Eine der erfahrensten Stadtplanerinnen Frankfurts sagt „Ciao“
Beate Huf hat sich ihr gesamtes Berufsleben über mit Stadtplanung beschäftigt – nun geht sie in den Ruhestand

Streitbar, bestimmt, Schrecken der Investoren: Das sind Zuschreibungen, mit denen Beate Huf zeit ihres Berufslebens immer mal wieder konfrontiert wurde – und mit denen sie nicht ohne augenzwinkernden Stolz kokettiert. Doch der Reihe nach: Die 1962 geborene Ginnheimerin ist sich nicht ganz sicher, ob ihre Berufsbiographie zwölf oder vierzehn Stationen umfasst. Da müsste sie noch mal in die Akten schauen. Sicher ist sich die in Kürze in Ruhestand wechselnde Leiterin der Stabsstelle Entwicklung Paulskirche/Haus der Demokratie jedoch in folgender Aussage: „Sozialverträgliche Stadtplanung war immer eine intrinsische Motivation für mich.“
Der Vater Lehrer, die Mutter Biologin, die eigenen Stärken in der Schule waren Deutsch und Naturwissenschaften. Ein Frankfurter Elternhaus mit bürgerlichen Wurzeln und ausgeprägter sozialer Ader mütterlicherseits. Das war die Ausgangslage, als Beate Huf 1981 beschloss, Stadtplanung zu studieren. Raus aus Frankfurt, ab nach Kassel, das günstiger, studentischer und auf sympathische Weise unfertiger war als die schon damals reiche Mainmetropole.
„Neben dem Studium habe ich in einem Planungsbüro gearbeitet und später im Kasseler Brückenhof das gemacht, was heute Quartiersmanagement heißt“, entsinnt sich Huf an ihre ersten Jobs. Zurück nach Frankfurt ging es 1991, weil ihr damaliger Freund und heutiger Ehemann Dieter dort eine Anstellung fand. „Dort habe ich freiberuflich im Stadtplanungsamt am Gesamtverkehrsplan Schiene gearbeitet. Ziel war es, die U-Bahn-Station Eschersheimer Landstraße nutzerfreundlicher zu gestalten“, sagt die Baudirektorin über ihr erstes Projekt in ihrer Heimatstadt. Ihr größter Erfolg aus dieser Zeit: der schnell gebaute Überweg vom Hauptbahnhof über die Straßenbahnhaltestelle zur Kaiserstraße. Das Provisorium hält nun schon über 30 Jahre.
Frankfurt geht das Geld aus, in Offenbach wartet die Arbeit
„Doch dann kam die Haushaltssperre und ich habe stattdessen Referendariat gemacht. Dann bin ich zuerst in ein Planungsbüro nach Hanau und von 1993 bis 1997 zum Stadtplanungsamt nach Offenbach gewechselt.“ Aus 19 Personen habe das Stadtplanungsamt in Offenbach bestanden – vom Dezernenten bis zur Sekretärin. „Das war interessant. Damals war die Stadt komplett im Umbruch, die Industriebauten wurden reihenweise plattgemacht und die S-Bahn kam. Wir haben die komplette Berliner Straße neu gestaltet“, umreißt die leidenschaftliche Stadtplanerin ihr Offenbacher Intermezzo.
Dann sei im Büro von Planungsdezernent Martin Wentz eine Stelle freigeworden. Ihr Büro habe sie sich mit Martin Hunscher geteilt, dem heutigen Leiter des Stadtplanungsamtes. Hufs Aufgabe bestand zunächst in Organisation der Bereitstellung von Wohnbauflächen. Schon um die Jahrtausendwende habe sich abgezeichnet, dass Frankfurt weiter wachse und mehr bezahlbarer Wohnraum nötig sei. Denn: „Wo es Jobs gibt, gibt es auch Bedarf nach Wohnraum“. Gemeinsam mit Martin Wentz ist Beate Huf, inzwischen zweifache Mutter, in Teilzeit ins Baudezernat gewechselt, nachdem die damalige Oberbürgermeisterin Petra Roth die Stadtregierung umgebildet hat. Mit ihrem Mann hat sie sich die Kinderarbeit immer aufgeteilt; beide haben lange Teilzeit gearbeitet.
