Reichsstadt
Die Königspfalz wird autonom
Unter den karolingischen, sächsischen und fränkischen Kaisern ist Frankfurt noch keine Stadt, sondern eine befestigte Königspfalz. Diese wird zunächst von einem Vogt, ab 1220 von einem Schultheißen verwaltet. Sowohl der Vogt als auch der Schultheiß haben die Aufgabe, den König in seiner Abwesenheit zu vertreten.
Unter den Staufern (1138-1254) entwickelt sich Frankfurt dann zur Stadt. "Fernverkehr" und Handel blühen auf, die Bevölkerung wächst und der Ort weitet sich aus. Eine neue Stadtummauerung wird notwendig, was zum Bau der heute noch sichtbaren Staufenmauer führt. Unmittelbar am Main lässt Konrad III. den Saalhof mit der noch heute erhaltenen Saalhofkapelle errichten.
In dieser Zeit tauchen zum ersten Mal die Bezeichnungen "oppidum" (Stadt) und "cives" (Bürger) auf. 1254, am Ende der staufischen Dynastie, wird Frankfurt zunehmend selbständig. Die Stadt tritt dem zur Sicherung des Reichsfriedens gegründeten Rheinischen Städtebund bei. 1266 entwickelt sich neben den Schultheißen und den rechtsprechenden Schöffen der Rat als neues Verwaltungsorgan. 1311 erhält Frankfurt - wenn auch eingeschränkt - seine erste Selbstverwaltung. Zwei Bürgermeister lösen den Schultheißen ab und übernehmen dessen administrativen Funktionen.
Frankfurt wird zum Kaufhaus der Deutschen
Die Stadtwerdung Frankfurts ist eng verknüpft mit der Entwicklung der Frankfurter Messe. Diese wird 1160 in einer jüdischen Schrift zum ersten Mal erwähnt. Im 13. und 14. Jahrhundert fördern vor allem Friedrich II., Ludwig der Baier und Karl IV. Frankfurts Aufstieg zu einem europäischen Handelszentrum. Sie gewähren der Stadt zahlreiche Privilegien, die unter anderem auch zur Absicherung der Frankfurter Messen dienen. Infolge entwickeln sich die alte Herbstmesse und die neue, 1330 von Kaiser Ludwig dem Baiern reichsrechtlich sanktionierte Fasten- oder Frühjahrsmesse, zu einer Drehscheibe des Fernhandels. Während die alte Herbstmesse in erster Linie frisch geerntete Naturalien aus der Region anbietet, dient die neue Messe im Frühjahr der Vermarktung von Weinen, Rohstoffen und gewerblichen Produkten. Frankfurt gilt zu dieser Zeit als das "Kaufhaus der Deutschen". Die Stadt und Bevölkerung (8-10.000 Einwohner) wachsen unter dem wirtschaftlichen Aufschwung.
Um 1480 wird die Buchmesse fester Bestandteil der Frankfurter Messe. Sie findet wie alle anderen Messen zur damaligen Zeit auf dem Römerberg statt. Mit der Niederlassung des Buchdrucks um 1530 wird Frankfurt zur wichtigsten Druckerstadt Deutschlands und zu einem der größten Buchzentren Europas. Dass Frankfurt sich zu einem so bedeutenden Messeplatz entwickeln konnte, liegt hauptsächlich an den wichtigen Handelsrouten, die durch die Mainstadt führten.
Der patrizische Rat provoziert Bürgerunruhen
Bis ins 19. Jahrhundert hinein wird Frankfurt immer wieder von Auseinandersetzungen zwischen dem patrizischen Rat und den nach Teilhabe an der Macht strebenden Zünften bzw. dem Bürgertum erschüttert. Seit Beginn des 14. Jahrhunderts besteht der Rat aus drei Bänken. Von diesen beanspruchen die Schöffen und die "Gemeinde" (Adelige, Akademiker und reiche Kaufleute) die ersten beiden Bänke. Die Zünfte - allerdings nur die "ratsfähigen" - besetzen die dritte Bank. Somit hat die breite Bevölkerungsschicht keinen Einfluss auf politische Entscheidungen der Stadtregierung.
Die Unzufriedenheit der Bürger macht sich in ersten Unruhen 1350 und 1366 Luft. Doch ohne Erfolg - die Zünfte spielen weiterhin eine untergeordnete Rolle. 1613 und 1614 kommt es dann erneut zu einem Aufruhr. Der vom Lebküchler Vinzenz Fettmilch angeführte Aufstand richtet sich zunächst gegen die Misswirtschaft des Rats der Stadt, der von Patriziern dominiert wird. Der „Fettmilch-Aufstand“ artet jedoch in Ausschreitungen gegen die Frankfurter Juden aus, die aus der Stadt vertrieben werden. Während des Überfalls auf die Judengasse am 22. August 1614 ertönt mehrfach der Ruf: „Plündert die Judengasse!“. Mit den wenigen Habseligkeiten, die den Juden nach den Plünderungen geblieben sind, müssen sie die Stadt verlassen und nach Hanau, Offenbach und Höchst fliehen.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts zeichnet sich ein weiterer Konflikt zwischen dem Rat und Teilen der Bürgerschaft ab. Dieser endet 1708 bis 1732 als Verfassungsstreit "Frankfurt gegen Frankfurt" vor dem Kaiser. Wiederum bleiben grundlegende Änderungen aus. Erst mit der freistädtischen Verfassung 1816 werden die Privilegien der Patrizier abgeschafft. Von nun an kann jeder, der das Frankfurter Bürgerrecht besitzt - Voraussetzung ist ein Mindestvermögen von 5000 Gulden - in den Rat gewählt werden.
