MoSyD 2021
Drogenkonsum unter Jugendlichen wieder auf Vor-Corona-Niveau
Im zweiten Coronajahr haben Frankfurter Schülerinnen wieder mehr Alkohol getrunken, mehr Zigaretten geraucht und mehr Cannabis konsumiert als im Vorjahr. Dies hat die jüngste, repräsentative Drogentrendstudie „Monitoring-System Drogentrends“ (MoSyD) ergeben, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Centre for Drug Research der Goethe-Universität jährlich erheben. Das Drogenreferat fördert die Studie seit 2002 – und damit nun schon zum 20. Mal. Gut ein Drittel (36 %) der Jugendlichen gab an, im Vormonat der Befragung weder legale noch illegale Drogen konsumiert zu haben. Die Abstinenzquote liegt damit zwar immer noch auf einem vergleichsweise hohen Niveau, der Höchstwert von 45 % aus dem Vorjahr ist jedoch weit entfernt.
Alkohol und Cannabis wieder auf Vor-Corona-Niveau
„Die Studie hat die
Vermutung bestätigt, dass Jugendliche wieder mehr Alkohol oder Cannabis
konsumieren, sobald Corona-Schutzmaßnahmen wegfallen und sich wieder mehr Gelegenheiten
zum Feiern und Freunde treffen bieten“, kommentiert Gesundheitsdezernent Stefan
Majer die eben veröffentlichten Daten.
Auch Dr. Bernd Werse, Leiter des Centre for Drug Research,
deutet die steigenden Konsumzahlen bei legalen und illegalen Drogen als
sogenanntes „Corona-V“. „Insbesondere der Konsum von Alkohol und Cannabis scheint
bei Jugendlichen besonders stark an gemeinsame Gelegenheiten geknüpft zu sein –
die Konsumraten stiegen jedenfalls nach der Zeit der Kontaktbeschränkungen
besonders deutlich an.“ Aber auch andere psychoaktive Substanzen sind wieder mehr
konsumiert worden. „Die nächsten Jahre werden zeigen, welche Rolle die Pandemie
für die Prävalenzraten tatsächlich gespielt hat, zumal der Konsumtrend gerade
bei legalen Drogen schon vor Corona stark rückläufig war.“
Drogenreferat erarbeitet abgestimmte Alkohol-Strategie für Frankfurt
51 Prozent der Jugendlichen haben
angegeben, in den vergangenen 30 Tagen Alkohol getrunken zu haben und 36
Prozent gaben an, in diesem Zeitraum mindestens einmal betrunken gewesen zu
sein. Beide Werte entsprechen exakt den Daten von 2019, dem Jahr vor Corona. Der
seit einigen Jahren zu beobachtende rückläufige Trend beim Alkoholkonsum hat
sich in der aktuellen Erhebung nicht fortgesetzt: „Das heißt: Alkohol bleibt die
Lieblingsdroge und auch die meist diskutierte Droge von Jugendlichen“, sagt Dr.
Artur Schroers. Dies zeige sich auch darin, dass die Angebote zur
Alkoholsuchtprävention und Frühintervention stärker nachgefragt werden.
Schroers kündigt eine abgestimmte
Alkoholstrategie an, die verschiedene Handlungsfelder berücksichtigt und einem
„Policy Mix“ aus Verhaltens- und Verhältnisprävention gerecht wird: „Im Moment
erarbeiten wir die Eckpunkte dieser Strategie. Bis Ende des Frühjahrs wollen
wir soweit sein und alle notwendigen Akteure ins Boot holen.“
Drogenreferat startet Befragung zum Thema Cannabis in der Stadt
Auch Cannabis steht angesichts der Debatte um eine
kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken an Erwachsene besonders im
Fokus der Präventionsarbeit: In wenigen Tagen startet das Drogenreferat eine Bürger:innen-Befragung
zum Thema Cannabis, kündigt Artur Schroers an. Ziel ist, dass in Frankfurt alle
Informations- und Hilfeangebote organisiert und bereitgestellt werden, die
Bürgerinnen und Bürger zu dem Thema wünschen und benötigen.
Bei der Schüler:innenbefragung 2021 gaben 17 Prozent an, in
den vergangenen 30 Tagen mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben, sechs
Prozent sagten, sie haben dies mehr als zehnmal getan. Auch diese Werte
entsprechen in etwa den Angaben von 2019. Im Coronajahr 2020 war die
30-Tages-Prävalenz auf 15 Prozent zurückgegangen.
E-Zigaretten weiter im Trend
Klassische Zigaretten haben nach dem Tiefstand im Jahr 2020
wieder an Beliebtheit zugelegt. 12 % der Befragten und damit drei Prozentpunkte
mehr als Im Vorjahr gaben an, täglich zu rauchen. Die Verbreitung von
E-Zigaretten bzw. E-Shishas ist in der jüngsten Befragung ebenfalls deutlich
gestiegen. 7 % der Befragten „dampfen“ täglich. Damit sind E-Produkte auch bei Jugendlichen
angekommen, der aktuelle Konsum von insbesondere nikotinhaltigen Erzeugnissen steigt.
