Gewässerrenaturierung Fechenheimer Mainbogen

Gewässerrenaturierung Fechenheimer Mainbogen

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Vermessungsarbeiten zur Gewässerrenaturierung am Fechenheimer Mainbogen

Vermessung zu Lande, zu Wasser und aus der Luft

Vor Ort am Fechenheimer Mainbogen mit Vermessungsdrohne (UAS) und Tachymeter.
Vor Ort am Fechenheimer Mainbogen mit Vermessungsdrohne (UAS) und Tachymeter. © Stadt Frankfurt am Main, Foto: Stadtvermessungsamt

Der Fechenheimer Mainbogen liegt im Osten Frankfurts. Ein Teilprojekt des Frankfurter Green-City-Prozesses ist die Renaturierung der Flusslandschaft. Aus dem hauptsächlich landwirtschaftlich genutzten Gebiet soll eine Auenlandschaft werden, die Lebensraum für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt bietet. Die Renaturierung findet in mehreren Ausbaustufen statt.


Im November 2019 wurde die erste Ausbaustufe der mit 90 Hektar größten Renaturierungsmaßnahme entlang des hessischen Mainufers erfolgreich fertiggestellte. Auf dem Gebiet entstanden die ersten zwei Wasserflächen: Ein Altwasser-Teich samt Böschung mit über 7.700 Quadratmeter Fläche sowie der bis zu 4 Meter tiefe, etwa 35.200 Quadratmeter große „kleine Altarm“ mit zwei Anbindungen zum Main und umgebender Böschung mit verschiedenen Neigungswinkeln.


Das Projekt wurde vom Umweltamt geplant und mit Hilfe der Stadtentwässerung baulich betreut. Die aufwendigen Baumaßnahmen bedurften umfangreicher Vermessungsarbeiten die teilweise unter Wasser stattfinden mussten. Diese konnten in Kooperation mit einem externen Dienstleister und der Frankfurt University of Applied Sciences erfolgreich durchgeführt werden.


Neben der Datenerhebung durch das Stadtvermessungsamt, wurden die Vermessungen der beiden Partner koordiniert und gebündelt. Anschließend wurden alle Daten zusammengerechnet und homogenisiert zu einem gemeinsamen Ergebnis zusammengeführt. Aufgrund der Projektgröße und der eingesetzten Technologien entstanden gigabyteweise Daten mit Millionen von 3D-Punkten, die teils stundenlange Berechnungsprozesse nach sich zogen. Unter anderem wurde aus den Daten das Volumen des Erdaushubes berechnet.


„Gerade dieses Zusammenspiel mit Messdaten unterhalb der Wasseroberfläche, vom Boden und aus der Luft in einem solch großen Areal, war eine spannende und knifflige Aufgabe, die letztendlich realisiert werden konnte,“ so Joachim Kaiser, Leiter der Vermessungsabteilung.

Das topografische Aufmaß

Planungsskizze des Umweltamt - der renaturierte Fechenheimer Mainbogen mit beiden Altarmen.
Planungsskizze des Umweltamts - der renaturierte Fechenheimer Mainbogen mit beiden Altarmen. © Stadt Frankfurt am Main, Umweltamt, Foto: Umweltamt
Um die bauliche Veränderung des Mainbogens festzuhalten und die korrekte Umsetzung der Planung überprüfbar zu machen, wurde ein topografisches Aufmaß des Zustandes vor und nach den Renaturierungsmaßnahmen erstellt.

Das Stadtvermessungsamt übernahm einen wesentlichen Teil der mit dieser Aufgabe verbundenen Arbeiten und lieferte als Grundlage die Bestandsdaten des über 70.000 Quadratmeter großen Teilabschnittes.
„Eine „klassische“ punktweise Rastervermessung mittels GNSS (global navigation satellite system) wäre in einem Gebiet dieser Größe nicht sinnvoll gewesen,“ so Herr Kaiser weiter, „daher haben wir uns entschieden, als Grundlage für die Bestandsaufnahme die Luftbilder aus der in unserem Auftrag jährlich stattfindenden Befliegung des Stadtgebiets zu nutzen.“


Aus den Luftbildern wurde eine 3D-Punktwolke des Mainbogens mit einer Bodenauflösung von 8 cm abgeleitet. In den Bereichen, die nicht mit Bäumen bewachsen waren, konnte durch eine Dreiecksvermaschung ein digitales Geländemodell (DGM) berechnet werden. Zusätzlich wurden Kontrollpunkte, das Mainufer sowie einzelne Baumgruppen per GNSS oder Tachymeter vermessen und im Geländemodell ergänzt. Das Ergebnis war ein digitales Geländemodell, dass die Situation vor der Neustrukturierung umfassend abbildete.

