Wie Kinder Pflegefachkräfte sehen und wie aus diesem Blick ein Buch werden könnte
Teil 2 der Feature-Serie zum ersten Frankfurter Pflegepreis: das Projekt „PiKa – Pflege in Kinderaugen“
Feuerwehr, Polizei, Kindergarten – all diese Berufsfelder finden sich in Kinderbüchern wieder, die ihren jungen Leserinnen und Lesern ein positives Bild dieser Jobs vermitteln und auch, wie wichtig und toll es ist, dass es Menschen gibt, die diese Jobs ausüben. Was bislang allerdings fehlt ist ein Buch, das sich dem Pflegeberuf widmet. Freilich gibt es Kinder- und Bilderbücher zum Thema Krankenhaus oder Arztbesuch, sie richten ihren Fokus jedoch auf Ärztinnen und Ärzte, auf Sanitäterinnen und Sanitäter. Mit dem Projekt „PiKa – Pflege in Kinderaugen“ möchten Dr. Tobias Mai vom Universitätsklinikum Frankfurt und seine Kooperationspartnerinnen und –partner Andreas Kocks vom Universitätsklinikum Bonn, Nicole Feldmann vom Klinikum Oldenburg, Dr. Antje Tannen von der Charité Universitätsmedizin in Berlin und Jennifer Luboeinski vom Verband der Pflegedirektorinnen und -direktoren der Universitätskliniken e.V. in Berlin, dies ändern. „PiKa – Pflege in Kinderaugen“ ist einer der Finalisten des ersten Frankfurter Pflegepreises.
Ein Kinderbuch ist das langfristige Projekt-Ziel. Zunächst ging es den Partnern darum zu erfahren, welchen Blick Kinder und Jugendliche auf das Berufsfeld Pflege und auf Pflegefachpersonen haben. Und weil Kinder nicht über die gleichen sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten wie Erwachsene verfügen, haben die Projektpartner einen Malwettbewerb ausgerufen.
„Ausgangsprunkt des Projekts war zum einen die Frage, warum der Berufsstolz innerhalb der Pflege eher geringausgeprägt wahrgenommen und diskutiert wird und zum anderen, auf welcher Basis Kinder ihr Bild von professioneller Pflege konstruieren – beispielsweise durch bruchstückhafte Wahrnehmung von Medienberichten, die sich zu großen Teilen um Missstände und überlastetes Pflegepersonal drehen“, sagt Dr. Tobias Mai von der Stabsstelle Pflegeentwicklung der Pflegedirektion des Universitätsklinikums Frankfurt. Berufsstolz in der Pflege entstehe durch das Wechselspiel von Selbst- und Fremdwertschätzung. „Ziel unseres Projektes war herauszufinden, wie Kinder den Pflegeberuf im Akutkrankenhaus wahrnehmen“, erklärt Dr. Tobias Mai. Darüber hinaus wollten die Projektpartner erfahren, welche Handlungen die Kinder als Pflegetätigkeiten einordnen und welche Eigenschaften sie den Pflegenden zuschreiben.
Über sechs Monate hinweg haben die Projektpartner auf ihren pädiatrischen Stationen Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 14 Jahren mittels eines Malwettbewerbs eingeladen, ihren Blick auf Pflegefachpersonen und deren Tätigkeiten auf Papier festzuhalten. Auch Geschwisterkinder und Kinder des Klinikpersonals konnten sich beteiligen, Stifte, Farben und Papier lagen für alle bereit. Die Eltern und Sorgeberechtigten konnten auf den Malvorlagen angeben, ob sie mit der Teilnahme am Wettbewerb und der Analyse der Bilder einverstanden sind.
„Insgesamt haben wir 42 Bilder mit der sogenannten Dokumentarischen Methode für die Bildanalyse analysiert. Wichtig war, sich der Wahrnehmung der Kinder systematisch und nachvollziehbar zu nähern und die Darstellungen nicht vorschnell aus der Erwachsenenperspektive zu interpretieren. Die Analyse der Bilder umfasste vier Schritte, mindestens zwei Forschende werteten die einzelnen Bilder aus“, erläutert Pflegewissenschaftler Mai die Vorgehensweise. Natürlich wurde bei der Begutachtung berücksichtigt, dass Kinder je nach Alter, Entwicklungsstand und auch Talent unterschiedlich gut malen. Die Ergebnisse seien nicht zu generalisieren und bezögen sich zunächst nur auf den Bereich der pädiatrischen Akutkrankenhäuser. Zusätzlich zu den 42 analysierten Bildern wurden im Rahmen des Malwettbewerbs rund 250 weitere eingereicht, auch sie sollen nach und nach anhand der genutzten Methodik begutachtet werden.
Das Ergebnis der Bildanalysen ist durch und durch positiv: Die Pflegefachpersonen in der Kinderheilkunde wurden von den Kindern als sehr versiert, kompetent freundlich und emotional stützend gezeichnet. Die Projektpartner ziehen daraus den Schluss, dass sie allen Grund haben, stolz auf ihren Beruf zu sein. „Wie bei einem Forschungsprojekt mit dieser besonderen Methode der offenen Bildanalyse üblich hatten wir keine These, was bei den Analysen herauskommen würde“, sagt Dr. Tobias Mai. „Wir waren auf alles vorbereitet und dann doch überrascht, wie differenziert die Kinder die Pflegefachpersonen und ihre Tätigkeiten sehen und darstellen.“ Eine Auswahl der Motive hat das PiKA-Team in einem Jahreskalender zusammengestellt, der an die Mitarbeitenden der beteiligten Krankenhäuser verteilt wurde. „So konnten wir die Bilder in die Fläche tragen. Es gab sehr positive Rückmeldungen“, sagt Pflegewissenschaftler Mai.
In einem nächsten Schritt möchten die Projektpartner die
Bilder und die Erkenntnisse aus den Analysen für Bildungsmaßnahmen zum Selbst-
und Fremdbild für die Pflegefachpersonen nutzen und auch, um dieses positive
Bild aus dem Pflegebereich hinaus in die Gesellschaft zu tragen – etwa mit
Citycards oder Postern. Und sollte das Projekt den Frankfurter Pflegepreis
erhalten, könnte das Team die Idee des Kinderbuchs vorantreiben. „Wir könnten
das Preisgeld für die Beauftragung einer Grafik-Agentur nutzen“, sagt Mai. Vielleicht
liegt dann schon bald ein Buch vor, das Kindern vermittelt, wie abwechslungsreich,
erfüllend und wichtig der Pflegeberuf ist und was für einen tollen Job die
Menschen machen, die ihn ausüben.
Text: Anja Prechel