Kompetenzen gewinnen und stolz auf das sein, was man leistet
Teil 3 der Feature-Serie zum ersten Frankfurter Pflegepreis: das Projekt „STÄRKEnde Qualifizierung für eine KRAFTvolle Rolle“
Im pflegerischen Bereich einer Wohn- und Pflegeeinrichtung arbeiten Menschen mit unterschiedlichen mit unterschiedlichen Qualifikationen: Pflegefachkräfte, die eine dreijährige Ausbildung mit staatlicher Anerkennung absolviert haben, Altenpflegehelferinnen und –helfer mit einjähriger Ausbildung und Pflegende ohne pflegerische Ausbildung. Bestimmte Aufgaben im Pflegebereich dürfen nur von den staatlich anerkannten Pflegenden ausgeübt werden, zum Beispiel das Richten und Verteilen von Medikamenten oder die Feststellung des individuellen Pflegebedarfs. „Hinzu kommen Tätigkeiten, die nötig sind, damit die Schichten sicher und strukturiert ablaufen. Für diese Tätigkeiten möchten wir unseren Pflegefachkräften ein Rüstzeug an die Hand geben“, erklärt Christine Jahn, Referentin für Personal- und Organisationsentwicklung der Agaplesion Markus Diakonie. Darum hat sie gemeinsam mit Pflegedienstleiter Patrick de Paoli das Projekt „STÄRKEnde Qualifizierung für eine KRAFTvolle Rolle – Qualifizierung von Pflegefachkräften zur Übernahme der Aufgabe der ‚Schichtkoordination‘“ an den drei Häusern der Agaplesion Markus Diakonie in Frankfurt initiiert, das sich unter fünf Finalisten des Frankfurter Pflegepreises befindet.
„Unser Ziel ist, das subjektive Gefühl von Sicherheit unserer Pflegefachkräfte bei der Ausübung ihrer Aufgaben zu fördern, ihre Rolle und letztlich auch sie selbst zu stärken. Sie dürfen stolz sein auf das, was sie können und leisten und diesen Berufsstolz auch zeigen“, sagt Christine Jahn.
In ihrer Ausbildung lernen Pflegefachpersonen das Handwerkszeug, also pflegerische Fertigkeiten und auch die Steuerung des Pflegeprozesses. Die Kompetenzen, die sie brauchen, um die Abläufe in einer Schicht zu organisieren, dazu gehören zum Beispiel die Koordination des Dienstablaufs, Teilnahme an Besprechungen, Ansprechpartnerinnen und -partner sein für Angehörige, Ärztinnen und Ärzte und auch für hausinterne Anfragen, erwerben sie meist im Arbeitsalltag. „Um sie zu unterstützen, auch diese Aufgaben professionell und kompetent erfüllen zu können, haben wir das Qualifizierungsprogramm aufgelegt“, sagt die Referentin. Das Wort Schichtkoordination leitet sich aus der Art der Aufgaben ab. Christine Jahn: „Im pflegerischen Sprachgebrauch wird diese Tätigkeit als Schichtleitung bezeichnet. Wir haben jedoch festgestellt, dass die Aufgaben mehr organisierenden und koordinierenden Charakter haben. Daher wollen wir die Bezeichnung Schichtkoordinatorin oder –koordinator etablieren.“
Um sie bestmöglich zu schulen, hat sich das Initiatoren-Team zuallererst gefragt, welche Kompetenzen eine Pflegfachkraft benötigt, um ihre Aufgaben als Schichtkoordination sicher und professionell ausüben zu können. Auf Basis der Aufgaben entwickelte es dann vier je eintägige Module, mit denen die Pflegfachkräfte geschult werden. Themen sind Selbstverständnis und Rolle einer Pflegefachkraft, Kommunikation und Konfliktmanagement, Organisation von Pflegeteams und Aufgabenzuordnung sowie das Erstellen einer Tourenplanung. Am Ende jedes Moduls bekommen die teilnehmenden Altenpflegerinnen und –pfleger einen Arbeitsauftrag, der ein Thema des Moduls aufgreift und in den darauffolgenden Wochen zu bearbeiten ist. Es gibt nicht einen Auftrag für alle, vielmehr sind die Aufträge individualisiert.
Alle 30 Pflegefachkräfte der drei Häuser der Markus Diakonie nehmen am Qualifizierungsprogramm teil. „Natürlich binden wir mit diesen Fortbildungen Ressourcen, gleichzeitig wird das Programm positiv aufgenommen. Aus einem unserer Häuser wurde uns von einer Gruppe berichtet, die total begeistert aus der Schulung zurückkam“, erzählt Christine Jahn. Interessant seien auch die persönlichen Einschätzungen auf den Fragebögen, die die Teilnehmenden zu Beginn und zu Ende jedes Moduls abgeben. Jahn: „Wir fragen, wie sicher sie sich in bestimmten Tätigkeitsbereichen fühlen. Die Antworten können sehr unterschiedlich ausfallen: Die eine fühlen sich zu Beginn des Moduls zu 30 Prozent sicher und am Ende zu 80 Prozent. Andere beziffern ihr Sicherheitsgefühl beim Start mit 90 Prozent und geben auch am Ende der Veranstaltung 90 Prozent an.“
Das Projekt hat bereits die Aufmerksamkeit anderer Agaplesion-Einrichtungen, die es in ganz Deutschland gibt, erregt. „Wir haben es in einer entsprechenden Netzwerkgruppe vorgestellt, woraufhin Führungskräfte anderer Einrichtungen Interesse und Bedarf an unserem Qualifizierungsprogramm bekundet haben. Es ist durchaus denkbar, dass es auch in anderen Häusern etabliert wird“, sagt Christine Jahn.
Profitieren können davon nicht nur die Fachkräfte, sondern
in erster Linie auch die Menschen, die ihnen anvertraut sind. „Wenn eine
Schicht gut organisiert ist, die Pflegefachkräfte sich sicher fühlen und dies
auch ausstrahlen, erleben Bewohnerinnen und Bewohner und auch ihre Angehörigen ein
Gefühl von Sicherheit und Vertrauen“, sagt Christine Jahn.
Text: Anja Prechel