Feature Pflegepreis Demenzsensibles Krankenhaus

Feature Pflegepreis Demenzsensibles Krankenhaus

Pflegepreis

Ein großer Gewinn für alle:

Wie zwei Kognitionsteams Menschen mit Demenz durch einen Klinikaufenthalt begleiten

Kognitionsteam der Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken
Kognitionsteam der Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken © Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken

Teil 1 der Feature-Serie zum Frankfurter Pflegepreis: das Demenzsensible Krankenhaus

Die Frage, ob sie die Kognitionsteams missen wollte, beantwortet Michelle Berg mit einem Nein. Einem Nein, das mit drei Ausrufezeichen versehen sein müsste, so deutlich äußert es die Pflegedirektorin des Agaplesion Markus Krankenhauses. Das Konzept der Kognitionsteams ist einmalig in den Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken, zu denen Markus und Bethanien Krankenhaus gehören. Warum? „Weil es für Menschen mit Demenz ein enormer Stressfaktor ist, wenn sich ihr Umfeld verändert“, sagt Michelle Berg. Eine Einweisung ins Krankenhaus stört ihre gewohnten Abläufe und verändert ihre Umgebung derart drastisch, dass sie eine unmittelbare Verschlechterung des Gesundheitszustands zur Folge haben kann. „Diesen Stress möchten wir minimieren – für die Patientinnen und Patienten selbst und auch für ihre Angehörigen.“ Darum startete 2019 an den Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken das Projekt Demenzsensibles Krankenhaus, mit dem sich die Kliniken nun für den Frankfurter Pflegepreis bewerben. Das Thema Demenzsensibles Krankenhaus wurde vor allem durch den Agaplesion-Vorstandvorsitzenden, Dr. Markus Horneber und dem Chefarzt PD Dr. Ruppert Püllen, ins Leben gerufen.  Ausgearbeitet und praktisch umgesetzt wurde das pflegerische Konzept durch Teams von Sigrid Kuptschitsch und Michelle Berg, der Pflegedirektorinnen der beiden Standorte.

Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe aus dem Chefarzt, Oberärztinnen und –ärzten, Pflegefachkräften sowie Therapeutinnen und Therapeuten erarbeitete im Rahmen des Projekts einen Zwölf-Punkte-Plan mit dem Ziel, die Versorgung kognitiv eingeschränkter Patientinnen und Patienten, die stationär im Krankenhaus behandelt werden, zu verbessern. Zentrales Element des Demenzsensiblen Krankenhauses sind die beiden Kognitionsteams, die im Rahmen des Projekts etabliert wurden: Pflegefachkräfte, die sich speziell um die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz kümmern und einen darauf abgestimmten Pflegeplan erarbeiten und umsetzen. Die Kognitionsteams werden zudem angefordert, wenn sich bei Patientinnen und Patienten, die älter als 70 Jahre alt sind, Auffälligkeiten zeigen. Denn zum Projekt Demenzsensibles Krankenhaus gehört auch die Einführung eines Screenings auf mögliche kognitive Einschränkungen, das Menschen über 70 bei der Aufnahme standardmäßig durchlaufen.

 „Die Mitarbeitenden unserer Kognitionsteams waren bereits als Pflegekräfte in unseren Häusern beschäftigt und bringen durch langjährige Erfahrung oder Fortbildungen viel Expertise im Umgang mit kognitiv eingeschränkten Menschen mit“, erklärt die Pflegedirektorin. Diese Expertise tragen sie in alle Abteilungen der beiden Standorte hinein, sei es auf die Stationen oder in die sensiblen Bereiche des OPs und der Intensivpflege. „Das Team begleitet die Patientinnen und Patienten beispielweise in den OP. Den Patientinnen und Patienten geben sie damit Sicherheit und gleichzeitig werden die Kolleginnen und Kollegen im OP für ihre Bedürfnisse sensibilisiert.“

Auch auf den Stationen stehen die Bedürfnisse dieser Patientengruppe im Mittelpunkt: Zimmerwechsel werden möglichst vermieden, sie bekommen kontinuierliche Bezugspersonen, die Kognitionsteams unterstützen sie beim Essen, der Körperpflege, der Tagesstruktur. Große Uhren, vom Kognitionsteam zur Verfügung gestellt, helfen ihnen sich besser zeitlich orientieren zu können, kleine Schnecken, von den Klinik-Mitarbeitenden selbst gehäkelt, bieten ihnen etwas zum Festhalten und Beschäftigen.

Die Kognitionsteams starteten mit je zwei Mitarbeiterinnen in jeder der beiden Kliniken, mittlerweile sind es insgesamt acht. Zusätzlich zu ihren Aufgaben auf den Stationen haben sie vor Kurzem eine wöchentliche Telefonhotline eingerichtet, an der sich Betroffene und Angehörige beraten lassen können. „So versuchen wir, unseren Patientinnen und Patienten und ihren Angehörigen schon vor und nach dem Klinikaufenthalt ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Diese Schnittstelle möchten wir weiter ausbauen“, erklärt Michelle Berg.  

Aus dem Klinikalltag sind die Kognitionsteams nicht mehr wegzudenken. „Gerade kürzlich haben wir einen sehr schönen Brief von Angehörigen erhalten, die sich sehr positiv über das Kognitionsteam geäußert haben“, erzählt Michelle Berg. Auch die Pflegekräfte und die Ärztinnen und Ärzte wollen nicht mehr auf die Teams verzichten – sie entlasten, unterstützen und sorgen für einen sensibleren Umgang mit Patientinnen und Patienten mit kognitiven Einschränkungen. Michelle Berg: „Unsere Kognitionsteams steigern die Zufriedenheit sämtlicher Beteiligter, sie sind für alle ein großer Gewinn. Meine Kollegin Sigrid Kuptschitsch und ich sind sehr stolz darauf, dass wir diese Teams haben.“

Text: Anja Prechel

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