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Was heißt „kolonial“?

26.06.2024, 12:13 Uhr

Der nächste Termin der Veranstaltungsreihe „Frankfurter Schule“ widmet sich dem in jüngster Zeit intensiv geführten Diskurs über Kolonialismus. Ins Gespräch treten der Historiker und Autor Dan Diner und der Jurist und Journalist Miloš Vec.
 
Am Mittwoch, 3. Juli, findet im Freien Deutschen Hochstift die mittlerweile fünfte Veranstaltung der vom Forschungszentrum „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität gemeinsam mit dem Dezernat Kultur und Wissenschaft durchgeführten Reihe „Frankfurter Schule“ statt. Das Podiumsgespräch und die anschließende Diskussion gehen der Frage nach, welche Bedeutung das Attribut „kolonial“ annehmen kann und welche Verwendung es findet.
 
Das Wort vom „Kolonialen“ erlebt eine durchaus widersprüchliche Konjunktur. In jüngster Vergangenheit sind Deutschlands kolonialistisches Erbe und die lange Zeit marginalisierte Stellung des Kolonialismus in der deutschen Erinnerungskultur vermehrt zum Gegenstand öffentlicher Diskussionen geworden. Parallel zu der gestiegenen Aufmerksamkeit für den Kolonialismus als historische Phase und für die weiterhin drängende Frage der Aufarbeitung lässt sich jedoch auch ein regelrecht inflationärer Gebrauch des Wortes beobachten. Unterschiedslos wird es auf Herrschafts- und Ungleichheitsverhältnisse verschiedenster Art angewendet. Damit droht das Attribut „kolonial“ seine ursprüngliche analytische Bedeutung zu verlieren und zu einem allseits einsetzbaren Schlagwort in oft hitzig geführten politischen Debatten zu verkommen.

Die Veranstaltung „Was heißt ‚kolonial‘? Zur Bedeutung einer historischen Qualifizierung“ findet am Mittwoch, 3. Juli, um 19 Uhr im Arkadensaal des Freien Deutschen Hochstift, Großer Hirschgraben 23-25, statt. 
Die Veranstaltung mit dem Historiker und Autor Dan Diner und dem Rechtswissenschaftler und Journalisten Miloš Vec will sich in aufklärerischer Absicht diesem überaus aktuellen Thema widmen. Dabei geht es um Geschichte, Begriff und politische Verwendung von mit dem „Kolonialen“ in Verbindung gebrachten Phänomenen.
 
Der Eintritt kostet drei Euro. Karten können an der Abendkasse erworben werden.
 
Diner ist Professor Emeritus an der Hebräischen Universität zu Jerusalem und ehemaliger Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig. Gegenwärtig leitet er das Jacob Robinson Institute for the History of Individual and Collective Rights in Jerusalem. In seiner Forschung konzeptualisiert er eine moderne jüdische Geschichte und eine von der kolonialen Peripherie her erzählte Geschichte des Zweiten Weltkrieges. Er ist Autor zahlreicher Publikationen zur Geschichte des 20. Jahrhunderts, zur jüdischen Geschichte, zur Geschichte des Mittleren Ostens und zur deutschen Geschichte, insbesondere zu Holocaust und Nationalsozialismus.
 
Vec ist Professor für Europäische Rechts- und Verfassungsgeschichte an der Universität Wien und assoziiertes Mitglied des Forschungszentrums „Normative Ordnungen“. Er habilitierte sich an der Goethe-Universität in Neuerer Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie, Rechtstheorie und Zivilrecht. In seiner Forschung beschäftigt er sich schwerpunktmäßig mit der Geschichte des Völkerrechts, des öffentlichen Rechts sowie der Kriminologie und Kriminalistik. Zudem arbeitet er als freier Journalist, unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung.
 
Rainer Forst, Direktor des Forschungszentrums „Normative Ordnungen“, sagt mit Blick auf den Termin: „Ich freue mich sehr darüber, dass wir unsere Reihe mit dem renommierten Historiker Dan Diner fortsetzen können. Uns geht es darum, die brisanten Themen der Zeit mit Bezug auf die kritische Theorie zu durchdenken, und für das komplexe Thema des Kolonialismus ist Diner goldrichtig.“

Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig betont: „Frankfurt ist die Stadt der kritischen Theorie, die als Ideologiekritik gerade in Zeiten erbittert ausgefochtener Kulturkämpfe unverzichtbar ist. Umso wichtiger ist, dass das ‚Frankfurter Denken‘ nicht in der universitären Echokammer verbleibt, sondern den Weg in die breite Öffentlichkeit findet. Dies gelingt unserer Gesprächsreihe in vorbildhafter Weise, was die große Resonanz beim Publikum belegt.“
 
Die vom Forschungszentrum „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität in Kooperation mit dem Dezernat Kultur und Wissenschaft organisierte Reihe findet in regelmäßigen Abständen in wechselnden Frankfurter Kultureinrichtungen statt. Zu Gast sind Persönlichkeiten, die – geschult am ‚Frankfurter Denken‘ – zu aktuellen Problemlagen kritisch Position beziehen. Die Kooperationspartner der Veranstaltungsreihe sind das Institut für Sozialforschung, hr2-kultur und das Museumsufer Frankfurt.
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