„Die Hochhausrevolution frisst ihre eigenen Kinder“
Nicht alles, was Frankfurts Skyline ausmachte, ist noch da
Wer an Frankfurt denkt, denkt unweigerlich an die Skyline. Nicht umsonst trägt die Stadt den Beinamen Mainhattan, mal mit Anerkennung benutzt, mal eher abwertend. Doch wie fing das alles an mit den Hochhäusern und wie kam es dazu? Wer Antworten auf diese Frage sucht, stellt fest, dass es einen Teil der einst markanten Bauten nicht mehr gibt. Zudem wäre zu klären, was ist eigentlich ein Hochhaus?
Eher unscheinbar steht es mit
seinen 31 Metern zwischen den Bankentürmen. Doch nach Fertigstellung ragte es
deutlich über die Gründerzeitvillen hinaus. Offiziell sollte die Angelegenheit
klar sein: 1998 schlug die Stadt das Gebäude für den Hessischen
Denkmalschutzpreis vor und begründete das damit, dass es sich um das „erste
echte Bürohochhaus in Frankfurt“ handele. Dem Stahlskelettbau ist deutlich
anzusehen, dass er im Stil der Neuen Sachlichkeit errichtet wurde: klare gerade
Linien, bei den Materialien dominieren Stahl, Glas und Beton. Es war die Zeit
des Neuen Frankfurt und des Stadtbaurates Ernst May, in der die Römerstadt,
Höhenblick oder „Zickzackhausen“ als Siedlungen im Stil der klassischen Moderne
entstanden.
Das Zürich-Hochhaus markierte den Beginn einer Epoche
Ebenfalls verschwunden ist das Zürich-Hochhaus. Entstanden zwischen 1958 und 1960, war es seinerzeit mit seinen 68 Metern eines der höchsten Bauten seiner Art. Mit ihm zog die „International Style“ genannte Architekturrichtung in die Stadt ein.
In Frankfurt kam die Richtung
„hoch hinaus“ zwischen dem damals mit Gründerzeitvillen flach bebauten Westend
und der Ruine der Alten Oper deutlich zur Geltung. „Das war schon stilbildend
und sehr markant an diesem Ort“, beschreibt Sturm das schlanke, hohe Gebäude an
der Westseite des Opernplatzes. Zugleich war es das erste Bürohochhaus im Westend.
So markierte es den Beginn der Ausdehnung des Bankenviertels, der in den
sechziger sowie siebziger Jahren von harten Auseinandersetzungen und
Wohnraumvernichtung geprägt war. Aber das ist eine andere Geschichte.
Diese historische Bedeutung
veranlasste die Denkmalpfleger, das Gebäude zu schützen. Die
Zürich-Versicherung als Eigentümerin wehrte sich juristisch dagegen und nach
einigem Hin und Her durfte das Gebäude 2002 abgerissen werden. „Die
Hochausrevolution frisst nun ihre eignen Kinder – und das just in dem Moment,
in dem diese erstmals potenziell denkmalwürdig werden“, schrieb der
Kunsthistoriker Markus Dauss. Allerdings dürfte das Verschwinden der technisch
in die Jahre gekommenen „Büroschachtel“, so eine Bezeichnung im Volksmund, auch
so manchen erleichtert haben. Die Beschäftigten der Zürich-Versicherung klagten
immer wieder über hohe Temperaturen in dem Haus. Nach dem Abriss blieb das
Grundstück zunächst unbebaut, bis von 2006 bis 2010 der Opernturm entstand, der
mit seinen 170 Metern die Vorgängerin um stolze 100 Meter überragt.
Generationen von Studierenden
dürfte der AfE-Turm auf dem ehemaligen Universitätsgelände ein Begriff sein.
Mit seinen 116 Metern war das von 1969 bis 1972 errichtete Gebäude kurzzeitig
das höchste Haus der Stadt. Der brutalistische Stahlskelettbau beheimatete bis
2012 Seminarräume, Bibliotheken, Büros und Hörsäle der gesellschaftswissenschaftlichen
Fächer.
Manche Gebäude sind aus der Erinnerung verschwunden
Gemein ist allen abgerissenen
Hochhäusern, dass mit ihnen niemals eine ganze Bauepoche verschwunden ist. Am
Eschenheimer Tor etwa steht die Landwirtschaftliche Rentenbank, nicht weit
davon entfernt steht das ehemalige Bayer-Hochhaus, das ein Hotel nutzt. Ihre
nüchterne, bescheidene Gestaltung weist die Gebäude als typische Vertreter der
50er Jahre aus. Zwar sind wie das – Zürich-Hochhaus – weitere Vertreter
des International Style verschwunden. So machte etwa die ehemalige Zentrale der
Deutschen Bank in der Großen Gallusstraße, von 1968 bis 1971 erbaut, dem gerade
entstehenden Ensemble Four Platz. An die Stelle des 93 Meter hohen Hauses
treten vier Türme zwischen 100 und 233 Metern. Geblieben ist etwa das Gebäude
der BHF-Bank. Sein Architekt Sep Ruf mit seinem nüchternen Stil gilt als einer
der prägenden Baumeister Nachkriegsdeutschlands. Er schuf etwa den
Kanzlerbungalow in Bonn. Der 82 Meter hohe, von 1961 bis 1966 entstandene und
82 Meter hohe schlanke Bau der heutigen Oddo BHF-Bank befindet sich neben dem
Standort des ehemaligen Zürich Hochhauses und steht seit 2000 unter
Denkmalschutz.
Bleibt nur die Frage, welche
Gebäude in naher Zukunft weichen müssen. In der Fachwelt gibt es darüber
durchaus Spekulationen und Gedankenspiele. Offiziell ist jedoch nichts. Denn
„derzeit gibt es keine Erkenntnisse über den Abriss eines Hochhauses“, teilt
Planungsamtsleiter Hunscher mit.