Famulatur im Gesundheitsamt Frankfurt am Main
Erfahrungsbericht von Felicia Fröhlich, Famulantin 2022
Im Zuge der Corona-Pandemie wurde monatelang über die deutschen Gesundheitsämter berichtet, spätestens dann war jedem klar: Die Arbeit eines Gesundheitsamts hat etwas mit Krankheitsbekämpfung und -vermeidung zu tun. Doch welche Aufgaben hat es noch? An der Goethe-Uni war das Gesundheitsamt in unserer Vorlesung zum Öffentlichen Gesundheitswesen einmal Thema geworden. Wir erfuhren: Hygiene, Infektionskrankheiten, Gesundheitsberichterstattung, die allgemeine Förderung der Gesundheit von Menschen, sogar Wasserhygiene und Umwelt fallen in den Aufgabenbereich der Gesundheitsämter. Die Liste der Aufgaben war nicht gerade kurz. Nach den Vorlesungen fragte mich: Wie können in einem Amt so viele verschiedene Aufgaben übernommen werden? Welche Ärzt:innen kann ich in einem Gesundheitsamt finden und wie sieht ihre Arbeit aus?
Das Gesundheitsamt Frankfurt hat einen sehr großen Zuständigkeitsbereich. Es ist außerdem Pionier in der Ausbildung von Medizinstudierenden, die hier einen Teil ihres Praktischen Jahres oder eine Famulatur absolvieren können. Das wollte ich mir näher anschauen und bewarb mich für eine Famulatur. Im Juli 2022 trat ich sie, ausgerüstet mit meinem Stethoskop, in den Räumen des Amts in der Breite Gasse an. Ich war sehr gespannt, meine Wahlheimat Frankfurt aus einer ganz neuen Perspektive kennenzulernen.
Meine erste Station führte mich in die Abteilung Kinder- und Jugendmedizin. In Hessen hat jedes Kind laut dem Hessischen Schulgesetz Anspruch auf eine Einschulungsuntersuchung. Die Kinderärztinnen und Medizinischen Fachangestellten prüfen in einem 60 bis 90-minütigen Check unter anderem Hör- und Sehvermögen der zukünftigen Schulkinder, messen Größe und Gewicht, betrachten die körperliche Entwicklung und den allgemeinen Gesundheitszustand, um ihnen den bestmöglichen Schulstart zu ermöglichen. Ich durfte den Kinderärztinnen bei den Untersuchungen über die Schulter schauen und war auch bei den sogenannten Seiteneinsteigeruntersuchungen dabei. Sie richten sich an Kinder, die bereits zur Schule gehen und wegen eines Umzugs oder auch aufgrund einer Flucht im laufenden Schuljahr auf eine neue Schule wechseln.
Die nächste Station führte mich in die Humanitären Sprechstunden sowie in die Impfsprechstunde. Die Humanitären Sprechstunden richten sich an die in Frankfurt lebenden Menschen ohne Krankenversicherung. In der allgemeinen, kinderärztlichen oder gynäkologischen Sprechstunde finden sie einen Anlaufpunkt und eine kostenlose ärztliche Erstversorgung. Hier trifft man Menschen mit sehr unterschiedlichen und teils sehr berührenden Lebensgeschichten, für die die Mitarbeiter:innen der Humanitären Sprechstunden Ansprechpartner:innen in Gesundheitsfragen sind. In die Impfsprechstunde kommen Frankfurter:innen, die sich auf Auslandsreisen begeben und dazu ihren Impfstatus checken oder auffrischen lassen möchten. Aber auch zu allen anderen Themen rund ums Impfen wird hier beraten und geimpft.
Gleich danach ging es für mich weiter in die Infektiologie. Auch wenn es hier außer in der Tuberkuloseberatung keine Sprechstunde gibt, steht doch die/der einzelne Patient:in im Zentrum. Da Infektionskrankheiten potenzielle Auslöser nationaler Gefahrenlagen sind, muss es eine Bereitschaft und Krisenmanagementsysteme wie das Kompetenzzentrum für hochpathogene Krankheitserreger (KHPI) für potenzielle Lagen geben. Gefährdungen für die Bevölkerung müssen unverzüglich abgewendet werden, was unter anderem durch Kontaktnachverfolgung und Monitoring von meldepflichtigen Krankheiten und Erregernachweisen gelingt. Für die Betroffenen sind die Ärzt:innen bei allen Fragen ansprechbar, kommuniziert wird per E-Mail und Telefon, manchmal werden die Patient:innen auch zu Untersuchungen ins Gesundheitsamt eingeladen.
Meine letzte Station war die psychiatrische Abteilung des Gesundheitsamtes. Überrascht hat mich, wie viele Veranstaltungen zu Entstigmatisierung, Prävention und Gesundheitsförderung, gerade auch für verschiedene Lebensalter, dort angeboten werden. Neben der Koordierungs- und Netzwerkarbeit, zum Beispiel auch im Bereich der Palliativmedizin und Suizidprävention, bekam ich einen Einblick in die Arbeit des sozialpsychiatrischen Dienstes, der vor Ort und aufsuchend Klient:innen und ihre Angehörigen berät und Unterstützungsmöglichkeiten organisiert. Zum breiten Spektrum der psychiatrischen Abteilung gehören zudem ein kinder- und jugendpsychiatrischer Dienst sowie die Koordinierungsstelle Psychosoziale Notfallversorgung, die im Fall von Katastrophen und Unglücksfällen die Zusammenarbeit von Gesundheitsamt, Branddirektion und Notfallseelsorge steuert.
Meine Famulatur im Gesundheitsamt war mit Abstand meine abwechslungsreichste und interessanteste. Ich wurde in jeder der Abteilungen sehr herzlich empfangen und konnte spüren, dass großen Wert auf Lehre gelegt wird. Ich war sehr überrascht, wie vielfältig sich die Tätigkeiten im Gesundheitsamt gestalten. Durch die große Bandbreite der Aufgaben hatte ich die Möglichkeit, verschiedenste Arbeitsbereiche kennenzulernen und der Monat verging wie im Flug.
Trotz der Größe des Amtes und den vielen unterschiedlichen Arbeitsbereichen, die sich in ihren jeweiligen Aufgaben stark unterscheiden, erlebte ich die Arbeitsatmosphäre als familiär und persönlich. Ich lernte viele verschiedene Kolleg:innen mit den unterschiedlichsten Lebensläufen kennen, denen die Gesundheit der Menschen in Frankfurt am Herzen liegt und die sich teilweise schon seit Jahrzehnten mit viel Engagement dafür einsetzen.
Die Arbeit ist sehr interdisziplinär und lebt von den vielen verschiedenen Kompetenzen und Erfahrungen, die von den Mitarbeiter:innen eingebracht werden.
Die Famulatur im Gesundheitsamt war eine großartige Gelegenheit, über den Tellerrand zu blicken und zu sehen, wie Medizin auf die Bevölkerung bezogen funktioniert. Ich kann eine solche Erfahrung nur wärmstens empfehlen!