MoSyD 2022
Jugendliche stehen auf Lachgas und Oraltabak
Die Ergebnisse der Frankfurter Schulbefragung MoSyD 2022
Frankfurter Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 18 Jahren trinken weniger Alkohol als noch im Vorjahr, der Konsum von Zigaretten ist auf neue Tiefstwerte gesunken und auch der Konsum von Cannabis ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. Etwa ein Viertel der Jugendlichen verzichtet sogar ganz auf legale und illegale Drogen. Dies hat die jüngste, repräsentative Drogentrendstudie „Monitoring-System Drogentrends“ (MoSyD) 2022 ergeben, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Centre for Drug Research der Goethe-Universität jährlich erheben. Das Drogenreferat fördert die Studie seit 2002.
Die extremen Schwankungen im Corona-Jahr und dem Jahr nach
der Pandemie haben sich wieder gelegt, sagt Gesundheitsdezernentin Elke Voitl.
Im Corona-Jahr war der Konsum von Alkohol, Cannabis und Tabak ungewöhnlich
stark zurückgegangen und nach Corona in einer gegenläufigen Pendelbewegung wieder angestiegen. „Jetzt setzt sich der langjährige Trend wieder
fort, dass die Mehrzahl junger Menschen immer weniger Suchtmittel konsumiert
und sehr auf ihre Gesundheit achtet.“
Alkohol, Cannabis und
illegale Substanzen weniger beliebt
46 Prozent der Jugendlichen haben angegeben, in den vergangenen 30 Tagen Alkohol getrunken zu haben und 31 Prozent seien in diesem Zeitraum mindestens einmal betrunken gewesen. Das sind jeweils die zweitniedrigsten Werte seit Beginn der Erhebung. Nur im Corona-Jahr 2020 wurde weniger konsumiert. Der seit einigen Jahren zu beobachtende rückläufige Trend beim Alkoholkonsum hat sich in der aktuellen Erhebung weiter fortgesetzt.
Doch auch andere Substanzen weisen
ähnliche Trends auf. Der Konsum von klassischen Zigaretten, Shishas und vielen
illegalen Substanzen wie Ecstasy, Speed oder Kokain ist ebenfalls deutlich
zurückgegangen. „Wir sehen bei dieser Befragung so viele Tiefstwerte bei den
Lebenszeitprävalenzen wie noch nie“, sagt Dr. Artur Schroers, Leiter des
Drogenreferats. Besonders die Zahlen zu Cannabis scheinen angesichts der
Legalisierungsdebatte entwarnend. Zeigen sie doch, dass die Debatte allein
nicht zu höherem Konsum führt. Bei der Schüler:innenbefragung 2022 gaben
13 Prozent an, in den vergangenen 30 Tagen mindestens einmal Cannabis
konsumiert zu haben, vier Prozent sagten, sie haben dies mehr als zehnmal getan
– deutlich weniger als im Vorjahr. Für Artur Schroers kein Grund zum Zurücklehnen: „Trotz
der rückläufigen Zahlen werden wir unsere Aufklärungs- und Präventionsangebote
zu Cannabis fortsetzen. Gerade mit Blick auf die Debatte.“
Trend der bunten Einweg-E-Zigaretten: „Disposables“
Obwohl einige Substanzen an Bedeutung verloren haben, gibt
es auch in diesem Jahr deutliche Trends. So kommen E-Produkte wie E-Zigaretten
und Tabakerhitzer weiterhin sehr gut bei Jugendlichen an. 27 Prozent haben in
den vergangenen 30 Tagen ein E-Produkt genutzt, ganze neun Prozent der
Befragten dampfen täglich. Auch der Konsum von nikotinhaltigen Erzeugnissen steigt.
„Ein Stichwort sind die bunten Einweg-E-Zigaretten, die gerade bei Jugendlichen
immer beliebter werden“, sagt Artur Schroers. Gemeint sind die sogenannten
„Disposables“, die wenig kosten und an denen man per Knopfdruck bis zu 800 Mal
ziehen kann. Ist der Tank leer, landen sie im Müll. Verkauft werden die
Produkte an Kiosken, Tankstellen und online, „wo der Jugendschutz leicht
umgangen werden kann“.