Religiöse Auseinandersetzungen im Mittelalter
Im 13. und 14. Jahrhundert führt religiöser Fanatismus seitens der Christen zur Vernichtung und Vertreibung der jüdischen Bevölkerung. Zwischen 1461 und 1463 errichtete die Stadt ein abgeschlossenes Ghetto vor der Staufenmauer, in das die Frankfurter Juden auf Drängen der Kirche und Befehl Kaiser Friedrichs III. umgesiedelt werden. Ab 1520 gewinnt die Reformation zunehmend Anhänger in der Stadt. 1521 übernachtet Martin Luther auf dem Weg zum Wormser Reichstag in Frankfurt. Reformatorische Predigten werden zum ersten Mal zwischen 1522 und 1524 abgehalten. Der Frankfurter Rat hegt zwar Sympathien für diese neue Lehre, versucht sie aber auf Druck des Mainzer Erdbischofs einzudämmen. Dies resultiert 1525 in einem religiös, sozial und politisch motivierten Aufstand der Zünfte gegen das patrizische Stadtregiment und den altgläubigen Klerus. 1533 führt der Rat nach einer Bürgerbefragung die Reformation offiziell in Frankfurt ein und verbietet die öffentliche Ausübung der katholischen Religion. Um den katholischen Gegnern standzuhalten, tritt die Stadt 1536 dem Schmalkaldischen Bund, dem antikaiserlichen Glaubensverteidigungsbündnis bei. Nach dessen Niederlage im Krieg gegen Kaiser Karl V. wechselt Frankfurt wieder ins kaiserliche Lager über. Die Stadt wird gemischtkonfessionell, was 1555 durch den Augsburger Religionsfrieden reichsrechtlich fixiert wird. Von nun an strömen Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden an den Main. Sie machen bald ein Fünftel der Bevölkerung aus und prägen in den folgenden Jahren entscheidend Frankfurts Wirtschaft.
Franzosen besetzten die Stadt
Brände und schwere Epidemien zählen zu den verheerenden Ereignissen des 18. Jahrhunderts. 1713 rollt die dritte Pestwelle über Frankfurt hinweg. Der "Judenbrand" in der Judengasse von 1711 und 1721 sowie der "Christenbrand" im Jahre 1719 zerstören große Teile der Stadt. Beim Wiederaufbau entstehen neue Baustrukturen. Sie verleihen der Stadt ein anderes, dem Zeitgeschmack angepasstes Gesicht. Hausnummern und Straßenlaternen werden eingeführt, die Straßenpflasterung verbessert. Dies geschieht auf Anregung von französischen Besatzern, die Frankfurt zum ersten Mal im Siebenjährigen Krieg (1759-1763) einnehmen. Weitere französische Besetzungen folgen 1792, 1796, 1800 und 1806. 1749 wird Frankfurts berühmtester Bürger Johann Wolfgang von Goethe geboren. Sein Geburtshaus im Großen Hirschgraben kann heute noch besichtigt werden. Seine Kindheit in Frankfurt und seine Erfahrungen mit der französischen Besetzung beschreibt der große Dichterfürst in seinem Buch "Dichtung und Wahrheit". Wachsender Bürgersinn führt um 1750 zu einem ausgeprägten Mäzenatentum in der Stadt. Ein herausragendes Beispiel ist die Stiftung des Arztes Johann Christian Senckenberg, der 1763 sein gesamtes Vermögen für naturwissenschaftlich-medizinische Institute und ein Bürgerhospital zur Verfügung stellt. Auch große gesellschaftliche Anlässe gibt es in diesem Jahrhundert. Vor allem die letzten Kaiserkrönungen von 1711, 1742, 1745, 1764 und 1790 sowie die damit verbundenen Feierlichkeiten im Kaisersaal des Römers und auf dem Römerberg gehören dazu. Das Kapitel "Kaiserstadt Frankfurt am Main" schließt mit der Krönung Kaiser Franz II. am 14. Juli 1792. Denn mit der Errichtung des Rheinbundes unter dem "Vorsitz" Napoleons und dem Verzicht Kaiser Franz II. auf die Kaiserkrone endet 1806 das Heilige Römische Reich deutscher Nation. Frankfurt verliert seinen Status als Reichs-, Wahl- und Krönungsstadt.