Achtung, hier kommt (d)ein Paket: Forschungsprojekt zur „LastMileTram“ gestartet
06.09.2024, 12:32 Uhr
Die „LastMileTram“ liefert jetzt in Frankfurt aus / Nachhaltigerer Pakettransport per Straßenbahn wird im Forschungsprojekt der Frankfurt UAS in Kooperation mit VGF und Amazon untersucht
Welchen Beitrag kann die
Straßenbahn in einer Großstadt wie Frankfurt am Main im Rahmen einer
nachhaltigeren und lokal CO2-freien Paketzustellung in Kombination mit
E-Fahrzeugen leisten? Das untersucht das Forschungsprojekt „LastMileTram
RheinMain V“ der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) in Kooperation
mit der Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (VGF) und Amazon. Im Zuge eines
zunächst einmonatigen Testlaufs im Realbetrieb befördert die sogenannte
Gütertram, eine ausschließlich zum Pakettransport genutzte Straßenbahn,
Päckchen und Pakete ab Freitag, 6. September, vom Stadtrand in die
Frankfurter Innenstadt. Ziel des Projekts ist es, den Straßenverkehr zu
entlasten sowie Lärm und CO2-Emissionen im Stadtgebiet zu verringern.
Pilotprojekt für
dreistufiges, nachhaltigeres Transportsystem: Lastenrad, Straßenbahn und
elektrischer Transporter
Die Idee, eine Gütertram während des Zustellprozesses auf der „letzten
Meile“, also der last mile, zu nutzen, ist 2018 in der Theorie gestartet.
Der Weg des Forschungsprojekts führte über verschiedene Iterationsstufen,
zuletzt mit Prozess-Simulationen, zum nun angelaufenen Realbetrieb der
LastMileTram. Die Güterstraßenbahn der VGF wird Pakete von Amazon von der
Haltestelle Stadion zu der Haltestelle Zoo und zum Betriebshof
Gutleut befördern.
Der Transportprozess auf der letzten Meile erfolgt dabei ohne den Ausstoß von
CO2-Emissionen: Die Päckchen und Pakete werden von einem Verteilzentrum von
Amazon in Raunheim mit E-Transporter zur Tram-Station in Stadtrandlage
gebracht, in der Innenstadt werden die Sendungen von den Haltestellen
Zoo und auch vom Betriebshof Gutleut mit elektrisch betriebenen
Lastenrädern an die Haustüren der Kundinnen und Kunden geliefert. Gefördert
wird das Projekt mit dem dreistufigen System aus Lastenrad, Straßenbahn und
elektrischem Transporter vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie,
Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum.
„Mit einem Belieferungskonzept wie im Projekt ‚LastMileTram‘ in Frankfurt
können wir die in den vorangegangenen Projektabschnitten gewonnenen
Erkenntnisse und Prozesse endlich im Realbetrieb erproben und optimieren.
Unsere bisherigen Simulationsergebnisse zeigten, dass der dreistufige Prozess
gegenüber der herkömmlichen einstufigen Belieferung ökonomische wie auch
ökologische Vorteile erzielen kann“, erklärt Projektleiter und
Hochschulpräsident Prof. Kai-Oliver Schocke von der Frankfurt UAS. „Wir
erhoffen uns, das Konzept in Zukunft dauerhaft in Frankfurt etablieren zu
können und auch an weiteren Standorten umzusetzen, um so den Straßenverkehr in
Großstädten deutlich zu entlasten.“
Kaweh Mansoori, Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen
und ländlichen Raum, sagte anlässlich des Projektstarts: „Ich freue mich, dass
mit der Gütertram in Frankfurt der Probebetrieb jetzt starten kann. Es ist wichtig,
dass wir alle Optionen prüfen, um eine stadtverträgliche Logistik auf den Weg
zu bringen. Gemeinsam mit den Projektpartnern können wir hier Machbarkeit,
Praxistauglichkeit und Skalierbarkeit der Gütertram im Probebetrieb gut testen
und anschließend evaluieren.“
„Ein funktionierender Verkehr ist für die Wirtschaft essenziell“, sagt
Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert. „Viele Unternehmen haben erkannt, dass
Nachhaltigkeit und Effizienz im Güterverkehr kein Widerspruch sind, sondern
sich – ganz im Gegenteil – gut ergänzen. Paketdienste auf die Schiene zu
verlagern, schafft mehr Raum auf der Straße. Zudem ist der Wirtschaftsverkehr
ein wichtiger Stellhebel, um die Emissionen im Verkehrssektor zu senken. Wir
freuen uns auf die wissenschaftliche Analyse der Frankfurt UAS, um den Nutzen
des Pilotprojektes sachlich und differenziert bewerten zu können.“
„Wir sind Bestandteil eines neuen Konzepts der umweltfreundlicheren
Paketzustellung. Mit dem Einsatz unserer Bahn können Pakete zukünftig lokal
emissionsfrei von den städtischen Randgebieten in die Innenstädte transportiert
werden und damit gehen die VGF und ihre Partner einen innovativen Weg, die
Lebensqualität in Frankfurt zu verbessern“, bestätigt die Geschäftsführung der
VGF.