Stadtplanung geht nicht über Nacht
„Das war eine ideologisch sehr aufgeladene Zeit. Politiker wie Martin Wentz, Volker Hauff und Andreas von Schoeler haben die Stadt in Bereichen wie am Mainufer oder dem Schlachthof in Sachsenhausen auf Generationen geprägt“, sagt Huf über die damalige Frankfurter Planungspolitik. Stadtplanung sei ein mächtiges Instrument, um eine Stadt im Sinne ihrer Einwohnerinnen und Einwohner zu formen. Jedoch brauche es Geduld. Denn die Ergebnisse seien nicht über Nacht ersichtlich. „Ich bin der Meinung, dass dieser Beruf sehr stark mit stadtsoziologischen Fragen zu tun hat“, sagt Huf. Konkret bedeutet dies: Wie wollen Menschen leben und welche ökonomischen Gruppen sollen angesprochen werden? Zur Beantwortung dieser Fragen könne eine Stadt den planerischen Rahmen schaffen. So ist Beate Huf kein Fan von eingestreuten Hochhäusern. Wenn, dann sollten sie in genau festgelegten engen Clustern liegen. „In einem Viertel, in dem solch ein Gebäude singulär entsteht, steigt der Druck auf die Bodenpreise und es wird sich in wenigen Jahren radikal verändern und entsprechend auch Menschen verdrängen“, glaubt die Expertin, die gerne klar und pointiert formuliert. Auch aus diesem Grund trägt sie womöglich gern den Beinamen Schrecken der Investoren.
Comeback auf der Chefetage
„Viele Frauen in der Stadtplanung arbeiten eher in ,heilenden‘ Bereichen wie der Stadterneuerung oder der Landschaftspflege. Ich bin schon eher eine Macherin“, sagt Beate Huf über ihren beruflichen Werdegang. So überrascht es nicht, dass sie 2002 zum Regionalverband Frankfurt/Rhein-Main wechselte und dort maßgeblich an der Erstellung des ersten Regionalen Flächennutzungsplans beteiligt war. 2016 folgte der Wechsel zurück in die Stadt: Wieder ins Planungsdezernat, diesmal als Büroleitung. Statt ins Technische Rathaus zog sie in eines der oberen Stockwerke der Kurt-Schumacher-Straße 10. Ihre Position: Büroleitung des Planungsdezernenten Mike Josef. Der Dezernent ist inzwischen Oberbürgermeister, sein Referent Planungsdezernent. „Für mich war es ein Geschenk, noch einmal zur Stadt zurückzukommen. Das war zwar eine intensive Zeit für alle Beteiligten – aber wir hatten den Mut, Sachen anzugehen und auszuprobieren“, rekapituliert Huf ihre vorletzte Station auf der Karriereleiter.
„Beate Huf war für mich als Planungsdezernent ein Glücksfall. Sie hat mich von Anfang an unterstützt und begleitet. Mit ihr verliert die Stadtverwaltung eine erfahrene und Führungskraft mit großer Expertise. Sie hat unsere Stadt geprägt und wichtige Projekte vorangebracht. Ich bin Beate Huf insbesondere dankbar für die Pionierarbeit, die sie beim Aufbau der Stabsstelle Entwicklung Paulskirche/Haus der Demokratie geleistet hat“, sagt Oberbürgermeister Mike Josef.
Seit eineinhalb Jahren leitet Beate Huf die Stabsstelle, welche ausloten soll, unter welchen Prämissen in direkter Nachbarschaft zur Paulskirche ein Forum für Demokratie entstehen kann. „Die Stabsstelle hat tolle Mitarbeitende, der Ideenwettbewerb Haus der Demokratie läuft an – und ich glaube, meine Nachfolge wird eine schlüssige Personalie“, resümiert die scheidende Stabsstellen-Leiterin. Nun könne sie guten Gewissens in den Ruhestand gehen. Große Pläne hegt Beate Huf nicht. Sicher wird sie mehr reisen als bisher, sich eventuell stärker lokalpolitisch engagieren und auch mehr Zeit für ihr Lieblingsprojekt, den Begegnungsort ChamissoGartenExternal Link haben.
Text: Mirco Overländer