Baumann, Fritz

Baumann, Fritz

Stolperstein-Biographien in Heddernheim

Baumann, Fritz

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Fritz Baumann © privat / Oswalt Stein, Foto: keine Angaben

 

Fritz Baumann wurde in Kassel geboren und stammte aus einer begüterten Kaufmannsfamilie, die zusammen mit den Eltern beziehungsweise Vorfahren des deutsch-jüdischen Historikers und Philosophen Franz Rosenzweig (1886-1929) die Farben-Glasur-und Lackfabrik Rosenzweig & Baumann in Kassel betrieben. Fritz Baumann besuchte in Kassel das humanistische Kaiser-Friedrich-Gymnasium. Er arbeitete zunächst in einem Hamburger Bankhaus. Daran schloss sich eine Buchhändlerlehre in Berlin an, anschließend war er in dem bekannten Antiquariat Taussig in Prag tätig. 1925/1926 kam Baumann nach Frankfurt und wurde in der Buchhandlung im Volksbildungsheim am Oederweg angestellt, deren Teilhaber er 1927 wurde. Zugleich war er schriftstellerisch tätig und besuchte als Gasthörer an der Frankfurter Universität Vorlesungen über Geschichte, Philosophie und Soziologie. 1930 erschien im Tübinger Rainer Wunderlich Verlag sein Buch „Historische Begegnungen“.

 

Das Volksbildungsheim war im Besitz der Stadt Frankfurt, die den jüdischen Mietern kurz nach der Machtübernahme zum 1.4.1933 kündigte. Die Buchhandlung musste bereits damals „arisiert“ und an einen Angestellten veräußert werden. Baumanns buchhändlerische und schriftstellerische Tätigkeit war damit unterbunden.

 

1928 hatte Baumann die 1905 in Straßburg geborene Fotografin Erika Martin geheiratet. Sie war Nichtjüdin und evangelisch. Im selben Jahr zog das junge Ehepaar in die neue Siedlung Römerstadt, zunächst in das Burgfeld 170, später 1935 dann in das Haus An der Ringmauer 62. Im Jahr 1933 wurde ihre Tochter Barbara geboren. Nach der Nazi-Terminologie lebten die Baumanns in einer „privilegierten Mischehe". Fritz Baumann half seiner Frau bei ihren fotografischen Arbeiten. Da sie jedoch im Inland keine Bilder mehr an die Presse verkaufen konnten und auch sonst keine Werbung machen durften, war diese Möglichkeit zum Geldverdienen sehr beschränkt.

 

Im Jahre 1936 wanderten die Mutter und der ältere Bruder, Dr. Ernst Baumann, Inhaber der Kasseler Farben- und Lackfabrik, mit dessen Familie nach Johannesburg aus. Da die Familie infolge der von den Nazis erzwungenen Abgaben, u.a. der Reichsfluchtsteuer, nur geringe Mittel zur Gründung einer Existenz hatte, blieben Fritz Baumann und seine Familie vorerst in Frankfurt. Als sie nach kurzer Zeit nachkommen sollten, war eine Einwanderung nach Südafrika schon nicht mehr möglich. Fritz Baumann beantragte daraufhin gemeinsam mit seiner Schwester und seinem Schwager, Dr. Goldner, ein Visum nach Amerika. Als die Zusage für dieses Visum kam, war Fritz Baumann bereits im Konzentrationslager Buchenwald ermordet worden.

 

Die nachstehende Schilderung seiner Verfolgung wurde von seiner Frau Erika aufgeschrieben:

 

Am 9. November 1938 zog eine Gruppe Männer durch die Straße An der Ringmauer (Frankfurt-Main Römerstadt), in der ich damals mit meinem Mann und meiner fünf jährigen Tochter wohnte. Vor unserem Haus, an der Ringmauer 62, machten die Männer Halt und begannen schwere Steine durch die Fenster zu werfen, sodass im Parterre und ersten Stock die Fenster völlig zertrümmert und die Einrichtung beschädigt wurde. Nach dieser Tat zogen die Männer durch die Gärten nach der Rückseite des Hauses und begannen dort die gleiche Zerstörung. Nur dem Umstand, dass meine Tochter sich damals bei ihrer Grossmutter in Darmstadt befand, ist es zu danken, dass sie nicht verletzt wurde.

 

Die Nachbarn, bei denen vor allem mein Mann sehr beliebt war, nahmen großen Anteil und bezeugten uns ihre Sympathie, trotzdem sie dabei ihre eigene Existenz gefährdeten.

 

Da wir in dem zerstörten Haus nicht bleiben konnten, übernachteten wir bei Freunden, die ein paar Häuser weiter wohnten. Am nächsten Morgen wurde mein Mann von der Polizei gesucht. Er wurde in das Polizeirevier in der Römerstadt geführt, wo er den Beleidigungen eines Gestapobeamten ausgesetzt war. Von dort wurde er in die Festhalle und am nächsten Tag in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Am 13.12.1938 erhielt ich durch die Polizei die Todesnachricht.

 

Bei der Verlegung war die Tochter Barbara Friedrich mit ihren Kindern aus München anwesend.

 

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Fritz Baumann © privat / Oswalt Stein, Foto: keine Angaben

Fritz Baumann 

Geburtsdatum:

Deportation:

Todesdatum:

09.07.1901

10.11.1938 nach Buchenwald

12.12.1938

 

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Stolperstein An der Ringmauer 62 Fritz Baumann © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

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