Kaltwasser, Adam und Wilhelmine
Wilhelmine Kaltwasser wurde in Gimbsheim bei Worms geboren, der Küfer Adam Kaltwasser in Auerbach. Beide heirateten am 31.1.1914. Um 1921 lernten sie die Bibelforscher (Jehovas Zeugen) kennen und konvertierten 1924. Das Ehepaar hatte mittlerweile zwei Töchter, Wilhelmine (Minna) und Dorothea (Doris, Dora).
Bis 1933 hatte die Familie Kaltwasser regelmäßig die Zusammenkünfte der Gemeinde in Frankfurt besucht und sich an der öffentlichen Missionstätigkeit beteiligt. Ab 1933 trafen sich die Zeugen Jehovas nur noch in kleinen Gruppen, so auch die Familie Kaltwasser. Nach Hitlers Machtübernahme 1933 wollte Adam Kaltwasser eine offene Konfrontation vermeiden. 1933 ging er noch zur Wahl und gab einen ungültigen Stimmzettel ab, um seinen Arbeitsplatz nicht zu verlieren. 1934 fand bei ihm eine Hausdurchsuchung statt und seine religiöse Literatur wurde beschlagnahmt. Dann verlor er seine Arbeit bei der Straßenbahn der Stadt Frankfurt und damit auch die Dienstwohnung in der Dillenburger Straße. Die Familie musste in eine umgebaute, feuchtkalte Scheune in der Ginnheimer Landstraße 198 ziehen.
Am 10. März 1937 wurde Adam Kaltwasser verhaftet und für seine religiösen Aktivitäten vor Gericht gestellt. Das Ermittlungsergebnis der NS-Behörden ließ keinen Zweifel darüber, was er zu erwarten hatte: „Eine exemplarische Bestrafung des Kaltwasser ist dringend erforderlich. Nach Verbüßung der Strafhaft dürfte bei Kaltwasser eine Unterbringung in ein Schulungslager angebracht sein.“ Wenige Tage nach ihrem Ehemann, am 25. März 1937, nahm man auch Wilhelmine in Haft. Ihre Beurteilung fiel nicht minder düster aus: „Bei der Ehefrau Kaltwasser handelt es sich um eine äusserst verstockte und verlogene Anhängerin der illegalen IBV. […] Von einer weiteren Befragung wurde abgesehen […] Eine harte Bestrafung ist unumgänglich.“
Am 27. Mai 1937 kam es vor dem Sondergericht Frankfurt zum Prozess. Beide wurden zu Haftstrafen verurteilt: Wilhelmine zu zwei Monaten (durch die Untersuchungshaft verbüßt), Adam zu einem Jahr und drei Monaten. Er kam in das Strafgefängnis Frankfurt-Preungesheim, dann am 22. Oktober 1937 in das Moorlager Walchum/Ems. Am 27. Juni 1938 – dem Tag seiner Haftentlassung – übergab man ihn der Polizei. Nach einem Monat im Gerichtsgefängnis Frankfurt wurde er am 3. August 1938 nach Dachau verschleppt, am 27. September 1939 dann nach Mauthausen. Noch im März 1940 erhielt die Familie von dort einen Brief des Vaters – es gehe ihm gut. Am 19. April 1940 kam das Telegramm mit der Todesnachricht: „Ehemann heute im Lager verstorben näheres durch Polizei“. In Wirklichkeit war er, wie ein Mithäftling sich erinnert, im Lager verhungert.
Wilhelmine Kaltwasser konnte erreichen, dass die Urne nicht wie geplant in Österreich, sondern am 6. Juni 1949 auf dem Frankfurter Hauptfriedhof beigesetzt wurde. Die Tochter beschreibt die Zeit danach: „In der ersten Zeit weigerte man sich, uns irgendwelche Hilfe zukommen zu lassen. Dann gab man uns einen geringen Zuschuss zur Miete. Hunger und Not, Unterdrückung und allerlei Schikanen mussten wir auf uns nehmen.“
Wilhelmine Kaltwasser war bereits krank aus dem Gefängnis gekommen. Ihre haftbedingten Krankheiten verschlimmerten sich derart, dass sie sich 1965 einer sehr schweren Operation unterziehen musste. Bald darauf wurde sie zum Pflegefall. Die Töchter zogen mit ihr nach Oberhausen-Rheinhausen im Kreis Karlsruhe. Wilhelmine Kaltwasser verstarb am 10. Juli 1976.
Die Stolpersteine wurden initiiert von den Zeugen Jehovas Frankfurt.
Wilhelmine Kaltwasser, geb. Heid | |
Geburtsdatum: Deportation: |
09.06.1890 Haft: 25.03.1937 |
Adam Kaltwasser | |
Geburtsdatum: Deportation: Todesdatum: |
22.02.1891 Haft: 10.03.1937 Papenburg-Walchum, Dachau, 1939 Mauthausen 19.04.1940 |