„Die Dekarbonisierung unseres Logistiknetzwerks spielt eine Schlüsselrolle, um
das Ziel unseres Klima-Versprechens Climate Pledge zu erreichen: bis 2040 in
allen Geschäftsbereichen CO2-neutral zu sein. Wir investieren, experimentieren
und innovieren weiterhin in diesem Bereich und freuen uns über die
Zusammenarbeit mit der VGF und der UAS in der nächsten Phase dieses Projekts“,
sagt Martin Andersen, Country Director MEU AMZL bei Amazon.
Analyse der Faktoren für
eine lokal CO2-freie Paketzustellung
Auch wenn Paketdienstleister vielerorts an nachhaltigeren Zustellkonzepten
arbeiten und etwa die Elektrifizierung ihrer Flotten vorantreiben, erfolgt die
Paketzustellung größtenteils noch immer durch konventionelle Kraftfahrzeuge mit
Verbrennungsmotor. Beim Aufsetzen einer lokal CO2-freien Zustellung sind viele
Faktoren und komplexe Zusammenhänge zu berücksichtigen: Neben den geeigneten
Fahrzeugen bedarf es einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur und zentraler
Mikrodepots, also kleiner Sendungsumschlagplätze, die besonders in
Innenstadtlagen rar und teuer sind. Deshalb sind alternative Lösungsansätze wie
der Pakettransport via Schiene interessant. Im Rahmen des Realversuchs erfolgt
eine ganzheitliche Betrachtung des Betriebs der Gütertram. Dies soll unter
anderem Aufschluss darüber bringen, wie ein derartiges Lieferkonzept im
Vergleich zur konventionellen Belieferung ausfällt, wobei auch Punkte wie
Inflation und CO2-Steuer berücksichtigt werden. Daneben geht es auch um Fragen
zu Mengenspitzen im Sendungsvolumen und deren Auffangen in einem dreistufigen
System sowie zum Verlagern des Transports in Randzeiten. Außerdem prüfen die
Projektpartner, ob sich Sperrgut in der VGF-Straßenbahn transportieren lässt,
und erproben den Einsatz von potenziell geeigneten Ladungsträgern zum Bündeln
der Sendungen. Dabei wird auf ökologische Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit
und die Sicherheit bei der Befestigung der Ladungsträger in der Tram geachtet.
All diese Fragen finden im Anschluss Berücksichtigung in der Ausarbeitung
allgemeingültiger Empfehlungen zum Pakettransport via Straßenbahn.
Über das Forschungsprojekt
LastMileTram
Seit 2018 wurde zunächst im Research Lab for Urban Transport (ReLUT) der
Frankfurt UAS das Konzept der „LastMileTram“ erforscht. In den letzten
Projektabschnitten 2022 und 2023 simulierte die Forschungsgruppe am
Projektstandort Frankfurt den großflächigen Einsatz einer Güterstraßenbahn
für den urbanen Transport von Gütern, um die Auswirkungen des Zustellprozesses
auf das urbane Logistiksystem identifizieren zu können. Mit „LastMileTram V“ wird
der Realbetrieb nun direkt im Projektbereich des Hochschulpräsidiums gemeinsam
mit der VGF und Amazon erprobt. In Summe hat diese Lösung das Potenzial, in
ausgewählten Stadtteiltypen wirtschaftlicher als die herkömmliche Belieferung
zu sein. Auch wurden die rechtlichen Herausforderungen der Güterstraßenbahnen
identifiziert, darunter die Sicherheitsvorschriften. Zusätzlich wurden alle
operativ relevanten Vorbereitungen getroffen, um „LastMileTram“ als
Pilotprojekt in Frankfurt umsetzen zu können.