Interview Christina Hintze

Interview Christina Hintze

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„Hier hängt einfach mein Herz dran!“

Christina Hintze leitet seit Oktober das StadtWaldHaus

Für Christina Hintze war es ein Zurückkommen, als sie im Oktober vergangenen Jahres ihre Stelle als Leiterin des Informationszentrums StadtWaldHaus/Fasanerie antrat. Denn die Diplom-Biologin mit dem Schwerpunkt Biodiversität hatte hier vor ihrem Studium ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) absolviert, während der Unizeit dort gearbeitet und nach ihrem Abschluss den damaligen Leiter Rainer Berg für ein Jahr vertreten.

Christina Hintze vor dem StadtWaldHaus, Foto: Bernd Georg
Christina Hintze vor dem StadtWaldHaus © Stadt Frankfurt am Main, Foto: Bernd Georg
Das StadtWaldHaus ist die zentrale Anlaufstelle für Waldpädagogik und Umweltbildung in Frankfurt am Main und gehört zur Abteilung StadtForst im Grünflächenamt. In seiner heutigen Gestalt existiert es seit 1995 und befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Fasanerie nahe der Oberschweinstiege. Auf rund 600 Quadratmetern Ausstellungsfläche, mit drei Erlebnis- und Lehrpfaden sowie Gehegen und Volieren für rund 20 Wildtierarten informiert es über das Ökosystem Wald. Hinzu kommt ein kleiner Teich, wo ein Bullaugenfenster den Blick auf das Leben unter der Wasseroberfläche zulässt. Im Interview spricht die ehemalige Lehrerin über ihren Arbeitsplatz, die Pläne für das StadtWaldHaus und wie sie den Klimawandel erlebt.

Frau Hintze, Leitung des StadtWaldHauses klingt ziemlich abstrakt. Beschreiben Sie uns Ihre Arbeit bitte etwas genauer.

CHRISTINA HINTZE: Meistens arbeite ich von hier aus, etwa an einem Tag in der Woche bin ich im Grünflächenamt. Ich schreibe Mails und nehme an Videokonferenzen teil, wobei das von hier etwas schwieriger ist, da wir im Wald kaum mobiles Internet haben. Von Montag bis Donnerstag betreue ich selber Besuchsgruppen. Dazu betreue ich die Kollegin und den Kollegen, die beide ihr FÖJ bei uns absolvieren und übernehme klassisch Bürodienste.

Inhaltlich bedeutet die Leitungsaufgabe, den Betrieb am Laufen zu halten, die Angebote zu koordinieren, anzupassen und zum Beispiel mit dem Bildungsnetzwerk Kita zu kooperieren. Dabei stehen nicht nur die Kinder im Fokus, sondern auch die Beschäftigten der Einrichtungen. Hauptsächlich sprechen wir die Altersgruppen Kindergarten, Primarstufe und die ersten Jahrgänge der weiterführenden Schulen an.

Wer älter ist, wird bei Ihnen kaum etwas finden?

HINTZE (lacht): Nein, regelmäßig kommen auch bei uns ältere Besucherinnen und Besucher vorbei, die ihren Aufenthalt gerne mit einem Tässchen Kaffee kombinieren. Ich bin zugleich Vorsitzende des Bildungsraumes Grüngürtel, zu dem auch der Stadtwald gehört. Da geht es darum, unser Jahresprogramm so zu koordinieren, dass etwa ein Drittel im Wald geschieht und wir insgesamt möglichst viele Bereiche und Zielgruppen abdecken. Gleichzeitig müssen die Angebote finanziert werden. Hier arbeite ich mit verschiedenen Institutionen zusammen, beispielsweise dem Umwelt- und Stadtschulamt sowie dem Verein Umweltlernen in Frankfurt oder der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Letztere wiederum unterstützt uns auch personell, etwa indem deren Mitglieder am Wochenende vor allem Familien im StadtWaldHaus betreuen. Insgesamt wollen wir mit unseren Angeboten möglichst viele Menschen erreichen, wobei das erste Kennenlernen von Natur und Umwelt in den jungen Jahren geschieht.

Wie sind Sie zum StadtWaldHaus gekommen?

HINTZE: Der Wald hatte mich schon immer fasziniert. Vor meinem Studium in Frankfurt machte ich daher 2003 ein FÖJ im StadtWaldHaus. Der damalige Leiter Rainer Berg weckte meine Begeisterung für die Waldpädagogik. Während des Studiums war ich dann dort immer wieder tätig und vertrat ihn nach meinem Abschluss, als er ein Sabbatjahr machte. Zum Schluss hatte ich fünf Jahre als angestellte Grundschullehrerin gearbeitet und erfahren, dass die Stelle frei wird. Mit der Bewerbung hat es dann geklappt. Wobei ich von der Schule mit mehr als einem weinenden Auge weggegangen bin, da die Arbeit mir sehr viel Spaß machte. Aber es überwog dann doch die Freude, zurückzukehren.

Verraten Sie uns bitte, woran das lag?

