„Ich will für die Menschen etwas erreichen - dort wo sie sind“
Am Donnerstag, 27. Januar, wurde Stadträtin Sylvia Weber als Dezernentin für Bildung, Immobilien und Neues Bauen von der Stadtverordnetenversammlung für sechs weitere Jahre in ihrem Amt bestätigt. Im Interview schaut sie auf ihre erste Amtszeit als Integrations- und Bildungsdezernentin zurück und wirft einen Blick in die Zukunft.
Frau Weber, welches
Zwischenfazit ziehen Sie nach den ersten sechs Jahren Ihrer Tätigkeit als
Integrations- und Bildungsdezernentin?
SYLVIA WEBER: Ich wurde damals gewarnt, genauso wie heute, dass mein Dezernat
zu groß und zu vielfältig sei, um es zu steuern und die Herausforderungen zu
bewältigen. Ich glaube, ich konnte zeigen, dass es im Gegenteil wichtig ist,
ein Dezernat mit viel Power auszustatten, um auch strukturell etwas zu bewegen.
Das war mir wichtig. Damit Integrationspolitik rauskommt aus der reinen
Symbolik, damit soziale Infrastruktur geschaffen wird und damit auch die
interkulturelle Arbeit in der Bildung besser unterstützt werden kann.
Auf welches Projekt oder
Vorhaben sind Sie in der Rückschau besonders stolz?
WEBER: Viele würden wahrscheinlich sagen, dass wir mit dem
stadtRAUMfrankfurt ein bundesweit einzigartiges Projekt gestemmt haben. Auf
16.000 Quadratmetern wurden Kompetenzen gebündelt und Räume für Vereine und ihr
Engagement geschaffen. Und ich freue mich, dass der stadtRAUMfrankfurt bereits
regional als Vorbild für weitere Projekte dient, wie zum Beispiel in Hanau.
Stolz bin ich auch auf den Aktionsplan gegen Rassismus und Rechtsextremismus.
Neben vielen guten Maßnahmen gegen Menschenfeindlichkeit enthält der Plan
erstmals das Bekenntnis der Stadt Frankfurt, dass Rassismus auch in unserer
vielfältigen Stadt ein Problem ist – und zwar ein strukturelles.
Froh bin ich aber auch über kleinere Projekte, die mir persönlich sehr am
Herzen liegen. So zum Beispiel die Spende von 120.000 FFP2-Masken nach Rojava
in Nordsyrien oder die Finanzierung eines Rettungsbootes für das Einsatzschiff
Sea-Eye 4, das seither gemeinsam mit seinem Schwesterschiff 2207 Menschen aus
Seenot gerettet hat.
Welche Erkenntnisse und
Themen begleiten Sie auch in Ihrer neuen Zuständigkeit?
WEBER: Ich weiß um die Vielfalt in unserer Stadt und ich gebe mich nicht mit
einfachen Antworten zufrieden. Ich will für die Menschen etwas erreichen - dort
wo sie sind. Ich will eine kritische Baupolitik und eine soziale
Liegenschaftspolitik betreiben. Erste Schritte in diese Richtung haben wir mit
der Bereitstellung einer Ersatzfläche für das Bauwagendorf gemacht; auch unsere
Bemühungen um den Bunker Marbachweg und unser Einsatz für eine
mittelfristige Alternative gehören dazu. Außerdem setze ich mich dafür ein,
dass die Stadt sich ihrer historischen Verantwortung stellt und zum Beispiel
für die Wohngemeinschaft Bonameser Straße eine Perspektive schafft.
Sie sind neben Bildung nun
auch für die spannenden und wichtigen Themen Immobilien und Neues Bauen
zuständig. Was heißt „Neues Bauen“ und welche Schwerpunkte wollen Sie setzen?
WEBER: Neues Bauen heißt, auf eine ökologische, ressourcenschonende Bauweise zu
achten. Dazu wollen wir mehr im Bestand bauen und die Priorität auf Umbau vor
Abriss setzen. Ein Beispiel ist die Transformation eines Bürogebäudes in ein
Schulgebäude. Die CO2-Bilanz muss als Teil der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
mehr Gewicht bekommen. Es geht darüber hinaus um energetische Sanierung und die
Entsiegelung von Flächen, um nachwachsende und recyclebare Baustoffe, um
Fassaden- und Dachbegrünung. Derzeit gilt in Frankfurt schon der
Passivhausstandard, aber wir wollen einen Schritt weitergehen und Aktivhäuser
bauen, die etwa mit Photovoltaik selbst Energie erzeugen.
Welche Synergien sehen Sie
in den Bereichen Bildung und Bauen?
WEBER: Der Schulbau ist ein wichtiger Bereich meines Dezernats. Es liegt auf
der Hand, dass wir die Synergien aus der Zusammenlegung des Bildungsdezernats
mit dem Immobilien- und Baudezernat nutzen werden. In den nächsten Jahren
müssen wir 24 neue Schulen gründen und insgesamt 65 Baumaßnahmen im
Schulbereich umsetzen. Bei allen berechtigten Diskussionen um eine
Konsolidierung des Haushalts müssen wir der Pflichtaufgabe zur Versorgung der
Schülerinnen und Schüler nachkommen und hierfür ausreichende Mittel zur
Verfügung stellen.
Es geht jedoch nicht nur um das quantitative Abarbeiten einer Pflichtaufgabe.
Wir verbinden mit jedem Neubau, jedem Ausbau und jeder Sanierung einer Schule
auch den Anspruch einer nachhaltigen Entwicklung, im baulichen wie im
pädagogischen Bereich. Das bedeutet auch, Räume für eine Schule als Lern- und
Lebensort zu schaffen, in der sich alle wohlfühlen, die nachhaltig mit ihren
Ressourcen umgeht und in der eine moderne Pädagogik gelebt werden kann.
Zum Abschluss: Welches
Projekt aus Ihrem Bereich, das vielleicht nicht so sehr im Rampenlicht steht
wie der Schulbau, ist Ihnen persönlich besonders wichtig?
WEBER: Mir ist die Bereitstellung von ausreichenden, sauberen und sicheren,
öffentlichen Toiletten sehr wichtig, weil es für viele Menschen in unserer
Stadt wichtig ist und weil es eine Frage der Daseinsvorsorge ist.