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Stadt Frankfurt verleiht den Theodor-W.-Adorno-Preis 2024 an Seyla Benhabib

06.06.2024, 13:21 Uhr

Seyla_Benhabib - Adorno Preisträgerin 2024,  Foto: Bettina Strauß
Seyla_Benhabib - Adorno Preisträgerin 2024 © Stadt Frankfurt am Main, Foto: Bettina Strauß
Die US-amerikanische Philosophin Seyla Benhabib erhält den Theodor-W.-Adorno-Preis 2024. Dies entschied ein Kuratorium, dem der Oberbürgermeister Mike Josef vorsitzt und das unter Leitung von Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig tagte. Die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung wird alle drei Jahre von der Stadt Frankfurt am Main zum Gedenken an den Philosophen Theodor W. Adorno vergeben und dient der Förderung und Anerkennung hervorragender Leistungen in den Bereichen Philosophie, Musik, Theater und Film.

Das Kuratorium begründet die Entscheidung wie folgt: „Der Theodor-W.-Adorno-Preis wird im Jahr 2024 an die Philosophin und Politikwissenschaftlerin Seyla Benhabib verliehen. Mit ihr ehrt die Stadt Frankfurt am Main eine der international bedeutendsten Denkerinnen in der Tradition der Kritischen Theorie. Im Zentrum des umfangreichen Werkes von Benhabib steht die Herausforderung, wie Gesellschaften die Universalität von Menschenrechten mit legitimen Interessen auf Alterität austarieren können. Das von ihr entwickelte diskursethische Instrumentarium dient dazu, Gegensätze zu überwinden. Im Sinne eines moralischen Universalismus im Anschluss an Kant untersucht Benhabib Fragen zum Spannungsverhältnis von staatlicher Souveränität und Globalisierung. Dabei hält sie in kritisch-emanzipatorischer Absicht am Konzept universaler Menschenrechte und an der Idee des Kosmopolitischen fest. In beiderlei Hinsicht sei es entscheidend, die Conditio humana im Plural zu fassen: Nur praktische Solidarität und gelebte Demokratie ermöglichten es, die Würde aller Menschen zu wahren und zugleich die Bedingungen menschlichen Lebens aufrechtzuerhalten. In einer Welt, deren Spannungen manifest und zunehmend krisenhaft sind, bestechen Benhabibs Analysen durch Klarheit und Kohärenz und ihre politischen Forderungen durch das Festhalten an einem Kosmopolitismus jenseits von Interventionismus und Indifferenz. Ihre Verteidigung universalistischer Theorie postuliert eine kommunikative Ethik, die praktische Philosophie als dialogischen Prozess einer ‚erweiterten Denkungsart‘ begreift.“

Seyla Benhabib wurde 1950 in Istanbul geboren und studierte unter anderem an der Brandeis University und in Yale, wo sie 1977 mit einer Arbeit zu Hegels Rechtsphilosophie promovierte. Sie hatte Assistenzprofessuren in Yale und Boston sowie Professuren in Harvard und an der New School for Social Research in New York inne, bevor sie 2001 als Eugene Meyer Professor of Political Science and Philosophy an der Yale University berufen wurde. Nach ihrer Emeritierung ist sie weiter als Senior Research Scholar an der Columbia Law School tätig. Benhabib wurde mit dem Meister-Eckhart-Preis 2014, dem Dr. Leopold Lucas-Preis 2012 und dem Ernst-Bloch-Preis 2009 ausgezeichnet. Zahlreiche ihrer Werke sind auch in deutscher Übersetzung erschienen, darunter „Selbst im Kontext“ (1995), „Hannah Arendt. Die melancholische Denkerin der Moderne“ (1998), „Die Rechte der Anderen“ (2008), „Kosmopolitismus ohne Illusionen: Menschenrechte in unruhigen Zeiten“ (2016) und „Kosmopolitismus im Wandel. Zwischen Demos, Kosmos und Globus“ (2024).

Theodor W. Adorno wirkte viele Jahre an der Universität Frankfurt und dem Institut für Sozialforschung und war einer der namhaftesten Vertreter der Frankfurter Schule. Seine Schriften, darunter „Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben“, „Negative Dialektik“ und die gemeinsam mit Max Horkheimer im Exil verfasste „Dialektik der Aufklärung“, zählen zu den einflussreichsten philosophischen und kulturtheoretischen Werken des 20. Jahrhunderts.

Dem Kuratorium des Theodor-W.-Adorno-Preises 2024 gehören als Mitglieder qua Amt Oberbürgermeister Josef, Stadtverordnetenvorsteherin Hilime Arslaner, die Vorsitzende des Kultur-, Wissenschaft- und Sportausschusses Julia Eberz, Kulturdezernentin Ina Hartwig, der Direktor des Instituts für Sozialforschung Prof. Stefan Lessenich sowie die geschäftsführende Direktorin des Sigmund-Freud-Institutes Prof. Vera King an. Als freie Mitglieder gemäß Satzung wurden der Soziologe Prof. Steffen Mau, Humboldt-Universität zu Berlin, die Philosophin Prof. Juliane Rebentisch, Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main, die Schriftstellerin Kathrin Röggla und der Journalist Alf Mentzer, Hessischer Rundfunk, ins Kuratorium berufen. Vorherige Preisträgerinnen und Preisträger waren Klaus Theweleit (2021), Margarethe von Trotta (2018), Georges Didi-Huberman (2015) und Judith Butler (2012). Der erste Preisträger war im Jahr 1977 der Soziologe Norbert Elias.
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