Die Nachkriegszeit

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Geschichte

Nachkriegszeit

Nachkriegszeit - Labor für Milchvitaminierung © Stadt Frankfurt am Main

Neuanfang und Kontinuität – Die Nachkriegszeit
Der Zweite Weltkrieg war zu Ende, Frankfurt lag in Trümmern. Es mangelte an Wohnraum und Nahrungsmitteln. Die Unterernährung der Bevölkerung beschäftigte das Gesundheitsamt am dringendsten. Es stellte die Frankfurter, auch die städtischen Bediensteten, auf die Waage, um der US-Militärbehörde die Situation vor Augen zu führen. Das Gewicht seiner Bediensteten war im Durchschnitt um 23 Prozent gesunken. Die geistige Leitung habe sogar um 30 Prozent nachgelassen, warnte das Amt. Die daraus resultierenden Infektionskrankheiten, wie etwa die Tuberkulose, zählten ebenso zu den großen Herausforderungen der Nachkriegszeit wie das Erbe der Nationalsozialisten.

Bereits kurz nach Kriegsende erhielt das Gesundheitsamt eine neue Führung und Ausrichtung, auch, um das verlorene Vertrauen in der Bevölkerung zurückzugewinnen. Der frühere Amtsleiter, der Sozialdemokrat Karl Schlosser, stand erneut an der Spitze. Es gelang ihm jedoch nicht, die Behörde vollständig zu entnazifizieren und die Relikte der zwölfjährigen Schreckensherrschaft abzuschütteln. Überzeugte Nationalsozialisten blieben unter anderem aufgrund von Personalmangel für das Amt tätig. 1947 wurde zudem Robert Ritter neuer Leiter der Jugendsichtungsstelle und brachte seine frühere engste Mitarbeiterin Eva Justin mit. Gegen beide ermittelte zu diesem Zeitpunkt die Staatsanwaltschaft. Ritter hatte von 1936 an in Berlin die „rassenbiologische Erfassung“ der Sinti und Roma im Deutschen Reich geleitet. Er sollte 1951 wieder entlassen werden, starb aber zuvor. Justin war sogar noch bis 1966 für das Amt tätig.
Zudem hatte die unter den Nationalsozialisten angelegte Erbkartei im Keller des Amtes in der Braubachstraße den Krieg überstanden. Sie wurde noch bis in die späten 1960er Jahre weitergeführt und sogar in der Ehe- und Sexualberatung des Gesundheitsamtes weiter genutzt. Der 1983 dort aufgefundene Bestand an Akten und Karteikarten ist heute im Institut für Stadtgeschichte verwahrt und wird derzeit wissenschaftlich aufgearbeitet.

Der Kampf gegen die grassierenden Infektionskrankheiten verlief zunächst schwierig. An der Spitze der Todesursachen stand die Tuberkulose. Die Zahl der Erkrankten stieg innerhalb eines Jahres um 60 Prozent. Als erste Großstadt in Deutschland setzte Frankfurt 1948 auf Impfungen. Doch die Zahlen stiegen weiter. Groß angelegte Röntgenreihenuntersuchungen, bei denen die Geräte zum Teil mit Bussen zu den Patientinnen und Patienten kamen, blieben aus Mangel an Interesse wenig erfolgreich. Erst Ende der 1960er Jahre zeigten die vielfältigen Maßnahmen Wirkung und die Zahl der Tuberkulosekranken ging um die Hälfte zurück. Umfangreiche Impfkampagnen, wie die mit dem auf ein Stück Würfelzucker geträufelten Impfstoff gegen die Kinderlähmung, mit dem Slogan: „Schluckimpfung ist süß, Kinderlähmung ist grausam“, waren Anfang der 1960er Jahre dagegen sehr erfolgreich. 

Neben der Tuberkulose war es das Vorgehen gegen die Geschlechtskrankheiten, der das Gesundheitsamt besonders forderte. Durch die steigende Prostitution nach dem Krieg galten Syphilis und Gonorrhoe als neue „Volksseuche“. Während Prostituierte zur wöchentlichen Gesundheitskontrolle kommen mussten, war die im Geheimen stattfindende Armutsprostitution schwieriger zu überwachen. Es wurden regelmäßig gemeinsam mit der Polizei Razzien durchgeführt, bei denen mehr oder weniger willkürlich Frauen aufgegriffen wurden. Die Ärztinnen und Ärzte sahen es durchaus kritisch, dass keine kranken Männer erfasst wurden, aber für sie gab es bis 1949 keine Möglichkeit der stationären Unterbringung. Ab 1956 wurden die allgemeinen Razzien unzulässig. 1969 mussten Ansteckungen anonymisiert gemeldet werden, wodurch die Zahlen weiter anstiegen. Das bewog das Gesundheitsamt dazu, die hauseigene Beratungsstelle und die Untersuchungsstelle am Städtischen Krankenhaus besser auszustatten als in vergleichbaren Großstädten.

 

©Text: Sabine Börchers

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