Soziale Ungleichheit als Herausforderung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst
Soziale Ungleichheit als Herausforderung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst
Beim 6. Kompetenzforum des Gesunde Städte-Netzwerks widmeten sich Expert*innen in Bochum der Frage, wie der Öffentliche Gesundheitsdienst als Katalysator für sozialen Wandel fungieren kannArmut, soziale Ungleichheit und Gesundheit sind untrennbar miteinander verbunden. In einer gerechten Gesellschaft sollte niemand aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse von angemessener medizinischer Versorgung und einem gesunden Leben ausgeschlossen sein. Leider ist die Realität oft anders. Die soziale Ungleichheit erstreckt sich über viele Dimensionen des Lebens, darunter Einkommen, Bildung, Zugang zu Gesundheitsversorgung und soziale Integration. Wie sich dies auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bewohner*innen unserer Städte und Kommunen auswirkt, war Thema beim 6. Kompetenzforum, das das Gesunde Städte-Netzwerk am 19. und 20. Februar gemeinsam mit der Hochschule für Gesundheit (HS Gesundheit) und der Stadt Bochum ausgerichtet hat. Der Titel der diesjährigen Veranstaltung lautete: „Soziale Ungleichheit als Herausforderung in der Gesundheitsförderung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes“
In einem Dreiklang aus der Vorstellung erfolgreicher Praxis-Projekte, fachlichen Inputs aus Wissenschaft und Verwaltung sowie kollegialem Austausch bot das 6. Kompetenzforum den Teilnehmer*innen konkrete Unterstützung für ihre Arbeit in der Gesundheitsförderung vor Ort, beim Finden kreativer Problemlösungen und im Hinblick auf die Stärkung und Ermutigung zum Weitermachen unter herausfordernden Bedingungen. „Die HS Gesundheit betrachtet kommunale Gesundheitsförderung transdisziplinär. Unsere Forschung fokussiert neben Versorgungsthemen insbesondere das Thema ‚Urban und Community Health‘, das ein erklärter Forschungsschwerpunkt bei uns ist. Insofern bietet das Kompetenzforum hier an der Hochschule hervorragende Vernetzungs- und Transfermöglichkeiten für Forschung und kommunale Praxis“, sagte Prof.in Dr.in Eike Quilling, Vizepräsidentin für Forschung und Transfer, in ihrem Grußwort. „Die Vernetzung bietet für beide Bereiche und in beide Richtungen gedacht enormes Potenzial für Wissenszuwachs und Weiterentwicklung und ist die Voraussetzung für notwendige gesellschaftliche Transformation. Die Kooperation mit dem Gesunde Städte-Netzwerk im Rahmen des Kompetenzforums ist sinnvoll und darf gerne eine Wiederholung finden.“
Die eingeladenen Referent*innen und Expert*innen widmeten sich besonders der Frage: Wie kann der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) als Katalysator für den sozialen Wandel fungieren? Dr. Johannes Nießen, Errichtungsbeauftragter des Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) und Kommissarischer Leiter der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): „Zur Überwindung sozialer Ungleichheit im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention braucht es passgenaue Angebote und Netzwerke der Akteure vor Ort. Denn sie kennen die Herausforderungen und Bedürfnisse in den Kommunen am besten. Deshalb wird mit dem zukünftigen BIPAM eine engere Zusammenarbeit mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst angestrebt. Mit der Zielsetzung, den ÖGD durch die Aufbereitung und Bereitstellung von Daten, das Vernetzen von Best Practices sowie die Entwicklung von Standards zu unterstützen.“
Dr. Peter Tinnemann, Leiter des Gesundheitsamtes in Frankfurt am Main, betonte: „Die Gesundheit der Menschen zu schützen und zu fördern, ist eine Kernaufgabe der Gesundheitsämter. Sie müssen weiter gestärkt werden und sich zukünftig noch besser mit anderen kommunalen Einrichtungen gemeinsam für die Bevölkerungsgesundheit einsetzen.“ In diesem Zusammenhang sei es sehr wichtig, dass Gesundheitswissenschaftler*innen aus dem Public Health Bereich stärker in den ÖGD strukturell verankert werden. Problemlagen müssten identifiziert, Maßnahmen geplant und evaluiert werden. Dafür seien systematische Analysen und eine umfassende Auswertung gesundheits-, sozial- und umweltbezogener Daten unerlässlich. „Es bedarf einer nationalen Public Health Strategie in enger Verzahnung mit dem ÖGD“, so Peter Tinnemann.
Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, sagte: „Die anstehenden Reformen im Öffentlichen Gesundheitsdienst, die Novellierung des Präventionsgesetzes und der Aufbau eines Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit bieten - bei entsprechendem politischen Willen - die einmalige Chance, nachhaltige Fundamente der in Deutschland nach wie vor fehlenden Infrastruktur für Prävention und Gesundheitsförderung zu legen.“
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung weist diesbezüglich darauf hin, dass sie sich im Prozess der Errichtung des Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) befindet.
Fazit: Das 6. Kompetenzforum des Gesunde Städte-Netzwerkes hat lebhafte Diskussionen unterschiedlichster Akteure auf diesem Gebiet vorangetrieben. Das Netzwerk sieht es als Aufgabe, die angestoßenen Umstrukturierungsprozesse im ÖGD im Gang zu halten und bestenfalls zu beschleunigen.