GNSS-gestützte Bagger und Zwischenvermessung

Bei der Bauausführung kamen GNSS-gestützter Bagger zum Einsatz. Diese können präzise per Koordinaten positioniert werden. In einem unübersichtlichen Gebiet und bei komplexen Aufgaben kann so exakt gearbeitet werden. Die beauftragte Baufirma benötigte hierzu zusätzliche Höhenangaben und ein Festpunktfeld aus mit Koordinaten versehenen Holzpflöcken als Positionsreferenz die das Stadtvermessungsamt abmarkte.

Nachdem ein Großteil des kleinen Altarms ausgebaggert worden war, wurde eine Zwischenvermessung durchgeführt, um den Baufortschritt zu überprüfen. Das Stadtvermessungsamt erfasste die Böschung, die Uferlinie und das angrenzende Gelände flächendeckend mit einem terrestrischen 3D-Laserscanner. Über die Hälfte der Baugrube war mit Wasser geflutet und somit nicht ohne weiteres zu vermessen. Diese Aufgabe konnte ein externes Ingenieurbüro mittels eines kleinen Bootes und darauf installierter Echolot- sowie GNSS-Technologie umsetzen. Die Kollegen fuhren festgelegte Profillinien entlang. Durch das verwendete Landessystem UTM konnten die daraus erzeugten Schnitte durch die Gewässersohle mit den Messdaten des Stadtvermessungsamtes verschnitten und mit dem Aufmaß vor den Baumaßnahmen abgeglichen werden.

Darstellung der Differenzenanalyse zweier Geländemodelle des Altarms aus Planungs- und Vermessungsdaten.
Differenzenanalyse zweier Geländemodelle des Altarms aus Planungs- und Vermessungsdaten. © Stadt Frankfurt am Main, Foto: Stadtvermessungsamt

Abschlussvermessung


Nach Abschluss der Baggerarbeiten wurde das gesamte Gelände - beide Gewässer, neu verlegter Leinpfad, Anlegestelle am Mainufer sowie die weiteren Veränderungen – erneut vermessen. Aufgrund der Ausdehnung von über 900 Meter Länge und mehr als 100 Meter Breite an der breitesten Stelle, mussten die Daten aus der Luft erfasst werden. In diesem Fall konnte man jedoch nicht auf bereits vorhandene Befliegungsdaten zurückgreifen, sondern musste selbst Daten mittels UAS (unmanned aerial system = unbemanntes Flugsystem ugs. Drohne) gewinnen. Der Einsatz solcher Vermessungsdrohnen wird durch eine Kooperation des Stadtvermessungsamtes mit der Frankfurt University of Applied Science (FRA-UAS) ermöglicht. Diese stellte Drohne, Pilot und Expertise zur Verfügung.

Das Stadtvermessungsamt unterstützte bei der Flugplanung, signalisierte und koordinierte die fast dreißig im Messgebiet am Boden verteilten Passpunkte, welche für die Luftbildauswertung benötigt wurden. Die Befliegung mit dem UAS erfolgte in etwa 65 Meter Höhe und es wurden fast 500 Fotos aufgenommen. Aus diesen konnte je ein Orthofoto mit 1 cm Bodenauflösung pro Wasserstelle sowie eine 3D-Punktwolke generiert werden.

Aus den gewonnenen räumlichen Informationen wurden im Stadtvermessungsamt ein Geländemodell der Erdoberfläche außerhalb des Wassers nach Abschluss der Arbeiten berechnet. An Kontrollpunkten, an den Mainzuläufen und an aus der Luft schwer einsehbare Stellen wurden zusätzliche Aufnahmen mit dem 3D-Laserscanner durchgeführt, die das Digitale Geländemodell vervollständigten. Die sichtbaren Teile des Mainbogens waren nun vor und nach der baulichen Umstrukturierung dokumentiert und visualisiert.

Um die Dokumentation abzuschließen und eine Bauabnahme zu ermöglich, fehlte nun noch der nicht sichtbare Bereich unter der Wasseroberfläche. Das externe Vermessungsbüro führte eine abschließende Echolotvermessung entlang der Profillinien durch. Die als 3D-Modell aufbereiteten Daten der Gewässersohle wurden mit den vorhandenen Daten kombiniert. Ein Abgleich mit dem Modell vor der Bauausführung war nun möglich und die Analyse, Visualisierung und koordinierte Kartierung des umstrukturierten Abschnittes am Fechenheimer Mainbogen umgesetzt.

Neben einer Flächen-, Volumen-, Höhen- und Differenzenanalyse, können aus dieser umfassenden räumlichen Datengrundlage weitere Geoinformationen des gesamten Geländes bei Bedarf abgeleitet werden.

Der nächste Schritt, der „große Altarm“ mit etwa 2 Kilometer Länge sowie weiteren Wegen und Brücken, befindet sich in Planung. Sicherlich wird auch dann wieder eine flächendecke Vermessung vor, während und nach der Baumaßnahme notwendig sein.

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