Bruder, Karl

Bruder, Karl

Stolperstein-Biographien in Nieder-Eschbach

Bruder, Karl

Karl Bruder wurde in Nieder-Eschbach als Sohn des Schreiners Christian Wilhelm Bruder (geb. 17. Februar 1887 in Nieder-Eschbach, gest. 26. August 1931 in Nieder-Eschbach) und dessen ebenfalls aus Nieder-Eschbach stammenden Ehefrau Katharina geb. Hess (geb. 23. August 1894, gest. 4. April 1963 Krankenhaus Bad Homburg) geboren. Getauft wurde er am 4. März 1917, konfirmiert am 6. April 1931. Karls jüngerer Bruder Christian wurde 1921 in Nieder-Eschbach geboren; er verstarb dort im Jahre 1983.

1933 wurde Karl Bruder auf Grundlage des am 14. Juli 1933 erlassenen Gesetzes „zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ für acht Tage in die Universitätsnervenklinik Gießen eingewiesen. Festgestellt werden sollte, ob er unter Epilepsie („erbliche Fallsucht“) litt. Im Jahre 1940 wurde ihm die Denunziation eines Nachbarn in Nieder-Eschbach zum Verhängnis: Frühmorgens holten ihn örtliche Polizisten aus dem Bett und brachten ihn auf Beschluss des Erbgesundheitsgerichts vom 13. November 1940 zwangsweise in die Universitätsklinik Gießen. Dort wurde der 23-Jährige „zwangssterilisiert“. Darüber wurde er weder im Vorfeld informiert noch um sein Einverständnis gebeten. Nach diesem ‚Eingriff‘ kehrte Karl Bruder nach Nieder-Eschbach zurück. Von 1943 bis 1950 arbeitete er in seinem Beruf als Gärtner, danach als Arbeiter oder Aushilfe u.a. in der Landwirtschaft.

Im Oktober 1958 verheiratete Karl Bruder sich mit der am 30. April 1931 im bayerischen Schön (Gemeinde Geiersthal) geborenen Anna Menacher.

Bis zu seinem Tode am 15. Mai 1974 (gestorben in Frankfurt, beerdigt in Nieder-Eschbach) litt Karl Bruder physisch und vor allem psychisch erheblich unter der Zwangssterilisation. In seinem Heimatort Nieder-Eschbach, der 1933 nur knapp 1200 Einwohner zählte, wurde jedoch nie offen über Bruders Schicksal gesprochen. So blieb er sozial größtenteils isoliert und war des Öfteren Hänseleien von Kindern und Jugendlichen ausgesetzt.

Dennoch befand die Entschädigungsbehörde, Karl Bruder stehe keine Entschädigung zu. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Universitätsklinik Gießen angab, über keinerlei Akten mehr zum ‚Fall‘ Karl Bruder zu verfügen. Das für Entschä­digungsleistungen zuständige Regierungs­präsidium Darmstadt begründete seinen abschlägigen Bescheid vom 27. Mai 1957 damit, dass der zwangsweise vorge­nommenen Sterilisation ein „Verfahren“ voraus­gegangen sei, „das eine Entschädigungsleistung ausschließt“.


Der Stolperstein wurde initiiert von Frau Inge Appel (Nieder-Eschbach) und dem Neffen von Karl Bruder, Herrn Jürgen Karl Bruder (Nieder-Eschbach), der den Stein auch finanziert.

 

Bathgartenweg 6, Bruder, Karl
Karl Bruder © privat, J. Bruder

 

 
Karl Bruder 
Geburtsdatum:   8.2.1917 
Einweisung:   13.11.1940 Universitäts-Nervenklinik Gießen,
Zwangssterilisation, überlebt 

Stolperstein Bathgartenweg 6, Bruder, Karl
Stolperstein Bathgartenweg 6, Bruder, Karl © Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main

 

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