Gesundheitsdezernent Stefan Majer macht dafür auch die Werbung verantwortlich,
die sich gezielt an Jugendliche wendet: „Ich hoffe sehr, dass die
Tabaksteueranhebungen und die beschlossenen Werbeverbote für Außenwerbung bald
Wirkung zeigen.“
Rausch aus der Sahnekartusche – Lachgas im Trend
Für die Forschenden überraschend
war die deutliche Zunahme von Lachgas-Konsum im Jahr 2021. Nach mehreren Jahren
Rückgang verzeichneten sie einen plötzlichen Anstieg der Konsumerfahrung von 7
% auf 13 %; auch die 30-Tages-Prävalenz ist deutlich auf 5% angewachsen – von
weniger als 1%. Frankfurter Bürger*innen sehen das Phänomen auch im Stadtbild:
Leere Sahnekartuschen, aus denen die legal in Supermärkten und Kiosken
erhältliche Substanz inhaliert wird, liegen vermehrt als Müll in Parks und auf
der Straße.
Kokain beliebteste
illegale Partydroge
Kokain ist wie in beiden
Vorjahren die wichtigste „Partydroge“ in Szenen mit elektronischer Musik, auch
wenn die Verbreitung in Ausgehszenen erstmals seit 2016 nicht größer geworden
ist. An der Verbreitung werktäglichen Kokaingebrauchs in Ausgehszenen hat sich
wenig geändert. Für den Leiter des Drogenreferats ist es wichtig, Jugendliche
möglichst frühzeitig mit Präventionsangeboten zu erreichen und alles in den
Blick zu nehmen, was in Partyszenen stattfindet. Das Projekt „Safe Party
People“ und die Prävention- und Aufklärungsarbeit, die der Träger Basis –
Beratung, Arbeit, Jugend & Kultur e. V., in den Ausgehszenen leistet, nennt
Schroers „außerordentlich wichtig“.
Drug Checking wäre aus seiner
Sicht ein wichtiges Angebot, für das endlich auch in Deutschland die
gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden sollten, sagt Schroers: „Das ist ein echtes
Herzensprojekt von mir, weil es ein effektives und wichtiges Instrument für den
Gesundheitsschutz ist. In Österreich oder in der Schweiz können Partygänger
ganz niedrigschwellig vor Ort testen lassen, was in den Substanzen ist, die sie
konsumieren wollen.
Zunahme psychischer Probleme
Erkennbar
mehr Jugendliche klagen seit Beginn der Pandemie über psychische Probleme: 2021
gaben 24 % der 15- bis 18-Jährigen an, dass sie in den vergangenen 12 Monaten
unter nennenswerten psychischen Problemen gelitten haben (2020: 22 %). Am
häufigsten wurden dabei depressive Verstimmungen und Depressionen genannt;
daneben sind auch Panikattacken, Angststörungen und Essstörungen bei Teilen der
Befragten verbreitet. Schülerinnen und insbesondere ‚diverse‘ (z. B.
nicht-binäre) Befragte geben weitaus häufiger psychische Probleme an als
Schüler. „Die Pandemie hat manche Jugendliche und jungen Erwachsenen hart
getroffen. Mit dem stadtweiten Aktionsplan gegen Coronafolgen und einer
stärkeren Verzahnung und Weiterentwicklung der vielfältigen, präventiven
Angebote versuchen wir dem entgegenzuwirken“, so Gesundheitsdezernent Stefan
Majer.
Mehr Jugendliche beteiligt
Die Befragungen liefen zwischen November
2021 und April 2022. 1413 Personen ab 15 Jahren haben an der Studie teilgenommen.
Damit wurden wieder mehr Jugendliche als unter den Corona-Bedingungen im
Vorjahr erreicht. „Die Ergebnisse sind damit repräsentativ. Sie zeigen
im Vergleich mit anderen Großstädten Deutschlands eher geringe Unterschiede“,
betont Dr. Werse. 19 allgemein- und berufsbildende
Schulen mit 79 Klassen haben sich an der Studie beteiligt. Das Durchschnittsalter der Hauptstichprobe (15 bis 18 Jahre)
lag bei 16,7 Jahren, 81 % der Befragten wohnten in Frankfurt.
Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an das Drogenreferat der Stadt Frankfurt:
Telefon 069-212-30124; Email: drogenreferat@stadt-frankfurt.de
oder an Bernd
Werse, Centre for Drug Research: Telefon: 069-798-36386; Email: werse@em.uni-frankfurt.de