Klanginstallation zur Menschenwürde im Plenarsaal
02.05.2024, 16:53 Uhr
Anlässlich
des 75. Jahrestages des Grundgesetzes stellt Stadtverordnetenvorsteherin Hilime
Arslaner zusammen mit der Künstlerin Ute Friederike Jürß ein Kunstprojekt zu
Artikel 1 Absatz 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ vor.
Der erste Artikel des Grundgesetzes ist die Maßgabe an alle folgenden Gesetze,
er steht im Rang über ihnen. Es ist der Satz, der das „Nie Wieder“ beinhaltet,
eine klare Warnung aus der Kenntnis der Verbrechen Nazi-Deutschlands, als die
Würde des Menschen auf mannigfache Weise verletzt wurde und dem Staat nichts
wert war. Eine Veränderung von Artikel 1 Absatz 1 ist nicht möglich.
Am Donnerstag, 2. Mai, ab 15.30 Uhr ist der vertraute Satz von Artikel 1
Abssatz 1 die Grundlage einer künstlerischen Intervention zum 75-jährigen
Bestehen des Grundgesetzes. Von 15.30 Uhr bis zu Beginn der Plenarsitzung um 16
Uhr sind über die Lautsprecher des Plenarsaales und aller angrenzender Räume,
also allen, in denen auch während des Plenums die Parlamentsdebatten übertragen
werden, Fragen zum Begriff der Menschenwürde zu hören, in ruhiger Abfolge von
der Schauspielerin Anke Engelsmann gelesen.
Die Künstlerin Jürß hat diese Fragen in mehr als 100 Einzelgesprächen
gesammelt. Ihre Gesprächspartnerinnen und -partner stammen aus vielen
unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft, darunter Profisportlerinnen und
-sportler, Juristinnen und Juristen, Krankenpflegerinnen und -pfleger sowie Arbeitssuchende,
ein Mitglied des deutschen Ethikrates, Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler,
Politikerinnen und Politiker, Schülerinnen und Schüler, Geflüchtete,
Sozialarbeiterinnen und -arbeiter, Professorinnen und Professoren sowie
Vertreterinnen und Vertreter von Minderheiten.
Mit ihren Gesprächspartnerinnen und -partnern formulierte die Künstlerin Fragen
zur Würde des Menschen, basierend jeweils auf deren privaten und beruflichen
Erfahrungen. So entstand ein akustisches Abbild eines 159-fachen Verständnisses
von Würde in Form von aktuellen Fragen.
- Warum lässt sich Würde so schwer definieren?
- Verliert ein Mensch seine Würde, wenn ihm seine Gleichberechtigung entzogen wird? Widersprechen sich Würde und Gewalt?
- Warum wird bei Facebook & Co. nicht gegen anonyme Fakeprofile vorgegangen, mit denen gegen die Würde anderer gehetzt wird?
- Ist der Umgang mit der Würde eines Menschen abhängig von seiner Identität?
Der Zufall spielt den Zuhörenden die Vielfalt der
Fragen in die Ohren, bis zu dem Moment, in dem eine Frage verfängt, vielleicht,
weil sie an den eigenen Erfahrungen ansetzt, sie ins politische Programm passt
oder auch sehr irritiert.
„Die Fragen stehen im Raum“, beschreibt es Jürß, „sie haben einen Nachhall in
jedem und jeder Einzelnen.“
Zusätzlich zur Klanginstallation werden an der Plenarsitzung am 2. Mai Ausgaben
des Grundgesetzes mit jeweils einer der 159 Fragen im Postkartenformat
gedruckt, auf den Bänken der Stadtverordneten, der Magistratsmitglieder und den
Plätzen der Zuschauerinnen und Zuschauern liegen.
Stadtverordnetenvorsteherin Arslaner zeigte sich beeindruckt von der Klarheit
der Fragen, die viele und ganz unterschiedliche Aspekte der Würde des einzelnen
Menschen aufgriffen: „Die Fragen lassen erkennen, wie verletzlich die
Unantastbarkeit der menschlichen Würde in der Realität ist.“
Dieses Kunstprojekt an einem Ort der politischen Auseinandersetzung, im
Plenarsaal einer demokratisch gewählten Vertretung aller Frankfurter
Bürgerinnen und Bürgern formuliere einen klaren Auftrag, sagte Arslaner, „stetig
daran zu arbeiten, dass die individuelle Würde des/der Einzelnen in unserer
Gesellschaft von uns Politiker:innen geschützt und verteidigt wird“.
Auf Initiative von Oberbürgermeister Mike Josef begleitet Jürß‘ Arbeit auch die
Festveranstaltung der Stadt Frankfurt in der Paulskirche am Sonntag, 5. Mai, zu
75 Jahren Grundgesetz. Die Karten mit den Fragen werden dort auf den Plätzen
ausliegen. Oberbürgermeister Josef sagt: „Der erste Artikel des Grundgesetztes
‚Die Würde des Menschen ist unantastbar‘ ist die Grundlage unserer Demokratie.
Das Kunstwerk regt uns alle an, über diese wichtige und einzigartige Prämisse
nachzudenken. Sie ist eine der wichtigsten Errungenschaften unserer Demokratie.
Ein klares Bekenntnis zu einem unveräußerlichen Menschenrecht.“