Wolfgang, Toni
Toni Wolfgang wurde in Weilburg geboren und lebte seit 1898 in Frankfurt am Main. Am 25. November 1897 heiratete sie in Weilburg den Kaufmann Leopold Wolfgang, geb. am 20.4.1862 in Bad Ems, Sohn von Jakob Wolfgang und Henriette, geb. Seckel. Er war Mitglied der Freimaurerloge „Zur Einigkeit“. Die Familie wohnte in einer Sechs-Zimmer-Wohnung im eigenen Haus in der Bürgerstraße 12 (Wilhelm-Leuschner-Straße.). Sie hatten zwei Kinder: Hildegard, geb. am 14 November 1898 und Ernst Jakob geb. am 21.09.1903, beide in Frankfurt am Main. Die Eheleute waren außerdem Eigentümer der Liegenschaft Kriegkstraße 45.
Hildegard heiratete den Arzt Dr. Adolf Neustadt, geb. am 15. Juli 1892 in Berlin. Am 12. August 1926 zogen sie nach Berlin-Charlottenburg. Die Familie emigrierte 1929 nach New York.
Ihr Sohn Lucien war am 18. April 1928 in Berlin geboren worden. Lucien Neustadt war Prof. für Electrical Engineering. Er war verheiratet mit Helmi Kangro, geb. am 11. Februar 1925. 1966 wurde die Ehe kinderlos geschieden. Lucien erkrankte an Leukämie und verstarb am 9. Oktober 1972, im Alter von 44 Jahren an einer Lungenentzündung, in Los Angeles, Kalifornien.
Ernst Jakob besuchte das Woehler-Gymnasium in Frankfurt und studierte an der Frankfurter Universität Wirtschaftswissenschaften. Er wurde Kaufmann und Banker. 1933 flüchtete er nach Palästina.
Dort eröffnete er mit Kollegen eine Privatbank. Doch zog er 1935 nach New York. Er war verheiratet mit Paula, geb. Hecht. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, Steven und Joan. Ernst Jakob verstarb am 21. August 1995 in Bryn Mawr, Pennsylvanien, seine Ehefrau im Jahr 2005.
Das Wohnhaus Bürgerstraße 12 musste vermutlich verfolgungsbedingt an den Diplom-Kaufmann Wilhelm Krick und Erna Maria Krick, geb. Tänzer, für 32.500 Reichsmark, die Liegenschaft Kriegkstraße bereits 1939 oder 1940 an Emilie Kaiser aus Offenbach veräußert werden. Der Kaufpreis musste auf ein Sperrkonto eingezahlt werden, über das Toni Wolfgang nicht frei verfügen konnte. Die Eheleute mussten zwangsweise eine „Judenvermögensabgabe“ in Höhe von 12.800 Reichsmark und eine Zwangsabgabe an die Jüdische Gemeinde in Höhe von 2.994 Reichsmark entrichten sowie einen „Heimeinkaufvertrag“ über mindestens 23.900 Reichsmark abschließen, mit dem den Unterzeichneten vorgegaukelt wurde, sie finanzierten damit ihren Lebensabend in einem Altersheim.
Zuletzt mussten Toni und Leopold Wolfgang, der am 22. Juli 1941 verstarb, in die Scheffelstraße 27 umziehen. Ein Antrag auf die dann gescheiterte „Auswanderung“, in dem auf zehn Seiten das Umzugsgut aufgelistet war, wurde im November 1941 genehmigt. Ernst Jakob hatte alles versucht, um seinen Eltern eine Ausreise zu ermöglichen. Zunächst wollte Toni Wolfgang ihren kranken und blinden Ehemann nicht verlassen. Als sie dann ein Affidavit hatten, waren noch 34.000 Wartende vor ihnen auf der Liste. Leopold Wolfgang starb 1939 im Bett „weil er blind war“, wie sein Sohn bemerkte. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Frankfurt beerdigt. Für seine Mutter hatte Ernst Jakob noch ein Visum für Kuba bekommen. Da es nach Portugal keine Zugverbindung mehr gab, hatte auch sie keine Möglichkeit mehr auszureisen. Sie wurde am 1. September 1942 nach Theresienstadt deportiert und starb dort am 25. April 1943, bedingt durch Mangelernährung und Durchfall.
Ihre Tochter Hildegard Neustadt starb 1981 in New York, ihr Ehemann 1983. Ihr Sohn Lucien starb 1972 in Los Angeles. Ernst Jakob Wolfgang starb 1995 in Bryn, Pennsylvania, seine Frau Paula 2005, sie hatten zwei Kinder, Steven und Joan.
Der Stolperstein wurde initiiert von Annemarie Volkmer aus Michelstadt. Ihre Tante Thea Burkard, geb. Emmerich, wurde als junges Mädchen von Leopold Wolfgang angestellt. Sie las dem erblindeten Herrn Wolfgang die Zeitung vor, ging mit ihm im Palmengarten spazieren und hat ihn auf allen Wegen begleitet. Mit ihren Kindern Doris und Ursula besuchte sie das Ehepaar noch in der Scheffelstrasse.
Toni Wolfgang, geb. Feist | |
Geburtsdatum: Deportation: Todesdatum: |
2.10.1875 1.9.1942 Theresienstadt 8.5.1943 |