Henle, Franz

Henle, Franz

Stolperstein-Biographien in Eschersheim

Henle, Franz

Franz Henle
Franz Henle © Firmenarchiv Höchst AG, Foto: Firmenarchiv Höchst AG

 

Dr. Franz Henle entstammte einer alteingesessenen jüdischen Familie aus München. Sein Vater, Carl Henle, Oberst-Leutnant im Königlich Bayerischen Infantrie-Leibregiment, ließ sich, seine Frau und seine beiden Söhne Franz und Ernst anlässlich der Geburt des jüngeren Sohnes evangelisch taufen. Franz Henle studierte Chemie in München und promovierte als Chemiker an der Universität Straßburg (Elsass) zum Dr.phil.

Franz Henle heiratete im Jahr 1907 Helene Vogt aus einer christlichen Familie stammend. Das Ehepaar hatte zwei Kinder. Der ältere Sohn Karl fiel als Hauptmann im 2. Weltkrieg im August 1942 in Russland. Der jüngere Sohn Oskar studierte Physik mit dem Abschluss als Dipl.-Ing. Er lebt heute 96-jährig in Konstanz.

Henle arbeitete ab 1907 als Chemiker bei den Farbwerken Höchst. Er war als Laborleiter anerkannter Fachmann für Azo-Farben. Im ersten Weltkrieg war er bis zu seiner Verwundung drei Jahre an der Front, zuletzt als Hauptmann der Landwehr in Litauen. Im Jahr 1920 wird er als Mitglied der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft geführt.

 

In Höchst wohnte die Familie Henle in einer Werkswohnung in der Paulistr. 21. Nach der Judengesetzgebung wurde das Arbeitsverhältnis 1936 vorzeitig durch die Farbwerke beendet. Die Farbwerke zahlten aber dem nunmehr 60-Jährigen die Pension, aber sie zeigten in der vorgeschriebenen Meldung nicht an, dass eine Mischehe bestand. Henle musste nach 1938 fünf Raten der Juden-Vermögensabgabe zahlen, insgesamt 5000,- RM.

 

1943 musste auch die Werkswohnung verlassen werden, „Parteistellen“ drängten auf Auszug, so dass die Familie zunächst in ein Haus in der Uhlandstrasse ausweichen musste, in das am 22.3.1944 eine Bombe fiel. Zu dieser Zeit arbeitete der überlebende Sohn bereits in Berlin. Mit Genehmigung der Gestapo durfte das Ehepaar Henle in das Haus „Am Lindenbaum 4“ in ein freies Zimmer einziehen und an der Gemeinschaftsverpflegung für Bombengeschädigte teilnehmen. Das Haus „Am Lindenbaum 4“ war am 1.12.1935 von Franz Henle erworben und im Jahr 1938 auf seinen jüngeren Sohn Oskar übertragen worden.

Im März 1944 kam es zu einer Denunziation. Henle soll angeblich unberechtigt am NSV-Essen teilgenommen haben. Er wurde am 1.4.1944 in das 13. Polizeirevier im Langenheckenweg 2 gebracht, um zu diesem Vorwurf verhört zu werden. Seine Ehefrau begleitete ihn, musste aber auf dem Vorplatz warten. Henles Hinweis, die Teilnahme am Essen sei von der Gestapo genehmigt, konnte nicht sofort bestätigt werden, da es keine Telefonverbindung zur Gestapo in der Lindenstraße gab. Es wurde deshalb ein Bote dorthin geschickt. Der zuständige Beamte war jedoch auf Dienstreise, so dass er die erteilte Genehmigung nicht bestätigen konnte. Nach der Rückkehr des Boten wurde daher vom Polizeibeamten verfügt, dass Dr. Henle in Schutzhaft zu nehmen sei bis der Beamte der Gestapo zurück käme, um die Aussage zu bestätigen. Daraufhin ging Henle zur Toilette und nahm eine Kapsel Zyankali ein, die er bei sich trug. Er starb im Polizeirevier Langenheckenweg 2.

Helene Henle erklärte später in einer Notiz, dass die Gestapo ausdrücklich den Ausgebombten jüdischer Abstammung die Teilnahme am Essen gestattet hatte. Sie beantragte die Feuerbestattung ihres Ehemannes. Die Asche wurde auf dem jüdischen Friedhof beigesetzt. Eine Trauerfeier wurde verboten. Nach Ende des Krieges wurde auf Wunsch der Witwe die Urne auf den Höchster Friedhof überführt. Helene Henle wohnte bis zu ihrem Tod 1954 im Haus „Am Lindenbaum 4“. In Höchst ist eine Straße nach Dr. Franz Henle benannt.
Die beiden Enkel Harald Henle (Konstanz) und Hartmut Henle (Reinheim), Söhne von Oskar Henle, waren bei der Verlegung des Stolpersteines anwesend.

 

Franz Henle

Geburtsdatum: 

Deportation:

Todesdatum:

9.1.1876

Verhaftung: 1.4.1944, Flucht in den Tod/Suizid

1.4.1944

 

 

 

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Stolperstein Am Lindenbaum, Franz Henle © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

 


 

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