaffenburg, die in Ober-Roden geboren wurde. Seit 1920 war auch sie eine Bibelforscherin und ebenfalls missionarisch tätig.
Trotz Verbot der Zeugen Jehovas im Jahr 1933 führten sie in kleinem Kreise auch im Marbachweg 328 Gottesdienste durch. Zu zwei Kongressen der Bibelforscher reiste Anna Oechler in die Schweiz: 1934 nach Basel und 1936 nach Luzern. Kurz nach ihrer Rückkehr wurde sie am 30. Oktober 1936 verhaftet, am 2. Dezember 1936 wurde auch Anna Kanne verhaftet. Im Sondergerichtsprozess wurden sie am 5. Mai 1937 deswegen verurteilt, Anna Kanne zu acht, Anna Oechler zu sechs Monaten Gefängnis.
Da die Untersuchungshaft angerechnet wurde, wurde Anna Oechler sofort entlassen, jedoch noch am gleichen Tag erneut in „Schutzhaft“ genommen. Am 7. Juli 1937 wurde sie nach Moringen gebracht, am 23. August folgte Anna Kanne.
Gemeinsam wurden sie am 21. Februar 1938 in einem Sammeltransport von 150 Zeuginnen Jehovas nach Lichtenburg gebracht. Anna Kanne erhielt die Häftlingsnummer 312, Anna Oechler erhielt die 343. Am 15. Mai 1939 kam Anna Kanne ins neu errichtete KZ Ravensbrück, Anna Oechler folgte in den nächsten Tagen. Die etwa 400 Zeuginnen Jehovas sollten durch außergewöhnlich brutale Behandlungen gezwungen werden, ihren Glauben aufzugeben.
Ab 1943 wurden auf Befehl Heinrich Himmlers die Zeuginnen Jehovas zur Zwangsarbeit auch außerhalb des Lagers eingesetzt. Anna Oechler kam auf das Gut von Himmlers Leibarzt Felix Kersten, Gut Hartzwalde. Anna Kanne wurde im Büro der Bauleitung des Lagers eingesetzt.
Ende April 1945 wurde Ravensbrück geräumt. Anna Kanne musste mit auf einen Todesmarsch. Dabei erlitt sie einen schweren Unfall. Sie wurde von einem SS-Wagen von der Ferse bis zur Schulter überfahren und schwer verletzt. Die anderen Häftlinge sorgten dafür, dass sie auf einem weiteren Wagen mitgenommen wurde. Nachdem ihre Bewacher geflüchtet waren, sahen sie keinen anderen Ausweg, als ins Lager Ravensbrück zurückzukehren, das nun von Russen besetzt war.
Anfang Juni konnten sie Ravensbrück endgültig verlassen. Die verbleibenden Zeuginnen Jehovas hatten sich zusammengetan, um gemeinsam die Heimreise anzutreten. In Erfurt trafen sie auf die entlassenen Zeugen Jehovas aus dem Gut Hartzwalde – Anna Oechler war auch dabei. Am 11. September 1945 erreichten sie Frankfurt.
Anna Kanne und Anna Oechler bezogen eine Wohnung in der Eschersheimer Landstraße 370. Anna Oechler zog 1946 nach Aschaffenburg zu ihrer Familie. Dort starb sie am 16. November 1955. Anna Kanne starb am 24. Dezember 1959.
Die Stolpersteine wurden initiiert von Erika und Günter.
Anna Kanne
Geburtsdatum: Haft: Befreiung: |
19.8.1882 2.12.1936 Frankfurt, 23.8.1937 Moringen, 21.2.1938 Lichtenburg, 15.5.1939 Ravensbrück April 1945 |
Anna Oechler
Geburtsdatum: Haft: Befreiung: |
30.11.1900 30.10.1936 Frankfurt, 7.7.1937 Moringen, 21.2.1938 Lichtenburg, Mai
1939 Ravensbrück, April 1945 |