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Aus der Praxis für die Praxis: Mit EPAs praktische Kompetenzen in der Ausbildung sicherstellen

26.04.2024, 12:16 Uhr

Eine erfolgreiche Premiere hat am Freitag, 19. April, das Symposium „Vertrauen in ambulante Versorgung und Bevölkerungsmedizin stärken – Ärztlichen Nachwuchs gezielt am Arbeitsplatz mittels EPAs trainieren“ in den Räumlichkeiten des Gesundheitsamtes gefeiert. Organisiert vom Institut für Kommunikations- und Prüfungsforschung (IKP), brachte die Veranstaltung über 40 Expertinnen und Experten aus verschiedenen medizinischen Fachrichtungen zusammen, um die Rolle von Entrustable Professional Activities (EPAs) in der medizinischen Ausbildung zu diskutieren.
 
Ein Morgen in der Praxis eines erfahrenen Kinderarztes: Eine junge Mutter kommt mit ihrer fiebrigen Tochter Marie zur Sprechstunde. Assistenzärztin Lina Messner*, (*Name zum Schutz des Arzt-Patientenverhältnisses geändert) die sich in ihrer Weiterbildung auf Kinder- und Jugendmedizin spezialisiert, nimmt sich der beiden an. Marie hat starken Husten, ihre Mutter ist sehr besorgt. Pneumonie, Bronchiolitis, Bronchitis, Fremdkörperaspiration stehen im Raum. Die junge Assistentin in Weiterbildung sieht Mutter und Kind in einer hausärztlich-pädiatrischen Praxis. Woher wissen die Mutter und der Weiterbildungsbefugte Dr. Folkert Fehr, dass sie Lina Messner diese Aufgabe anvertrauen können? Woran macht Lina Messner selbst es fest, dass sie sich diese Aufgabe getrost zutraut? Dank ihrer Ausbildung mittels Entrustable Professional Activities (EPAs) kann Praxisinhaber Dr. Fehr sicher sein, dass Lina Messner über die nötigen Kompetenzen verfügt, um Maries

Zustand eigenständig zu bewerten. Und die Mutter, obwohl zunächst besorgt, spürt schnell die Professionalität und Sicherheit, die die junge Ärztin ausstrahlt. Dies bestärkt sie in dem Vertrauen, dass ihre Tochter in besten Händen ist. Diese Situation verdeutlicht, wie EPAs auch das Vertrauen der Patienteneltern in die Fähigkeiten junger Mediziner stärken.

Erfolgsgeschichten wie diese vom konkreten Einsatz von EPAs in der ärztlichen Praxis standen im Fokus des aktuellen Symposiums „Vertrauen in ambulante Versorgung und Bevölkerungsmedizin stärken – Ärztlichen Nachwuchs gezielt am Arbeitsplatz mittels EPAs trainieren“. Denn das Symposium beleuchtete die zunehmende Bedeutung von EPAs als Mittel zur gezielten Schulung des medizinischen Nachwuchses.

In EPAs werden klar definierte Kompetenzen und Aufgaben für spezifische, vertrauenswürdige berufliche Tätigkeiten festgelegt. Diese können von Ausbildern gezielt abgefragt und die praktische Verantwortung kann dann an Lernende übertragen werden, sobald sie nachgewiesenermaßen die erforderliche Kompetenzstufe erreicht haben. Damit sind EPAs ein zusätzliches Instrumentarium, mit dem ganz gezielt praktische Kompetenzen und Fähigkeiten bei Berufsanfängern sichergestellt und nachgewiesen werden können.

Prof. Jana Jünger, ärztliche und wissenschaftliche Leiterin des IKPF, zog für die Veranstaltung ein durchweg positives Fazit und erläuterte die Relevanz von EPAs für die Überwindung der Herausforderungen im Gesundheitswesen: „Der Austausch zwischen den Expertinnen und Experten verschiedener Fachrichtungen hat gezeigt, dass wir unterstützt durch EPAs Medizinstudierende und Ärztinnen sowie Ärzte in Weiterbildung mit gutem Gewissen beauftragen können, konkrete Aufgaben wie die Aufnahme neuer Patientinnen und Patienten oder bestimmte Erstuntersuchungen selbstständig zu übernehmen. Davon profitieren alle: Patienten, Aus- und Weiterzubildende und das Gesundheitssystem im Sinne einer sicheren und effektiven Patientenversorgung. Die sehr einfache, digitale Implementierung der EPAs und des Feedbacks an die Aus- und Weiterzubildenden in der ambulanten Versorgung und der Bevölkerungsmedizin direkt am Arbeitsplatz unterstützt die Mobilität von Studierenden und Berufsanfängern. Gleichzeitig können Aus- und Weiterbilder sehen, wo sie besonders unterstützen sollten.“