HINTZE: Hier hängt einfach mein Herz dran! Schon früher haben mich in der Biologie Bäume fasziniert. Mir macht es einfach unheimlich viel Spaß, den Menschen zu zeigen, wie schön das ist. Ich finde es schön, Kinder dabei zu unterstützen, die Natur zu erfahren. Gerade unter den aktuellen Rahmenbedingungen ist es wichtig, Anstöße und Grundlagen zu vermitteln, um zu begreifen, wie die Zusammenhänge im Ökosystem Wald von Baum, Tier und Mensch sind.

Stichwort „Rahmenbedingungen“: Wie wirkt sich der Klimawandel auf Ihre Arbeit aus?

HINTZE: Ganz konkret wird es etwa am Sonntag, 7. Mai. An unserem „Thementag Insektenvielfalt“ lernen die jungen Besucherinnen und Besucher ganz praktisch die faszinierende Welt dieser Tiere kennen und erfahren, was es für die Pflanzen bedeutet, wenn es immer weniger fliegende Sechsbeiner zur Bestäubung gibt. Andererseits vermehren sich Schädlinge wie der Borkenkäfer und setzen dem Wald immer mehr zu. Hierzu übrigens wird es einen Vortrag von einem unserer Revierförster speziell für Erwachsene geben, wobei wir das Thema selbstverständlich auch kindgerecht aufarbeiten.

Insbesondere merken es die Kolleginnen und Kollegen, die im Wald forstwirtschaftlich arbeiten. Es sind nicht nur die Schäden, die immer mehr werden. Wenn jemand lange ein Waldstück pflegt oder eine neue Baumsorte beim Wachsen zehn Jahre beobachtet, dann hinterlässt das Spuren, wenn das auf einmal weg ist. Zusätzlich bemerken wir im Umgang mit Tierkrankheiten geänderte Rahmenbedingungen.

Insgesamt scheint alles komplexer geworden zu sein. Wie wirkt sich das auf die Arbeit im StadtWaldHaus aus?

HINTZE: Es steht die komplette Überarbeitung der Ausstellung innen und außen an. Sie ist prinzipiell inhaltlich gut, aber man merkt ihr an, dass sie von 1995 ist. Da ist heute einfach mehr möglich, als mit Exponaten und Tafeln zu arbeiten. Es kommt schon vor, dass Kinder sagen: „Das ist aber langweilig.“ Hier wollen wir ansetzen. Denn gerade bewegte Bilder – etwa durch Animationen und Filme – erleichtern es, laden dazu ein, sich mit verschiedenen Zusammenhängen zu beschäftigen, wozu auch der Klimawandel gehört.

Die Exponate laden viel zum Anfassen ein, was gut ist. Unsere Anschauungsobjekte halte ich weiterhin für toll. Aber die Stofffülle ist dichter geworden. Und manches, was wir heute verstehen, ist nicht zu finden. Auch fehlt der geschichtliche Aspekt komplett. Wir werden daher nicht umhinkommen, die Ausstellung neu zu strukturieren und zu entschlacken. Manches ist vielleicht draußen besser aufgehoben. Hinzu kommt, dass ich Erläuterungen nur in deutscher Sprache für eine internationale Stadt wie Frankfurt nicht mehr für zeitgemäß erachte. Auch werden wir unter Gesichtspunkten der Inklusion das Thema „Leichte Sprache“ mitzudenken haben.

Sie beobachten seit 20 Jahren die Besucherinnen und Besucher des StadtWaldHauses. Wie haben sich die Menschen verändert, die zu Ihnen kommen?

HINTZE: Kinder erleben eine andere Kindheit. Konkret heißt das, unter unseren jährlich 20.000 bis 25.000 Besucherinnen und Besuchern sind immer mehr, die noch nie einen Wald erlebt haben. Das liegt auch daran, dass andere Angebote interessant geworden sind. Gerade wenn die Heimatgemeinde – anders als Frankfurt – nicht über einen eigenen Forst verfügt, fällt das noch mehr ins Gewicht. Es kommen ja auch Leute aus dem Umland zu uns. Das zeigt mir wiederum den besonderen Wert unseres Stadtwaldes.

Insgesamt fällt mir auf, dass Kinder schwerer mit Langeweile umgehen oder sich selbst beschäftigen können. Das liegt auch an der aktuellen Angebotsfülle. Hierauf müssen wir auch mit unseren Angeboten inhaltlich und methodisch reagieren.

Verraten Sie uns bitte, was Ihr Lieblingsort im StadtWaldHaus ist.

HINTZE: Erst einmal macht mir meistens mein Arbeitsweg ziemlich viel Spaß, wenn ich mit dem Fahrrad durch den Wald hier hinfahre. Wenn ich da bin, ist es – ganz klar – das Bullaugenfenster, wo sich das Leben im Wasser und dem Wald beobachten lässt.
 

Interview: Ulf Baier
 

Weitere Informationen über das StadtWaldHaus finden sich unter stadtwaldhaus-frankfurt.deExternal Link.

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