Am Hauptbahnhof 4 muss Wohnraum erhalten werde
02.05.2024, 12:44 Uhr
Am 24. April hat auf
Einladung der Stabsstelle Mieterschutz eine Informationsveranstaltung für die
Mieterinnen und Mieter der Liegenschaft „Am Hauptbahnhof 4“ im Amt für
Wohnungswesen der Stadt Frankfurt stattgefunden, an der eine Mehrheit der
Mieterinnen und Mieter des Hauses teilnahmen.
Anlass waren die Kündigungen, die alle Mieterinnen und Mieter Ende Januar
erhalten hatten. Die Eigentümerin der Immobilie hatte in einem Schreiben
angegeben, das Haus mangels Rentabilität abreißen und an selber Stelle ein
„Boardinghaus“ errichten zu wollen.
Der Bauaufsicht wurde in der Bauberatung ein Neubaukonzept vorgestellt, dies
entsprach jedoch nicht dem dort geltenden Bebauungsplan. Eine Befreiung wurde
angefragt, jedoch nicht in Aussicht gestellt.
„Der Bebauungsplan sieht vor, dass in dem Gebäude mindestens 60 Prozent der
Fläche für Wohnraum genutzt werden muss. Planungsrechtliche Grundlagen dienen
der Transparenz und geben einen klaren rechtlichen Rahmen für potentielle
Entwicklungen. Für uns als Stadt hat dieser Rahmen einen hohen Stellenwert,
dadurch sind die Regeln für alle Beteiligten von Beginn an klar. In diesem Fall
wurde das Gebäude 1955 mit diversen Ein- und wenigen Zweizimmerwohnungen
genehmigt. Der hier bestehende Wohnraum hat für uns eine hohe Bedeutung.
Frankfurts Wohnungsmarkt ist angespannt. Wir werden daher den im Bebauungsplan
festgesetzten Wohnraum sichern. Wir setzen uns dafür ein, dass die Mieter:innen
weiterhin hier wohnen können“, erläutert Marcus Gwechenberger, Dezernent für
Planen und Wohnen, der auch selbst an der Informationsveranstaltung
teilgenommen hat.
„Der gültige Bebauungsplan legt für diesen Bereich ein besonderes Wohngebiet
mit einer flächenanteiligen Wohnnutzung von mindestens 60 Prozent fest. Zudem
wird im B-Plan aufgeführt, dass Ausnahmen nicht zulässig sind. Bisher wurde
weder ein Bauantrag noch eine Bauvoranfrage oder ein Abbruchantrag
eingereicht“, erklärt Simone Zapke, Leiterin der Bauaufsicht, den Sachverhalt
und führt weiter aus: „Das heißt, das sogenannte ‚Boardinghaus‘, wie von der
Eigentümerin geplant, würde an dieser Stelle nicht gestattet werden können.“
Diese Information sowie die Frage der Rechtsgültigkeit der Kündigung sind für
die Mieterinnen und Mieter von hoher Bedeutung. Den etwa 50 betroffenen
Haushalten wurde in der Informationsveranstaltung die Rechtslage erläutert und
Rechtschutzmöglichkeiten aufgezeigt.
„Die Mieter:innen sind zurecht besorgt und haben Angst ihre Wohnung zu
verlieren“, berichtet Kai Schönbach, Leiter der Stabsstelle Mieterschutz, aus
dessen Sicht die Kündigungen rechtlich fragwürdig sind. Nach Angaben des
Juristen handele es sich um sogenannte Verwertungskündigungen. „Der
Kündigungsgrund der wirtschaftlichen Verwertung ist in der Praxis schwierig
durchzusetzen. Häufig erweisen sich Verwertungskündigungen als unwirksam. Die
Mieter:innen müssen aber selbst aktiv dagegen vorgehen. Als Stabstelle
Mieterschutz stellen wir aber alle notwendigen Informationen bereit, um die
Mieter:innen in dieser belastenden Lage so gut wie möglich zu unterstützen. Wir
zeigen Wege auf, wie es weitergehen kann“, erklärt Schönbach.
Unter anderem, wenn Mieterverdrängung droht, ist die Stabsstelle
Mieterschutz eine zentrale Anlaufstelle für Hausgemeinschaften.
Bürgerinnen und Bürger können dieses Angebot kostenlos wahrnehmen. Darüber hinaus
bietet das Amt für Wohnungswesen kostenlose mietrechtliche Beratungen nach
Terminvereinbarung an.
Auf der gut besuchten Informationsveranstaltung konnte die Stabstellte
Mieterschutz vor allem für Sachaufklärung sorgen. Außerdem wurden den Betroffenen
erläutert, wie man sich effektiv gegen die Kündigung zur Wehr setzen kann. Die
Juristinnen und Juristen der Stabstelle besprachen ganz konkret die nächsten
Schritte und gaben den Mieterinnen und Mietern in diesem außergewöhnlichen Fall
fachliche und prozesstaktische Tipps zur Vorbereitung eines eventuellen
Räumungsrechtsstreits.
Gemäß Paragraph 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB stellt es ein berechtigtes Interesse
der Vermieterin oder des Vermieters an der Kündigung des
Wohnraummietverhältnisses dar, wenn die Vermieterin oder der Vermieter durch
die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen
Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden
würde.
Die Stabsstelle Mieterschutz ist zentrale Anlaufstelle für Hausgemeinschaften,
wenn Verdrängung von Mieterinnen und Mietern droht. Zu ihren Aufgaben gehören
die Aufklärung über die rechtliche Situation und Rechtsschutzmöglichkeiten,
Informationen über städtische Hilfsangebote, Mieterschutzvereine und Mieterinitiativen
sowie die Vermittlung bei Konflikten zwischen Mietparteien. Das Team der
Stabsstelle Mieterschutz ist telefonisch unter 069/212-37777Internal Link oder per E-Mail an mieterschutz.amt64@stadt-frankfurt.deInternal Link zu erreichen.
Zusätzlich bietet die Mietrechtliche Beratung im Amt für Wohnungswesen
kostenfrei Auskünfte, Informationen und Beratung zu Fragen des
Wohnraummietrechts für alle, die in Frankfurt am Main wohnen und über ein
monatliches Haushaltseinkommen von höchstens 2150 Euro (Haushaltsvorstand)
zuzüglich 650 Euro netto je weiteren Haushaltsangehörigen verfügen.
Die Mietrechtliche Beratung ist montags, mittwochs und freitags von 8.30 bis 12
Uhr telefonisch unter 069/212-34711Internal Link oder unter 069/212-40046Internal Link (Servicetelefon und
Terminvergabe) oder per E-Mail an mietrechtliche-beratung@stadt-frankfurt.deInternal Link zu
erreichen.
Kontakt zur Stabsstelle
Stabsstelle Mieterschutz, Amt für Wohnungswesen, Stadt Frankfurt am Main,
Adickesallee 67/69, 60322 Frankfurt am Main, Info-Telefon 069/212-37777Internal Link,
E-Mail mieterschutz.amt64@stadt-frankfurt.deInternal Link und im
Internet unter frankfurt-mieterschutz.deExternal Link.