Neuer Hype um
Oraltabak
Ganz frisch hinzugekommen bei den Trenddrogen sind
sogenannte Chewing Bags und Nikotin Pouches, kleine Beutel, die man ähnlich wie
das schwedische Original Snus unter die Oberlippe klemmt. 15 Prozent der
Befragten haben die oft nikotinhaltigen Beutel bereits ausprobiert, sechs
Prozent auch in den letzten 30 Tagen. Meist sind das Jugendliche, die auch anderweitig
Nikotin konsumieren. Der Verkauf von Snus ist in Deutschland verboten, Chewing
Bags und Nikotin Pouches firmieren wegen ihrer marginal veränderten Herstellung
als Kautabak und dürfen verkauft werden.
Überdimensionierte „Sahnespender“ – Lachgas weiter im Trend
War für die Forschenden um Dr.
Bernd Werse 2021 die deutliche Zunahme von Lachgas-Konsum noch überraschend, hat
sich 2022 bereits eine Fortsetzung des Trends abgezeichnet. In der aktuellen
Erhebung ist die Konsumerfahrung tatsächlich nochmals deutlich angestiegen, von
13 Prozent auf 17 Prozent; auch die 30-Tages-Prävalenz ist auf sechs Prozent gestiegen.
Frankfurter Bürger:innen sehen das Phänomen auch im Stadtbild vermehrt als achtlos
entsorgten Sondermüll in Parks und auf der Straße: dunkle Gefäße mit rund 600
ml Fassungsvermögen, auf denen an Sahne erinnernde Markennamen prangen. Aus diesen
„Party-Sahnespendern“ wird unter der Zuhilfenahme von Luftballons die legal in
Supermärkten und Kiosken erhältliche Substanz inhaliert. „Nach den ansteigenden Zahlen der vergangenen Schulbefragung
haben wir sofort reagiert,“ sagt Artur Schroers, unter anderem mit
Informationsangeboten für Fachkräfte und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema.
Zunahme psychischer Probleme
Erkennbar
mehr Jugendliche klagen seit Beginn der Pandemie über psychische Probleme: 2022
gaben 26 Prozent der 15- bis 18-Jährigen an, dass sie in den vergangenen 12
Monaten unter nennenswerten psychischen Problemen gelitten haben (2021: 24
Prozent). Das sind so viele wie noch nie. Am häufigsten wurden dabei depressive
Verstimmungen und Depressionen genannt; daneben sind auch Panikattacken,
Angststörungen und Essstörungen bei Teilen der Befragten verbreitet. Junge Frauen sowie ‚diverse‘ (z. B. nicht-binäre) Befragte geben
weitaus häufiger psychische Probleme an als junge Männer. „Seit der Corona-Pandemie
ist das ein wichtiges Thema, mit dem wir uns befassen müssen“, sagt
Gesundheitsdezernentin Elke Voitl.
Mehr Jugendliche beteiligt
Die Befragungen an Schulen liefen zwischen
November 2022 und Februar 2023. 1446 Personen ab 15 Jahren haben an der Studie teilgenommen.
Damit wurden wieder mehr Jugendliche als unter den Corona-Bedingungen im
Vorjahr erreicht. „Die Ergebnisse sind damit repräsentativ. Sie zeigen
im Vergleich mit anderen Großstädten Deutschlands eher geringe Unterschiede“,
betont Dr. Bernd Werse vom Centre for Drug Research. 19 allgemein- und berufsbildende Schulen mit 83 Klassen haben sich an
der Studie beteiligt. Das Durchschnittsalter der
Hauptstichprobe (15 bis 18 Jahre) lag bei 16,5 Jahren, 87 Prozent der Befragten
wohnten in Frankfurt.
Die gesamte
Studie sowie eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse stehen unten zum Download bereit.
Für
Rückfragen:
Drogenreferat der Stadt Frankfurt:
Telefon 069-212-30124; Email: drogenreferat@stadt-frankfurt.de
Dr. Bernd
Werse, Centre for Drug Research: Telefon: 069-798-36386; Email: werse@em.uni-frankfurt.de