Ausstellung im Römer in Erinnerung an den Frankfurter Auschwitz-Prozess
27.01.2025, 15:32 Uhr
![Kultur-und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig beim Rundgang mit Maximilian Steinborn Kultur-und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig beim Rundgang mit Maximilian Steinborn, Foto: Chris Christes](https://frankfurt.de/-/media/frankfurtde/global/aktuelles-meldungen/aktuelles/image/2025/januar/kw-05/ina-hartwig-beim-rundgang-mit-maximilian-steinborn_1000x563.jpg?la=de-debd0d923b7e9846a0839ab3d1d68b13e9&mw=640&mh=640&hash=16FC8B74839401407F904AAC0AE09BA4)
Am Montag, 27. Januar, haben
Stadtverordnetenvorsteherin Hilime Arslaner sowie Kultur- und
Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig die Ausstellung „‚Ich will sprechen über
die Wahrheit, die dort war.‘ Der Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963-1965“ im
Foyer des Plenarsaals der Stadtverordnetenversammlung eröffnet.
Ausstellung über Auschwitz-Prozess im Frankfurter Römer läuft insgesamt
bis 8. Mai
Am 20. Dezember 1963 wurde im Plenarsaal der Stadtverordnetenversammlung der
erste Frankfurter Auschwitz-Prozess eröffnet. Im Jahr 2025 jährt sich nicht nur
die Verkündung des Urteils zum 60. Mal, der 27. Januar ist auch der 80.
Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau. Anlässlich
dieser beiden Jahrestage, die besonders mit der Stadt Frankfurt und ihrem
Rathaus verknüpft sind, wird die Sonderausstellung im Foyer des Plenarsaals in
den nächsten Monaten bis einschließlich Donnerstag, 8. Mai, über den
historischen Prozess informieren.
„Der Auschwitzprozess war eine Erinnerungswende, die in der
bundesrepublikanischen Gesellschaft der 1960er Jahre einen lang verdrängten
Aufarbeitungsprozess in Gang gesetzt hat“, sagte Stadtverordnetenvorsteherin
Arslaner. Begonnen habe der Prozess an einem Ort mit hoher Symbolkraft, im
Plenarsaal der Stadtverordnetenversammlung, „einem Ort der Demokratie, den man
nicht zufällig zum Gerichtssaal über Verbrechen gegen die Menschlichkeit
gemacht hat“. Die Ausstellung nun an diesem Originalschauplatz zu zeigen, sei
sehr wichtig, sagte Arslaner. Der Prozess sei der Anfang eines mühsamen Weges
bis zum 8. Mai 1985 gewesen, als Bundespräsident Richard von Weizsäcker vom
Kriegsende als dem Tag der Befreiung gesprochen habe. Die Erinnerung an die
Aufarbeitung nationalsozialistischer Menschheitsverbrechen zum jetzigen
Zeitpunkt sei bitter notwendig, denn „Populisten schwadronieren vom
‚Fliegenschiss der Geschichte‘, Holocaustleugner meinen, salonfähig zu sein und
neuer oder nie verschwundener Antisemitismus und Rassismus belastet unsere
Gesellschaft in einer Weise, wie wir es noch vor wenigen Jahren so nicht für
möglich gehalten hätten“, sagte Arslaner.
Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Hartwig betonte: „Der Frankfurter
Auschwitz-Prozess war ein Durchbruch in der deutschen Demokratiegeschichte, der
schmerzhaft und gegen Widerstände erkämpft wurde. Erstmals verhandelte ein
deutsches Gericht die Verbrechen des Holocaust und verlieh den in der
Verfassung verbrieften Grundrechten juristische Relevanz. Dies ist in erster
Linie das Verdienst des hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer. Ich bin
sehr froh, dass diese Ausstellung in den kommenden Monaten am historischen
Schauplatz über den Prozess informiert und wünsche ihr viele Besucherinnen und
Besucher, auch über die Stadtverwaltung hinaus. In Zeiten, in denen Forderungen
nach einem ‚Schlussstrich‘ hinsichtlich der von Deutschland ausgehenden
Menschheitsverbrechen und offener Judenhass und Rassismus erneut unsere
Demokratie bedrohen, ist die Erinnerung an dieses Kapitel der deutschen
Geschichte von besonders großer Bedeutung.“
„Die Wahrheit, die dort war“: Den Zeuginnen und Zeugen eine Stimme
geben
Die Kuratorinnen und Kuratoren, bei denen es sich um eine Gruppe Studierender
und Alumnae der Universität Frankfurt handelt, charakterisierten die
Ausstellung folgendermaßen: „Mit unserer Ausstellung wollen wir nicht nur
Geschichtsinteressierten einen Einblick in den Ereigniszusammenhang Frankfurter
Auschwitz-Prozess geben, sondern auch an die Verdienste der Überlebenden
erinnern, die in den Jahren 1963 bis 1965 in dem Verfahren als Zeug:innen
aussagten. Indem sie ihre Geschichte erzählten, gaben sie auch denjenigen, die
in Auschwitz ermordet wurden, wieder eine Stimme. Ihrem Mut ist es zu verdanken,
dass wir heute von der ‚Wahrheit, die dort war‘ wissen. Bis heute hat dieses
Wissen nichts von seiner Relevanz verloren. Im Gegenteil. In Zeiten, in denen
Antisemitismus und Rassismus wieder salonfähig zu werden drohen, gilt mehr denn
je: Nie wieder ist jetzt!“
Auschwitz-Prozess begann 18 Jahre nach Kriegsende 1963
Im Dezember 1963 wurde das Verfahren im Saal der Stadtverordneten im Römer
eröffnet. Erstmals nach 1945 standen 22 ehemalige SS-Männer für ihre
Beteiligung am Mordgeschehen in Auschwitz gesammelt vor einem deutschen
Gericht. Im August 1965, zwei Jahrzehnte nach der Befreiung des Lagers, wurden
die 20 verbliebenen Angeklagten wegen Mordes und/oder Beihilfe zum Mord
schuldig gesprochen.
Ausstellung gibt Überblick über den Prozess und zeigt umfassendes
Material
Die Ausstellung „‚Ich will sprechen über die Wahrheit, die dort war.‘ Der
Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963-1965“ nimmt das Gedenkjahr 2025 zum Anlass,
um einen Überblick über die Geschichte des wichtigsten und größten
NS-Strafprozesses der deutschen Nachkriegszeit zu geben – von den
Vorermittlungen über die Hauptverhandlung bis hin zur Nachgeschichte des
Verfahrens. Ein besonderer inhaltlicher Schwerpunkt liegt dabei auf den
Überlebenden des Lagers, die in den Jahren 1963 bis 1965 in dem Prozess als
Zeuginnen und Zeugen aussagten. Zu ihnen gehörte auch der Auschwitz-Überlebende
Imrich Gönczi. Von ihm stammen die Worte, die der Ausstellung als Titel
voranstehen.
Anhand unterschiedlicher Quellen und Medien – Schriftdokumente, Fotografien,
Film- und Tonmaterial, Zeitzeuginnen- und Zeitzeugen-Interviews – wird
rekonstruiert, wie es zu dem Prozess kam, was die Motive und Ziele seiner
Hauptakteurinnen und -akteure waren und welche juristischen und kulturellen
Folgewirkungen von ihm ausgingen.
Die Ausstellung wurde erstmals 2023/2024 im Studierendenhaus der
Goethe-Universität gezeigt. Kuratiert und organisiert wurde das Projekt von
Studierenden und Alumnae aus dem Umfeld der Universität: Florine Miez, Maximilian Steinborn, Alexander Toumanides, Anne Uhl, Anna
Wolfinger, Gestaltung: Masha Egorova. Die Schau ist auf Initiative der
Stadtverordnetenvorsteherin und der Kultur- und Wissenschaftsdezernentin bis
einschließlich 8. Mai am historischen Schauplatz im Römer erneut zu sehen.
Lesen Sie auch den HintergrundberichtInternal Link zu den Personen, die die Ausstellung kuratiert haben.
Ausstellungsdauer: bis 08.05.2024
Ort:
Römer (Foyer des Plenarsaals), Römerberg 23, 60311 Frankfurt am Main
Führungen
nach Anmeldung an jedem 2. und 4. Sonntag im Monat zwischen 11 und 15 Uhr. Auf
Anfrage sind auch weitere Termine möglich.
Anmeldung
unter: ichwillsprechen.ausstellung@gmail.comInternal Link