Transparenz dient der interprofessionellen Beurteilung


Dr. Peter Tinnemann, Leiter des Gesundheitsamts, ergänzte: „Auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ist es immens wichtig, Transparenz in der Ausbildung von Ärztinnen, Ärzten und medizinischem Fachpersonal zu schaffen. EPAs unterstützen uns dabei, detailliert zu wissen, welche Tätigkeiten Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung sowie Fachkräfte in der Ausbildung bereits beherrschen. Durch EPAs lässt sich nachvollziehbar darstellen, wo sie eingesetzt wurden und wo sie bereits Verantwortung übernommen haben.“ Weiter führte Tinnemann aus: „Den Verantwortlichen an ihren Einsatzorten dient diese Transparenz der interprofessionellen Beurteilung. Die Nachwuchskräfte selbst unterstützt sie bei der Karriereplanung. Um den Zugriff zu erleichtern und den Austausch zu vereinfachen, streben wir an, die Kompetenzen des medizinischen Nachwuchses künftig auch digital abzubilden.“


EPAs dienen der Patientensicherheit


Dr. Folkert Fehr von der Deutschen Gesellschaft für Ambulante Allgemeine Pädiatrie betonte die Bedeutung von EPAs speziell für die Patientensicherheit und adressierte die aktuellen Herausforderungen in der Kinder- und Jugendmedizin. So gäbe es aktuell keine verpflichtende Weiterbildung im Bereich der Grundversorgung der Kinder und Jugendmedizin. Die vorhandenen Weiterbildungsangebote seien zudem in ihrer Qualität sehr heterogen. Auch eine Versorgungsforschung fände nur wenig statt.

Diese Herausforderungen würden durch die EPAs handhabbar. Das Beispiel mit Messners Einsatz in der pädiatrischen Praxis illustriere sehr gut, wie EPAs nicht nur das Vertrauen zwischen Ärzten und Patienten fördern, sondern auch jungen Medizinern ermöglichen, Verantwortung in spezialisierten Bereichen der Medizin zu übernehmen.

Fehr sagte: „EPAs können jungen Ärztinnen und Ärzten als Grundlage dienen, die eigenen Fähigkeiten einzuschätzen. Sie machen transparent, wozu frischgebackene Fachärztinnen und -ärzte nach fünf Jahren Weiterbildungszeit in der Lage sein sollen. Sie können zu kompetenzbasierten Prüfungen genutzt werden, um die volle Verantwortung für Teilbereiche schon vor der Facharztprüfung rechtfertigen können. Diese klare Struktur dient viel eher der Patientensicherheit als das heute praktizierter Verfahren, bei dem junge Fachärztinnen und -ärzte plötzlich nach dem Examen allein und ohne Supervision arbeiten müssen.“


Kompetenzorientierte Ausbildung dient der Nachwuchsgewinnung


Dr. Irmgard Streitlein-Böhme, Vorsitzende der Gesellschaft für Hochschullehre in der Allgemeinmedizin (GHA) hob die Rolle von EPAs bei der Gewinnung und Förderung des medizinischen Nachwuchses hervor: „Die Gesellschaft für Hochschullehre in der Allgemeinmedizin (GHA) hat bereits vor mehr als zehn Jahren darauf hingewiesen, dass ein frühzeitiger Kontakt mit dem Fach Allgemeinmedizin im Medizinstudium sowie eine qualitativ hochwertige und kompetenzorientierte Ausbildung die besten Garanten für die Nachwuchsgewinnung in unserem Fach sind. Einen entscheidenden Beitrag zu einer kompetenzorientierten Ausbildung leisten in diesem Zusammenhang die EPAs. Sie ermöglichen es, die für die spätere Tätigkeit in der hausärztlichen Versorgung erforderlichen theoretischen Fachkenntnisse, praktischen Fertigkeiten und professionellen Haltungen schrittweise zu erwerben, miteinander zu verknüpfen und abschließend zu überprüfen. Eine schrittweise Kompetenzsteigerung während der Ausbildung ermöglicht schließlich einen fließenden Übergang in die Weiterbildung.“

Mit dem erfolgreichen Abschluss des Symposiums setzt das IKPF gemeinsam mit seinen Partnern Maßstäbe in der medizinischen Aus- und Weiterbildung. Die Veranstaltung hat nicht nur die Relevanz von EPAs in der modernen medizinischen Bildung hervorgehoben, sondern auch einen produktiven Dialog zwischen den verschiedenen Stakeholdern im Gesundheitswesen gefördert.

Sektorenübergreifende und standortübergreifende Entwicklung von digitalen EPAs durch den Prüfungsverbund Medizin

Durch die Kooperation dreier Fachgesellschaften, Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendmedizin sowie Bevölkerungsmedizin haben sich bei der Frankfurter Symposium Hauptakteure des Gesundheitssystems zusammengeschlossen, um zusammen mit dem IKPF professionsübergreifend zusammenzuarbeiten und im standortübergreifenden Netzwerk von mehr als 30 deutschen Fakultäten den Grundstein für die flächendeckende Verfügbarkeit digitaler EPAs für Studierende und Weiterzubildende zu legen.

Übrigens: Nach ihrer erfolgreichen Erfahrung in der pädiatrischen Praxis und dem positiven Feedback der Eltern, wie im Falle von Maries Mutter, plant Lina Messner sich weiterzuentwickeln. Ihr nächstes Ziel ist es, komplexe Hausbesuche in ihrer Rolle als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin durchzuführen, unterstützt durch fortgeschrittene EPAs.

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